Produktdetails
- Verlag: Heel Verlag
- Seitenzahl: 192
- Abmessung: 275mm
- Gewicht: 1020g
- ISBN-13: 9783898800136
- ISBN-10: 389880013X
- Artikelnr.: 09878825
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2002Der Beitrag des Rindviehs zur Luftfahrt
Behämmertes Gold wird dünn und dünner, bis es nur noch ein Hauch seiner selbst ist, nämlich Blattgold. Um dem Hammer die Härte zu nehmen, haben sich die Goldschläger früher ein Abfallprodukt der Schlachtbank zunutze gemacht: die Oberhaut des Rinderblinddarms. Wer weiß heute noch, daß die zähen Lappen auch in der frühen Ballon- und Luftschiffahrt eine im wahren Sinn des Wortes tragende Rolle spielten? Sie wurden siebenfach übereinandergelegt, berichtet Ludwig Dürr, der Konstrukteur der Zeppeline, und als "gasdichtes, wenn auch sehr empfindliches" Hüllenmaterial verwendet. Goldschlägerhäute kamen in großen Mengen aus den Schlachthäusern Amerikas und Rußlands, bevor der Erste Weltkrieg die Lieferungen unterband. Mehr darüber erfährt der Leser aus einem bemerkenswerten Buch von Willi Hallmann.
Der uninspirierte Titel "Ballone und Luftschiffe im Wandel der Zeit" verrät nicht, daß hier ein sachkundiger Autor weit über die wiederkäuende historische Betrachtung der aerostatischen Luftfahrt hinausgeht und unbekannte Blickwinkel eröffnet. "Man stelle sich vor", schreibt Hallmann, "daß für die Hülle eines Luftschiffs mittlerer Größe 700 000 Rinderblinddärme bzw. Oberhäute benötigt wurden. Folglich mußte man sich in Deutschland etwas anderes einfallen lassen. Bereits beim LZ 24 (Marine-Luftschiff von 1913/14) wurden Gaszellen aus feiner Baumwolle mit vier Schichten anderer tierischer Oberhäute kreuz und quer mittels Firniß verklebt."
Den Hüllen, die das kostbare Traggas möglichst lange halten sollen, ist eines von fünfzehn Buchkapiteln gewidmet. Hallmann gelingt eine durchweg anregende und lehrreiche Exkursion durch die Kultur- und Technikgeschichte der Aerostaten. Wie immer haben Leser mit Kenntnissen mehr von der Lektüre. Neulinge laufen Gefahr, in dem reich, ja vielleicht zu reich bebilderten Buch den roten Faden des Textes zu verlieren. Der Autor, Wissenschaftler der Luft- und Raumfahrttechnik, gehörte zum Ingenieurteam des Riesenluftschiffs Cargolifter. Es war keine glückliche Idee, dem mittlerweile gescheiterten Projekt einen prominenten Titelplatz und elf Seiten einzuräumen. Das erweckt den falschen Eindruck, das Buch sei schon überholt.
DIETER VOGT
Ballone und Luftschiffe im Wandel der Zeit. Von Willi Hallmann. Heel Verlag, Königswinter. 192 Seiten, 250 Abbildungen, 29,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Behämmertes Gold wird dünn und dünner, bis es nur noch ein Hauch seiner selbst ist, nämlich Blattgold. Um dem Hammer die Härte zu nehmen, haben sich die Goldschläger früher ein Abfallprodukt der Schlachtbank zunutze gemacht: die Oberhaut des Rinderblinddarms. Wer weiß heute noch, daß die zähen Lappen auch in der frühen Ballon- und Luftschiffahrt eine im wahren Sinn des Wortes tragende Rolle spielten? Sie wurden siebenfach übereinandergelegt, berichtet Ludwig Dürr, der Konstrukteur der Zeppeline, und als "gasdichtes, wenn auch sehr empfindliches" Hüllenmaterial verwendet. Goldschlägerhäute kamen in großen Mengen aus den Schlachthäusern Amerikas und Rußlands, bevor der Erste Weltkrieg die Lieferungen unterband. Mehr darüber erfährt der Leser aus einem bemerkenswerten Buch von Willi Hallmann.
Der uninspirierte Titel "Ballone und Luftschiffe im Wandel der Zeit" verrät nicht, daß hier ein sachkundiger Autor weit über die wiederkäuende historische Betrachtung der aerostatischen Luftfahrt hinausgeht und unbekannte Blickwinkel eröffnet. "Man stelle sich vor", schreibt Hallmann, "daß für die Hülle eines Luftschiffs mittlerer Größe 700 000 Rinderblinddärme bzw. Oberhäute benötigt wurden. Folglich mußte man sich in Deutschland etwas anderes einfallen lassen. Bereits beim LZ 24 (Marine-Luftschiff von 1913/14) wurden Gaszellen aus feiner Baumwolle mit vier Schichten anderer tierischer Oberhäute kreuz und quer mittels Firniß verklebt."
Den Hüllen, die das kostbare Traggas möglichst lange halten sollen, ist eines von fünfzehn Buchkapiteln gewidmet. Hallmann gelingt eine durchweg anregende und lehrreiche Exkursion durch die Kultur- und Technikgeschichte der Aerostaten. Wie immer haben Leser mit Kenntnissen mehr von der Lektüre. Neulinge laufen Gefahr, in dem reich, ja vielleicht zu reich bebilderten Buch den roten Faden des Textes zu verlieren. Der Autor, Wissenschaftler der Luft- und Raumfahrttechnik, gehörte zum Ingenieurteam des Riesenluftschiffs Cargolifter. Es war keine glückliche Idee, dem mittlerweile gescheiterten Projekt einen prominenten Titelplatz und elf Seiten einzuräumen. Das erweckt den falschen Eindruck, das Buch sei schon überholt.
DIETER VOGT
Ballone und Luftschiffe im Wandel der Zeit. Von Willi Hallmann. Heel Verlag, Königswinter. 192 Seiten, 250 Abbildungen, 29,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main