Die vorliegende Publikation will Bamberger Frauen verschiedenster Zeitalter und Sozialschichten vorstellen und ihnen damit ihre Gesichtslosigkeit nehmen. Spannend oder tragisch, manchmal erheiternd, teils erschütternd, führen die Bamberger Frauengeschichten durch die Jahrhunderte einer Stadt, die bislang nur aus Männergeschichten bestand.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.01.2007Trotzig gegen alle Konventionen
Es ist ein guter, wenn nicht gar raffinierter Einfall, das Innenleben einer Stadt durch die Schicksale von Frauen sichtbar zu machen und zu zeigen, wie sie, beginnend im achten Jahrhundert und fortgeschrieben bis in die Gegenwart, in einer von Männern beherrschten Welt ihren Platz in der Gesellschaft erkämpfen mussten - und nur zu oft diesen Kampf verloren. Dass die Autorin Bamberg zum Gegenstand einer überaus spannenden Sozialgeschichte gemacht hat, ist fast naheliegend, denn es gibt nur wenige Orte in Deutschland, in denen so deutlich die Ambivalenz im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht zu erkennen ist. Einerseits werden hier bis heute zwei Frauen so verehrt wie nirgendwo sonst: die Muttergottes, die durch unzählige Bilder und Statuen in den Kirchen wie als Patronatsfigur an vielen Häusern allgegenwärtig ist, und Kunigunde, die viel mehr als ihr Ehemann, Kaiser Heinrich II., im Bewusstsein fortlebt, sichtbar gemacht vor allem durch die herrliche Gestalt (heute eine Kopie) auf der Unteren Brücke, vor der noch immer manche Bambergerin innehält, um die Fürbitte der Heiligen zu erflehen. Andererseits gibt es in dieser Stadt zuhauf tragische Geschichten über Unterdrückung, Missachtung und Ausgrenzung, aber auch heitere über handfeste Typen, die sich trotzig allen Konventionen entgegenstellten. Manchmal muss die Autorin einige Haken schlagen, um beim Thema zu bleiben, aber immer erzählt sie locker und mit einem leicht ironischen Unterton, so dass gar nicht erst der Verdacht aufkommt, hier läge ein kämpferisches Pamphlet vor. Jedem Jahrhundert-Kapitel ist ein Kasten mit historischen Daten und Fakten vorangestellt, um die Verbindung zu den einzelnen Episoden herzustellen. Dadurch entsteht ein Werk, das zu denken gibt, das lehrreich ist und mit Genuss gelesen werden kann. Dass der Autorin allerdings für die Gegenwart keine andere Frauen-Geschichte einfällt als die eigene, ist eine Spur zu viel Koketterie.
tg
"Bamberger Frauengeschichten" von Christine Freise-Wonka. Heinrichs Verlag, Bayerische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 2006. 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, vierzehn Euro. ISBN 3-89889-050-3
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist ein guter, wenn nicht gar raffinierter Einfall, das Innenleben einer Stadt durch die Schicksale von Frauen sichtbar zu machen und zu zeigen, wie sie, beginnend im achten Jahrhundert und fortgeschrieben bis in die Gegenwart, in einer von Männern beherrschten Welt ihren Platz in der Gesellschaft erkämpfen mussten - und nur zu oft diesen Kampf verloren. Dass die Autorin Bamberg zum Gegenstand einer überaus spannenden Sozialgeschichte gemacht hat, ist fast naheliegend, denn es gibt nur wenige Orte in Deutschland, in denen so deutlich die Ambivalenz im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht zu erkennen ist. Einerseits werden hier bis heute zwei Frauen so verehrt wie nirgendwo sonst: die Muttergottes, die durch unzählige Bilder und Statuen in den Kirchen wie als Patronatsfigur an vielen Häusern allgegenwärtig ist, und Kunigunde, die viel mehr als ihr Ehemann, Kaiser Heinrich II., im Bewusstsein fortlebt, sichtbar gemacht vor allem durch die herrliche Gestalt (heute eine Kopie) auf der Unteren Brücke, vor der noch immer manche Bambergerin innehält, um die Fürbitte der Heiligen zu erflehen. Andererseits gibt es in dieser Stadt zuhauf tragische Geschichten über Unterdrückung, Missachtung und Ausgrenzung, aber auch heitere über handfeste Typen, die sich trotzig allen Konventionen entgegenstellten. Manchmal muss die Autorin einige Haken schlagen, um beim Thema zu bleiben, aber immer erzählt sie locker und mit einem leicht ironischen Unterton, so dass gar nicht erst der Verdacht aufkommt, hier läge ein kämpferisches Pamphlet vor. Jedem Jahrhundert-Kapitel ist ein Kasten mit historischen Daten und Fakten vorangestellt, um die Verbindung zu den einzelnen Episoden herzustellen. Dadurch entsteht ein Werk, das zu denken gibt, das lehrreich ist und mit Genuss gelesen werden kann. Dass der Autorin allerdings für die Gegenwart keine andere Frauen-Geschichte einfällt als die eigene, ist eine Spur zu viel Koketterie.
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"Bamberger Frauengeschichten" von Christine Freise-Wonka. Heinrichs Verlag, Bayerische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 2006. 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, vierzehn Euro. ISBN 3-89889-050-3
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