Barfußparks schießen wie Pilze aus dem Boden, mittlerweile gibt es in Deutschland und Österreich über 100 Barfußpfade und -fühlstrecken. Im Kindergarten wird ein Barfußtag von der Krankenkasse veranstaltet und beim Schulausflug balancieren die begeisterten Schüler barfuß über Baumstämme auf dem Barfußweg. Barfußlaufen ist Balsam für die Seele, ist gesund und macht Spaß!Dieses Buch, das nun aktualisiert und erweitert in der zweiten Auflage vorliegt, entführt Barfußneulinge und -fortgeschrittene, Familien mit Kindern und alle Naturverbundenen mit 30 Barfußausflügen in den Münchner Bergen und im Alpenvorland in ein wahres Reich der Sinne. Wir balancieren in den Barfußparks über Baumstämme, Hängebrücken und Wackelbalken, steigen über warme Erd- und Wiesenwege hinauf zu den Almwiesen und erklimmen barfuß auf traumhaften Wegen so manchen Gipfel. Wir waten durch eiskalte Bäche und wandern über Bohlenwege und schwankende Pfade durch Moore. Mit jedem Schritt spüren wir den Boden, fühlen uns eins mit der Natur und stärken dabei die Muskulatur unseres gesamten Bewegungsapparates. Über allem schwebt ein Hauch von Abenteuer und wir genießen die neue Freiheit.Mit der Kategorisierung in drei Schwierigkeitsgrade, detaillierten Wegbeschreibungen und der praktischen Umschlagklappe mit allen 30 Touren im Überblick erlaubt dieses Wanderbuch eine effektive Planung und genussvolle Durchführung jeder Barfußwanderung. In den Wanderkarten ist die Wegbeschaffenheit fürs Barfußgehen farblich differenziert dargestellt, Höhenprofile geben Auskunft über den Streckenverlauf. Die Kurzinfos liefern neben genauen Informationen zu den Anforderungen auch Hinweise zur besten Barfußzeit, zu Einkehrmöglichkeiten und zur Eignung der Tour für Kinder. Die vielen Bilder machen Lust aufs Schuhe ausziehen und Losgehen. Wer einmal seinen Füßen in der Natur die Freiheit geschenkt hat, wird es nie mehr missen wollen. Es besteht akute Suchtgefahr!
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.09.2008Unten ohne
Ein Hammer, der Zeh! Beim Barfußwandern am Kranzberg erschließen sich dem Anfänger ganz neue Gefühlswelten
Der erste Moment ist spannend und hat etwas Intimes. Kurz bevor es losgeht, entledigt sich die Gruppe eines Stücks zivilisatorischer Errungenschaft und gibt den Blick frei auf bare Füße. Ungewollt bleiben die Augen an ihnen haften, denn so oft kommt es nicht vor, dass 30 Menschen in aller Öffentlichkeit ihre Schuhe ausziehen, ohne die Füße im Anschluss gleich wieder in einem Badesee verschwinden zu lassen. So aber hat man Zeit und ertappt sich dabei, wie man nach Hammerzehen Ausschau hält, nach Hühneraugen oder nach ungeschnittenen Zehennägeln. Damit die Sache nicht zu peinlich wird, zwingt man seinen Blick dann aber schnell wieder nach oben. Hier geht es schließlich nicht um Fußpflege, sondern ums Barfußlaufen.
Eduard Soeffkerversucht den letzten Rest Skepsis zu verscheuchen, den er in den Augen einiger Teilnehmer zu erkennen glaubt. Die meisten in der Gruppe sind passionierte Wanderer, teilweise auch geübt in der Kletterwand. Aber nur Soeffker, ein kerniger Enddreißiger, hat veritable Barfuß-Erfahrung. „Letztes Wochenende war ich noch in den Schweizer Alpen und hing in der Senkrechten”, sagt einer. Beim Wandern ohne Schuhe helfen solche Sätze wenig. Denn barfuß, so hat man wenigstens das Gefühl, sind alle gleich.
