Produktdetails
- Verlag: Ch. Links Verlag
- ISBN-13: 9783861532842
- ISBN-10: 3861532840
- Artikelnr.: 23930213
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
BALKAN. Nach der Ermordung des serbischen Ministerpräsidenten Djindjic am 12. März 2003 wurde deutlich, in welchem Maße der serbische Staat in der Hand des Verbrechens war. Mafia, Geheimdienste, Eliteeinheiten der Polizei und große Teile der Justiz erwiesen sich als unterschiedliche Gesichter ein und derselben Sache. Ganz neu war dies nicht - schon seit Anfang der neunziger Jahre hatte sich der Gewaltherrscher Milosevic zur Ausweitung und Sicherung seiner Macht auf Kriminelle gestützt, die während der Kriege in Kroatien und Bosnien-Hercegovina in seinem Dienst grausame Verbrechen an Zivilisten verübten und dafür ihren Geschäften ungestört nachgehen konnten. Im Laufe der Jahre wurden das kriminelle Milieu und die Staatsorgane einander immer ähnlicher, auch Politiker und ihre Angehörigen - so zum Beispiel Slobodan Milosevics Sohn Marko - stiegen in das Geschäft ein. Norbert Mappes-Niediek stellt diese Entwicklung umfassend dar. Das Manuskript ist offenbar kurz vor dem Mord an Djindjic fertiggestellt worden, doch das Buch hat nichts von seinem Wert verloren. Mappes-Niediek beschreibt, wie sich die Liaison von Unterwelt und Staatsmacht im sozialistischen Jugoslawien anbahnte und wie sie während der Balkan-Kriege zum Durchbruch kam. Anders als der reißerisch klingende Titel suggeriert, geht der Autor sein Thema sehr nüchtern an - man glaubt ihm seine Versicherung, er habe in "keinem einzigen Fall einer möglichst dramatischen Darstellung gegenüber meiner Skepsis den Vortritt gelassen". Um so eindringlicher wirkt das Bild, das er zeichnet: Auf dem Balkan ist südlich von Kroatien - in Bosnien-Hercegovina, Serbien, Montenegro, Mazedonien, im Kosovo und in Albanien - ein Gebiet entstanden, in dem die Staatsmacht nur der äußeren Form nach Ähnlichkeiten mit den Staaten im übrigen Europa hat, in Wirklichkeit aber ein Werkzeug von Interessengruppen ist, für die es keine Grenze zwischen legal und illegal gibt. Eine Stärke des Autors ist, daß er wirtschaftliche und politische Zusammenhänge mit Alltagsphänomenen der Balkan-Gesellschaften in Verbindung bringt, die er in elf Jahren als Balkan-Korrespondent für deutsche Zeitungen kennengelernt hat. So entsteht ein sehr plastisches, von Klischees freies Bild des gesellschaftlichen Umfelds, in dem Korruption und Verbrechen im und vermittels des Staatsapparats gedeihen. Man wünscht diesem Buch viele Leser - und eine aktualisierte Neuauflage. (Norbert Mappes-Niediek: Balkan-Mafia. Staaten in der Hand des Verbrechens. Eine Gefahr für Europa. Ch.LinksVerlag, Berlin 2003. 190 Seiten, 14,90 [Euro].)
rve.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Als gruselig empfindet Cathrin Kahlweit die Lektüre dieses Buchs über die Balkan-Mafia, das nach dem Mord am serbischen Premierminister Zoran Djindjic ungeahnte Aktualität erhält. Auch von Djindjic wurde mehrfach behauptet, er habe Geldspenden von Schmuggelbanden angenommen. Das tragische Fazit des Buches jedenfalls lautet, dass die neuen und alten Staaten des Balkans alle von mafiösen Strukturen durchzogen sind. Mit anderen Worten: Mafiabanden haben die politische Konstituierung und die ethnischen Konflikte zum Ausbau der eigenen Machtsstrukturen genutzt. Das Buch wimmelt nur so von Zahlen und Einzelbeispielen für die mafiosen Verstrickungen, berichtet Kahlweit, dass es die Lektüre für den Laien etwas unübersichtlich gestalte. Dass Autor Norbert Mappes-Niedeck die Zahlen häufig nicht belegen kann, hält sie für verständlich: Verbrecherorganisationen lassen sich nun mal ungern in die Karten schauen, meint Kahlweit. Doch wenn nur die Hälfte des angesammelten Materials stimmen würde, wäre dies schlimm genug. Wo westliche Staaten meinten, in ethnischen Konflikten zu vermitteln, arbeiteten sie stattdessen kriminellen Organisationen in die Hände.
© Perlentaucher Medien GmbH
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