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He loses everything. In front of everyone. Where can he go from here? Barracuda is the huge new sucker punch of a novel from Christos Tsiolkas, author of the phenomenal bestseller The Slap

Produktbeschreibung
He loses everything. In front of everyone. Where can he go from here? Barracuda is the huge new sucker punch of a novel from Christos Tsiolkas, author of the phenomenal bestseller The Slap
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.05.2014

Underdogs in Down Under
Fein beobachtete Sozialstudie und grob gestrickte Coming-of-Age-Geschichte: Christos Tsiolkas’ Schwimmerroman „Barrakuda“
Nackt sind alle gleich. Aber schon in der Schwimmhalle, wenn sie die Badehosen anhaben, offenbaren sich die Unterschiede: „Die anderen bogen sich vor Lachen, drehten sich zu ihm um, schauten auf seine schlabbrige Synthetik-Badehose, gackerten wie ein Rudel Cartoon-Hyänen. Alle trugen glänzende neue Speedos mit dem Markennamen in Gelb quer über ihren Ärschen.“ Daniel, genannt Danny, Kelly heißt der Protagonist von Christos Tsiolkas’ Roman „Barrakuda“, und er hat früh gelernt, wie ungemein bedeutsam die vermeintlich so kleinen Unterschiede sind, die Codes und Labels, die Markennamen und die Gesten der Eingeweihten.
  Die Familie lebt in Melbourne, die Mutter hat griechische, der Vater schottische Wurzeln, eine Arbeiterfamilie; sie ist Friseurin, er Fernfahrer. Doch Danny hat eine Begabung: das Schwimmen. So landet er als Stipendiat auf einer Eliteschule mit spezieller Sportförderung. Physisch ist Danny seinen Mitschülern überlegen, um soziale Anerkennung kämpft er lange Zeit vergeblich. Es sind viele Geschichten, die Christos Tsiolkas („Die Ohrfeige“), ebenfalls als Sohn griechischer Immigranten in Melbourne geboren, auf ineinander verschlungene Weise erzählt: Zum einen ist es die klassische Sportlergeschichte mit sämtlichen Zutaten, Qual und Zweifel, Selbsterniedrigung und Höhenflug, Entbehrung und Glücksmoment.
  Zum anderen ist es die Geschichte eines persönlichen Abstiegs über einen Zeitraum von etwa 18 Jahren, aus verschiedenen Perspektiven und chronologisch ungeordnet erzählt. Während der junge Danny in der Distanz der dritten Person bleibt, fungiert der gealterte Dan der Gegenwart als Ich-Erzähler in der ersten Person. Zwischen diesen beiden Instanzen, dem Er und dem Ich, muss es einen tiefen biografischen Einschnitt gegeben haben, und man ahnt schnell, dass es sich dabei um einen Gewaltakt handeln muss. Nicht zuletzt und vollkommen überflüssigerweise ist „Barrakuda“ auch die Schilderung eines homosexuellen Coming-out, das innerhalb des Romans keinerlei strukturierende Funktion hat, aber der Anlass ist für die Schilderung einiger Kopulationsakte, die sich hart an der Geschmacksgrenze bewegen und manchmal auch darüber hinaus.
  Besonders stark ist Tsiolkas erstaunlicherweise nicht in der Schilderung des Schwimmens. Die rohe Kraft, die ungebremste Körperlichkeit, das Mantra vom Stärksten, Besten, Größten, das oft, allzu oft heruntergebetet wird – all das hat hin und wieder etwas geradezu Schwülstiges. Die Präzision, die Tsiolkas in der Darstellung physischer Vorgänge abgeht, erreicht er dagegen auf der Ebene des Sozialen: Wie in „Barrakuda“ eine Gesellschaft, die für einen Europäer am anderen Ende der Welt als ein Musterbeispiel an Toleranz und Freizügigkeit erscheinen mag, bis in ihre feinsten Verästelungen hinein als ethnisch hierarchisiert beschrieben wird, ist großartig. Jeder Straßenname ist mit gesellschaftlicher Wertigkeit aufgeladen, jede Herkunft hat ihre Bedeutung und wird ihrem Status zugewiesen. Dannys sportlicher Ehrgeiz ist das Resultat von Wut und Hass auf das System. Beides teilt er mit seiner besten Freundin, die wiederum einen türkischen Migrationshintergrund hat. Underdogs in Down Under, auf der Suche nach so etwas wie einem Heimatgefühl.
  Das alles ist psychologisch schlüssig, aber in der demonstrativen sprachlichen Härte auch dick aufgetragen. Dass der ältere, nach seinem sportlichen Scheitern und einem Gefängnisaufenthalt gereifte Dan zu einem Leser der Weltliteratur wird, war nicht unbedingt eine glückliche Entscheidung von Tsiolkas: „Lesen war Schwimmen. Wie früher im Wasser konnte er sich auch im Lesen verlieren: Geist und Körper wurden eins.“ Das ist an sich schon recht banal, wenn allerdings gleich im nächsten Satz der Name des meisterhaften Minimalisten Tschechow fällt, wird umso deutlicher, dass es zu viele Sätze dieser Art gibt. Die qualitative Diskrepanz zwischen dem Blick des Erzählers auf sich selbst und dem fein gestimmten Sensorium für andere und deren Milieus mag eine Schwäche des Romans sein. Oder ein Symptom für Dannys Gefangensein in einem stets unzulänglichen Körper.
CHRISTOPH SCHRÖDER
        
  
  
  
Christos Tsiolkas: Barrakuda. Roman. Aus dem Englischen von Barbara Heller. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2014. 472 Seiten, 22,95 Euro, E-Book 17,99 Euro.
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