Mit dieser Biografie von Josef Anton Baldermann, einem der vielen Unbekannten, die vom NS-Regime zum Tode verurteilt wurden, leistet Autorin Marianne Enigl einen Beitrag dazu, "dass wir zunehmend Stimmen und Geschichten hören, die vorher an den Rand gedrängt worden sind." (Mary Fullbrook) Es gibt noch sein leinengebundenes, vor der Gestapo verstecktes Tagebuch. Seine Schneebrillen, den Eispickel, Fotos vom Bergsteigen und inmitten der stolzen Sportlerriege des Arbeiter-Athletikklubs. Und vor allem sind da seine Briefe aus der Haft im KZ Groß-Rosen, dann in Berlin-Moabit und aus der Todeszelle in Plötzensee sowie die vielen hilflos verzweifelten Schreiben seiner kleinen Familie. Josef Anton Baldermann war ein Kind des einst berühmten Roten Wien, Sozialdemokrat von Jugend an, widerständig gegen das NS-Regime und besorgter Vater eines Sohnes. Als die Gestapo Mitte 1941 zuschlug, war "Burli" gerade zehn Tage alt. Baldermann ist 1943 mit sechs weiteren Wiener Arbeitern wegen angeblichen Hochverrats in Berlin hingerichtet worden. Sein Sohn hat bis heute bewahrt, was von ihm geblieben ist. Die Objekte und Dokumente erzählen vom Alltag, den Plänen und den Leidenschaften eines Mannes und seiner Angehörigen, bis sie durch das nationalsozialistische Verfolgungsregime an das existentielle Extrem gebracht werden. Denn "es geht immer darum, dass man die Geschichten der Menschen erzählt, nicht nur das schreckliche Ende." (Martin Pollack)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2017Einer von vielen Unbekannten
Am 29. Juli 1941 gerät Josef Anton Baldermann ins Räderwerk des nationalsozialistischen Staatsterrors. Der Metallarbeiter wird unter der Beschuldigung "Betätigung für die Kommunistische Partei" von der Werkbank weg festgenommen. Zunächst in Wien inhaftiert, wird er Anfang 1942 ins schlesische KZ Groß-Rosen gebracht, im Juni nach Berlin-Moabit, am 9. Oktober 1942 vom Volksgerichtshof in Berlin wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zum Tod verurteilt, in den Todesblock in Plötzensee überstellt und am 2. März 1943 dort durch die Guillotine hingerichtet. 1903 im Wiener Proletarierbezirk Brigittenau in drückende Not hineingeboren, war Baldermann ein Kind des Roten Wiens, Sozialdemokrat von klein auf, Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, des Arbeiter-Athleten-Clubs, des Republikanischen Schutzbunds. In den Jahren 1939 und 1940 arbeitete er in einer kleinen kommunistischen Betriebszelle mit, die Flugzettel verbreitete und Geld für Angehörige von Verhafteten sammelte. Er war einer von 1507 kommunistischen Widerständlern, deren die Gestapoleitstelle Wien 1941 habhaft wurde. Marianne Enigl schreibt ihn nun - stellvertretend für die vielen weiterhin ungenannten "kleinen Leute" - mit ihrer Biographie in die Erinnerung an den NS-Widerstand ein. Im Mittelpunkt steht die Korrespondenz aus der neunzehn Monate währenden Haft: couragierte Briefe, in denen er seine verzagte Familie aufmuntert, sich nicht unterkriegen zu lassen, nicht eloquent, aber ungemein beredt und in ihrer Schlichtheit tief berührend.
walt.
Marianne Enigl: "Baldermann". Wien 1903 - Berlin-Plötzensee 1943. Eine Arbeitergeschichte im Roten Wien. Mandelbaum Verlag, Wien 2017. 235 S., Abb., br., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Am 29. Juli 1941 gerät Josef Anton Baldermann ins Räderwerk des nationalsozialistischen Staatsterrors. Der Metallarbeiter wird unter der Beschuldigung "Betätigung für die Kommunistische Partei" von der Werkbank weg festgenommen. Zunächst in Wien inhaftiert, wird er Anfang 1942 ins schlesische KZ Groß-Rosen gebracht, im Juni nach Berlin-Moabit, am 9. Oktober 1942 vom Volksgerichtshof in Berlin wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zum Tod verurteilt, in den Todesblock in Plötzensee überstellt und am 2. März 1943 dort durch die Guillotine hingerichtet. 1903 im Wiener Proletarierbezirk Brigittenau in drückende Not hineingeboren, war Baldermann ein Kind des Roten Wiens, Sozialdemokrat von klein auf, Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, des Arbeiter-Athleten-Clubs, des Republikanischen Schutzbunds. In den Jahren 1939 und 1940 arbeitete er in einer kleinen kommunistischen Betriebszelle mit, die Flugzettel verbreitete und Geld für Angehörige von Verhafteten sammelte. Er war einer von 1507 kommunistischen Widerständlern, deren die Gestapoleitstelle Wien 1941 habhaft wurde. Marianne Enigl schreibt ihn nun - stellvertretend für die vielen weiterhin ungenannten "kleinen Leute" - mit ihrer Biographie in die Erinnerung an den NS-Widerstand ein. Im Mittelpunkt steht die Korrespondenz aus der neunzehn Monate währenden Haft: couragierte Briefe, in denen er seine verzagte Familie aufmuntert, sich nicht unterkriegen zu lassen, nicht eloquent, aber ungemein beredt und in ihrer Schlichtheit tief berührend.
walt.
Marianne Enigl: "Baldermann". Wien 1903 - Berlin-Plötzensee 1943. Eine Arbeitergeschichte im Roten Wien. Mandelbaum Verlag, Wien 2017. 235 S., Abb., br., 19,90 [Euro].
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