Alle, außer vielleicht Eduard Soeffker und seine Frau Sigrid, die an diesem Tag zu einer kurzen Schnupper-Tour auf das etwa 1200 Meter hoch gelegene Plateau am Hohen Kranzberg bei Mittenwald eingeladen haben. Seit 15 Jahren begehen die beiden die Welt am liebsten ohne Schuhe. „Der direkte Kontakt des Körpers mit verschiedenen Materialien ist immer wieder ein Erlebnis”, sagt Eduard Soeffker. Zu Beginn sei das noch ein Spaß gewesen. Nur in den Wanderpausen zogen sie die Schuhe aus, um ihre Füße beim Barfußlaufen zu entspannen. Irgendwann haben sie auf die Schuhe ganz verzichtet. Allein in den vergangenen anderthalb Jahren waren sie 250 Stunden in den Alpen unterwegs. Bekannte und neue Pfade haben sie beschritten, und herausgekommen ist dabei der Führer „Barfußwandern – Münchner Berge und Alpenvorland”.
Schon heute gibt es mehr Barfußanhänger, als man meinen möchte. Mehr als 100 Barfußparks sind es mittlerweile in Deutschland und Österreich. Den 1,6 Kilometer langen Rundweg am Hohen Kranzberg haben allein im vergangenen Jahr etwa 9000 Menschen betreten.„Die meisten von ihnen sind begeistert”, sagt Eduard Soeffker. Dieses Entzücken speist sich zum größten Teil aus dem Ungewohnten. In einer Zeit, in der es darum geht, die Füße möglichst modisch zu verpacken, kommt man nicht mehr alle Tage mit der nackten Sohle in Berührung mit Tannenzapfen, nassem Stroh oder matschigen Mooren. „Als Jugendlicher bin ich nie barfuß gelaufen. Das war uncool”, sagt Eduard Soeffker, im Berufsleben Jurist, der mit seinem braunen Teint und der sehnigen Statur aber eher an einen Triathleten erinnert.
Normalerweise gilt es im Leben, Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen. Nicht so beim Barfußwandern. Fast schon unbewusst folgt man dem Drang der Füße, alles spüren zu wollen, was einem in die Quere kommt. Schlammlöcher werden angesteuert, um mit den Zehen im Morast zu wühlen. Oder aber sie krallen sich an die Rinde auf dem Boden liegender Baumstämme. Die Füße wollen plötzlich überall laufen, nur nicht auf den ausgetretenen Pfaden. Keine Frage: Das intensive Gefühl, das mit jedem Schritt die von zahlreichen Nervenbahnen durchzogenen Sohlen befällt, macht süchtig.
Nur die Augen bekommen ungewohnt wenig zu sehen bei so einer Barfußwanderung. Den Blick stets nach unten gerichtet, kann es schon passieren, dass man dabei den einen oder anderen Aussichtspunktverpasst. Man muss schon einen Moment stehenbleiben, um dem haptischen Genuss auch noch einen optischen hinzuzufügen. Dass es sich selbstredend empfiehlt, genau hinzuschauen, wohin man tritt, leuchtet jedem ein. Denn nur allzu schnell steht man sonst mitten in einem Distelfeld, läuft in eine Waldameisen-Straße oder schlimmer noch: verscheucht eine Kreuzotter aus ihrem Versteck. Sigrid Soeffker hat besonders vor Blumenwiesen Respekt. „Die kann ich nicht unbedingt genießen, weil ich permanent nach Bienen Ausschau halten muss”, sagt sie.
Ansonsten sei das Barfußlaufen auch medizinisch zu empfehlen, sagt Claudia Küng, Geschäftsführerin von Health Care Bayern. Einmal ging sie mit einigen Kollegen in den Bayerischen Landtag, um Politikern die Schuhe auszuziehen. Im Foyer des Parlaments errichteten sie einen kleinen Parcour mit verschiedenen Bodenbelägen. Doch die Volksvertreter konnten sich trotz der Aussicht auf eine Massage nicht zur Barfüßigkeit durchringen. Zu intim erschien ihnen wohl der Fuß-Striptease. Schließlich entschieden sie sich – wie so oft in der Politik – für eine halbherzige Variante. Sie liefen die kurze Strecke in Strümpfen. Einen Socken-Wanderführer gibt es aber noch nicht. ELMAR JUNG
Normalerweise geht man Fettnäpfchen aus dem Weg, barfuß sucht man sie
Blumenwiesen kann man nicht unbedingt genießen, der Bienen wegen
Informationen
Bayerische Alpen: Die 1,6 Kilometer
lange, kostenlose Route am Hohen Kranzberg bei Mittenwald beginnt bei der St. Anton-
Hütte, die zu Fuß und mit der Kranzbahn-
Sesselbahn zu erreichen ist,
www.mittenwald.com.
