Die Colonia Ulpia Traiana, oder wie sie heute heißt, Xanten ist ein besonderer Glücksfall der Archäologie. Fast das gesamte ehemalige Stadtgebiet liegt unter freien Feldern begraben und wurde später niemals überbaut. Damit lässt sich die Stadt wie kaum eine andere nördlich der Alpen in ihrer ganzen
Funktionalität erforschen.
Der Band „Bauen in römischer Zeit“ wirft einen sehr speziellen Blick…mehrDie Colonia Ulpia Traiana, oder wie sie heute heißt, Xanten ist ein besonderer Glücksfall der Archäologie. Fast das gesamte ehemalige Stadtgebiet liegt unter freien Feldern begraben und wurde später niemals überbaut. Damit lässt sich die Stadt wie kaum eine andere nördlich der Alpen in ihrer ganzen Funktionalität erforschen.
Der Band „Bauen in römischer Zeit“ wirft einen sehr speziellen Blick auf die Colonia, nämlich den eines Baumeisters. Oder, um es noch präziser zu formulieren, mit dem Blick der unterschiedlichen Handwerker, die römische Bauten errichteten. Damals waren fast so viele Gewerke unterwegs wie heute und die Techniken waren bemerkenswert ausgereift. Die Methoden der experimentellen Archäologie versuchen, diese alten Fähigkeiten zu rekonstruieren und gerade in diesem Feld ist der Archäologische Park Xanten führend. Schon in den Achtzigerjahren wurden aufwendige Bauten mit alten Techniken neu errichtet, so zum Beispiel die Thermen und später auch römische Handwerkerhäuser.
Dadurch, dass der Stadtplan der Colonia weitgehend bekannt ist, lassen sich auch die Funktionen einzelner Bauten gut zuordnen. Bei Grabungen wurden viele Objekte gefunden, die einen direkten Bezug zum Bauhandwerk haben und wo diese fehlen, lassen sich Analogieschlüsse zu besser erhaltenen Funden und Befunden in anderen Teilen der Welt ziehen. So gelingt es dem Autor, ein überaus anschauliches und detailreiches Bild zu entwerfen, das die großartigen Leistungen der Römer auf dem Gebiet der Architektur und städtischen Infrastruktur zeigt. Die lebendige Sprache, die fast völlig auf Fachvokabular verzichtet, bietet einen leichten Zugang für Leser auf allen Stufen des Vorwissens und die zahlreichen Abbildungen und Rekonstruktionszeichnungen illustrieren die Texte in sinnvoller Weise. Das Buch behandelt jeden Aspekt römischer Bautätigkeit, angefangen bei der Wohnbebauung, über Straßen, Kanäle und Aquädukte bis hin zu den großen Repräsentationsbauten. Besonders gut gefallen hat mir, dass der Autor auch beschreibt, wie man aus minimalen Befunden trotzdem sehr ausführliche Rekonstruktionen ableiten kann. Hierfür werden auch antike Texte, insbesondere von Vitruv zitiert, die zum Beispiel Zusammenhänge von Stockwerkzahl und Fundamentdicke herstellen. Es ist erstaunlich, mit welchen detektivischen Methoden die Archäologie dabei vorgeht.
Das Buch mag als Ausstellungsbegleiter für das Museum im Archäologischen Park Xanten gedacht sein, steht aber auch absolut eigenständig als eines der besten allgemeinwissenschaftlichen Bücher zum Thema „Bauen im Alten Rom“. Sehr anschaulich, verständlich und hervorragend illustriert.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)