Unterfranken: Drei Kilometer über Waldboden, Stein- und Holzwege führt der Barfußpfad Gramschatzer Wald. Der Preis von 1,50 Euro wird bei Einkehr in der nahegelegenen Gaststätte verrechnet,
www.barfusspfad-24.de
Lüneburger Heide: Der Barfußpark
Egestdorf erstreckt sich über 2,7 Kilometer. Eintritt: 3 Euro (Kinder: 2 Euro),
www.barfusspark-egestorf.de
Literatur: Eduard und Sigrid Soeffker:
Barfußwandern. Münchner Berge und Alpenvorland. Bergverlag Rother, München 2008. 132 Seiten, 12,90 Euro.
Weitere Auskünfte: Übersicht der Barfußwanderpfade: www.barfusspark.info
Barfuß in die Welt: Früher gerne als Öko- und Hippie-Marotte abgetan, findet das Wandern ohne Schuhe immer mehr Anhänger. Schließlich laufen zahlreiche Nervenbahnen an den Fußsohlen entlang, weswegen jeder Untergrund eine andere Stimulanz bedeutet. Foto: Bergverlag Rother
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Ein Hammer, der Zeh! Beim Barfußwandern am Kranzberg erschließen sich dem Anfänger ganz neue Gefühlswelten
Der erste Moment ist spannend und hat etwas Intimes. Kurz bevor es losgeht, entledigt sich die Gruppe eines Stücks zivilisatorischer Errungenschaft und gibt den Blick frei auf bare Füße. Ungewollt bleiben die Augen an ihnen haften, denn so oft kommt es nicht vor, dass 30 Menschen in aller Öffentlichkeit ihre Schuhe ausziehen, ohne die Füße im Anschluss gleich wieder in einem Badesee verschwinden zu lassen. So aber hat man Zeit und ertappt sich dabei, wie man nach Hammerzehen Ausschau hält, nach Hühneraugen oder nach ungeschnittenen Zehennägeln. Damit die Sache nicht zu peinlich wird, zwingt man seinen Blick dann aber schnell wieder nach oben. Hier geht es schließlich nicht um Fußpflege, sondern ums Barfußlaufen.
Eduard Soeffkerversucht den letzten Rest Skepsis zu verscheuchen, den er in den Augen einiger Teilnehmer zu erkennen glaubt. Die meisten in der Gruppe sind passionierte Wanderer, teilweise auch geübt in der Kletterwand. Aber nur Soeffker, ein kerniger Enddreißiger, hat veritable Barfuß-Erfahrung. „Letztes Wochenende war ich noch in den Schweizer Alpen und hing in der Senkrechten”, sagt einer. Beim Wandern ohne Schuhe helfen solche Sätze wenig. Denn barfuß, so hat man wenigstens das Gefühl, sind alle gleich.
Alle, außer vielleicht Eduard Soeffker und seine Frau Sigrid, die an diesem Tag zu einer kurzen Schnupper-Tour auf das etwa 1200 Meter hoch gelegene Plateau am Hohen Kranzberg bei Mittenwald eingeladen haben. Seit 15 Jahren begehen die beiden die Welt am liebsten ohne Schuhe. „Der direkte Kontakt des Körpers mit verschiedenen Materialien ist immer wieder ein Erlebnis”, sagt Eduard Soeffker. Zu Beginn sei das noch ein Spaß gewesen. Nur in den Wanderpausen zogen sie die Schuhe aus, um ihre Füße beim Barfußlaufen zu entspannen. Irgendwann haben sie auf die Schuhe ganz verzichtet. Allein in den vergangenen anderthalb Jahren waren sie 250 Stunden in den Alpen unterwegs. Bekannte und neue Pfade haben sie beschritten, und herausgekommen ist dabei der Führer „Barfußwandern – Münchner Berge und Alpenvorland”.
Schon heute gibt es mehr Barfußanhänger, als man meinen möchte. Mehr als 100 Barfußparks sind es mittlerweile in Deutschland und Österreich. Den 1,6 Kilometer langen Rundweg am Hohen Kranzberg haben allein im vergangenen Jahr etwa 9000 Menschen betreten.„Die meisten von ihnen sind begeistert”, sagt Eduard Soeffker. Dieses Entzücken speist sich zum größten Teil aus dem Ungewohnten. In einer Zeit, in der es darum geht, die Füße möglichst modisch zu verpacken, kommt man nicht mehr alle Tage mit der nackten Sohle in Berührung mit Tannenzapfen, nassem Stroh oder matschigen Mooren. „Als Jugendlicher bin ich nie barfuß gelaufen. Das war uncool”, sagt Eduard Soeffker, im Berufsleben Jurist, der mit seinem braunen Teint und der sehnigen Statur aber eher an einen Triathleten erinnert.
Normalerweise gilt es im Leben, Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen. Nicht so beim Barfußwandern. Fast schon unbewusst folgt man dem Drang der Füße, alles spüren zu wollen, was einem in die Quere kommt. Schlammlöcher werden angesteuert, um mit den Zehen im Morast zu wühlen. Oder aber sie krallen sich an die Rinde auf dem Boden liegender Baumstämme. Die Füße wollen plötzlich überall laufen, nur nicht auf den ausgetretenen Pfaden. Keine Frage: Das intensive Gefühl, das mit jedem Schritt die von zahlreichen Nervenbahnen durchzogenen Sohlen befällt, macht süchtig.
Nur die Augen bekommen ungewohnt wenig zu sehen bei so einer Barfußwanderung. Den Blick stets nach unten gerichtet, kann es schon passieren, dass man dabei den einen oder anderen Aussichtspunktverpasst. Man muss schon einen Moment stehenbleiben, um dem haptischen Genuss auch noch einen optischen hinzuzufügen. Dass es sich selbstredend empfiehlt, genau hinzuschauen, wohin man tritt, leuchtet jedem ein. Denn nur allzu schnell steht man sonst mitten in einem Distelfeld, läuft in eine Waldameisen-Straße oder schlimmer noch: verscheucht eine Kreuzotter aus ihrem Versteck. Sigrid Soeffker hat besonders vor Blumenwiesen Respekt. „Die kann ich nicht unbedingt genießen, weil ich permanent nach Bienen Ausschau halten muss”, sagt sie.
Ansonsten sei das Barfußlaufen auch medizinisch zu empfehlen, sagt Claudia Küng, Geschäftsführerin von Health Care Bayern. Einmal ging sie mit einigen Kollegen in den Bayerischen Landtag, um Politikern die Schuhe auszuziehen. Im Foyer des Parlaments errichteten sie einen kleinen Parcour mit verschiedenen Bodenbelägen. Doch die Volksvertreter konnten sich trotz der Aussicht auf eine Massage nicht zur Barfüßigkeit durchringen. Zu intim erschien ihnen wohl der Fuß-Striptease. Schließlich entschieden sie sich – wie so oft in der Politik – für eine halbherzige Variante. Sie liefen die kurze Strecke in Strümpfen. Einen Socken-Wanderführer gibt es aber noch nicht. ELMAR JUNG
Normalerweise geht man Fettnäpfchen aus dem Weg, barfuß sucht man sie
Blumenwiesen kann man nicht unbedingt genießen, der Bienen wegen
Informationen
Bayerische Alpen: Die 1,6 Kilometer
lange, kostenlose Route am Hohen Kranzberg bei Mittenwald beginnt bei der St. Anton-
Hütte, die zu Fuß und mit der Kranzbahn-
Sesselbahn zu erreichen ist,
www.mittenwald.com.
Unterfranken: Drei Kilometer über Waldboden, Stein- und Holzwege führt der Barfußpfad Gramschatzer Wald. Der Preis von 1,50 Euro wird bei Einkehr in der nahegelegenen Gaststätte verrechnet,
www.barfusspfad-24.de
Lüneburger Heide: Der Barfußpark
Egestdorf erstreckt sich über 2,7 Kilometer. Eintritt: 3 Euro (Kinder: 2 Euro),
www.barfusspark-egestorf.de
Literatur: Eduard und Sigrid Soeffker:
Barfußwandern. Münchner Berge und Alpenvorland. Bergverlag Rother, München 2008. 132 Seiten, 12,90 Euro.
Weitere Auskünfte: Übersicht der Barfußwanderpfade: www.barfusspark.info
Barfuß in die Welt: Früher gerne als Öko- und Hippie-Marotte abgetan, findet das Wandern ohne Schuhe immer mehr Anhänger. Schließlich laufen zahlreiche Nervenbahnen an den Fußsohlen entlang, weswegen jeder Untergrund eine andere Stimulanz bedeutet. Foto: Bergverlag Rother
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