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Wir sehen das Gras nicht wachsen, wir trampeln nur darauf herum: Wie die globale Agrarindustrie die traditionelle Landwirtschaft und bäuerliche Strukturen zerstört und dabei die ökologische Krise noch verschärft
In diesem großartig erzählten, zornigen Buch beschreibt der legendäre Reporter Bartholomäus Grill den globalen Siegeszug der Agrarindustrie und die fatalen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Er wuchs als Bauernbub in einer Epoche auf, in der die meisten Höfe noch in natürlichen Kreisläufen wirtschafteten. Später erlebte er den Beginn der »grünen Revolution«, den…mehr

Produktbeschreibung
Wir sehen das Gras nicht wachsen, wir trampeln nur darauf herum: Wie die globale Agrarindustrie die traditionelle Landwirtschaft und bäuerliche Strukturen zerstört und dabei die ökologische Krise noch verschärft

In diesem großartig erzählten, zornigen Buch beschreibt der legendäre Reporter Bartholomäus Grill den globalen Siegeszug der Agrarindustrie und die fatalen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Er wuchs als Bauernbub in einer Epoche auf, in der die meisten Höfe noch in natürlichen Kreisläufen wirtschafteten. Später erlebte er den Beginn der »grünen Revolution«, den Modernisierungsschub der Landwirtschaft, die ein beispielloses Bauernsterben auslöste.

Grill beschreibt eine der destruktivsten Kräfte, die die Menschheit je entfesselt hat: die industrielle Landwirtschaft und die ökonomischen, ökologischen und sozialen Schäden, die sie anrichtet. Im Zentrum steht die Plünderung der begrenzten biologischen Ressourcen und die flächendeckende Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Es geht um den Krieg gegen die Natur - und gegen uns selbst. Dieses Buch ist ein leidenschaftlicher Appell für eine radikale Transformation unseres Landwirtschafts- und Ernährungssystems.
Autorenporträt
Bartholomäus Grill, 1954 in Oberaudorf am Inn geboren, wuchs auf einem Bauernhof auf, den seine Eltern in der Tradition nachhaltiger Kreislaufwirtschaft führten. Er studierte Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte. Vier Jahrzehnte lang hat er als Korrespondent der ZEIT und des SPIEGEL aus Afrika berichtet und immer wieder über den Siegeszug der globalen Landwirtschaft geschrieben. 2006 wurde er für eine Reportage über den Tod seines Bruders mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet. Grill veröffentlichte den Bestseller 'Ach, Afrika' (2003), außerdem 'Um uns die Toten' (2014), 'Wir Herrenmenschen' (2019) und zuletzt 'Afrika!' (2021). Er lebt in Kapstadt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bartholomäus Grill schreibt in seinem Buch gegen die gegenwärtige Agrarpolitik und auch das Selbstverständnis vieler Bauern an, so Rezensent Thomas Hummel. Im Einklang mit vielen Experten aus der Wissenschaft erläutert der Autor laut Hummel, wie seit den 1960er Jahren die traditionelle Landwirtschaft durch Profitmaximierung zerstört wurde und neue Methoden der Feld- und Viehwirtschaft eingeführt wurden, die Boden und Klima zerstören. Die Bauern wiederum dienen sich diesem von der Industrie diktierten Wandel als willige Vollstrecker an, wenn sie mit Traktoren Straßen blockieren und gegen Umweltschutz wettern, stöhnt Grill in Hummels Darstellung. Das Buch profitiert davon, findet er, dass der auf Bauernhöfen aufgewachsene Autor die Landwirtschaft aus eigener Anschauung kennt. Dass die Forderung nach einer radikalen Politikwende, auf die das wütende Buch hinausläuft, allerdings auch auf Hilflosigkeit verweist, weiß Grill freilich selbst, schließt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2024

Welche Wege für die Landwirtschaft?
Bartholomäus Grill wütet gegen den agroindustriellen Komplex, blendet dabei aber einige Facetten aus

Die Landwirtschaft wird gemeinhin als konservativer, nicht sonderlich innovativer Wirtschaftszweig betrachtet. Wie absurd dieses Urteil freilich ist, wird deutlich, wenn man den ökonomischen, sozialen und technologischen Wandel betrachtet, den die Landwirtschaft in den vergangenen sechzig Jahren in Europa erfahren hat - ein Wandel, der in den USA schon zur Zeit des Ersten Weltkriegs seinen Anfang nahm und in vielen Ländern des globalen Südens ausgeblieben ist. Die aktuellen Auseinandersetzungen über Subventionen, angebliche Reformunwilligkeit von Landwirten oder überzogene Verbrauchererwartungen sind an die politischen Instrumente geknüpft, die diesen Wandel vorantreiben und gleichzeitig versuchen, seine negativen Folgen abzufedern.

Landwirtschaft ist aber nicht nur ein Wirtschaftszweig, der mit den Maßstäben der Effizienz beurteilt werden sollte, sondern eine über lange Zeit gewachsene Kulturform. Bartholomäus Grill rechnet in seinem Buch mit einem von ihm angeprangerten Filz aus Politik, Lobbyismus, Agrarkonzernen und Banken ab, die im Namen immer weiterer Produktionssteigerungen die bäuerlichen Lebensweisen und die Umwelt zerstörten. Grills Perspektive bleibt dabei nicht auf Europa beschränkt, sondern er kann - als ehemaliger Korrespondent von "Zeit" und "Spiegel" - auf jahrzehntelange Erfahrungen, in Afrika, Süd- und Nordamerika und Asien zurückgreifen. Überall erkennt er ein ähnliches Muster: die Verdrängung von Kleinbauern und ihrer Lebensweise, die Ausweitung des Anbaus von international gehandeltem Saatgut, insbesondere Mais, das Verschwinden traditioneller und nahrhafter Nutzpflanzen, den Ankauf von Anbauflächen durch Großkonzerne und eine Degradierung der Umwelt.

Grills Buch bietet eine wütende Abrechnung mit dem agroindustriellen Komplex, ohne in nostalgische Schwärmerei für traditionelle Formen der Landwirtschaft zu verfallen. Die Darstellung verdeutlicht eine wichtige Einsicht: Ein zentrales Problem, das Landwirte und Agrarpolitik in den USA und Europa seit Jahrzehnten begleitet, ist nicht Mangel an Nahrungsmitteln, sondern Überproduktion. Massiver Fortschritt bei Produktionsmitteln - Landmaschinen, Pestizide, Düngemittel, Züchtungsfortschritte und billige Kredite - sowie die Erschließung neuer Anbauflächen führten zum Beispiel in den USA während des Ersten Weltkrieges zu enormen Produktionssteigerungen. Doch das Abflauen der Nachfrage und sinkende Preise trieben dann in den Zwanzigerjahren viele Landwirte in den Ruin. Und der berühmte "dust bowl" der Dreißigerjahre war eine der Folgen dieser Produktionssteigerungen, die keinerlei Rücksicht auf die Umwelt nahmen.

Solche sich wiederholenden Krisen konnten den Pestizid-, Dünger-, und Saatgutproduzenten nur wenig anhaben. Diese Industrien wuchsen ungehindert, die Produktivität der Landwirtschaft stieg weiter, doch viele Landwirte konnten davon nicht oder nur wenig profitieren, während die Steuerzahler für die teure Lagerung der Überschüsse aufkommen mussten und die Umwelt und die biologische Vielfalt unwiderruflich Schaden litten.

In einem solch zornigen Buch bleibt aber leider nur wenig Platz für Nuancen. So verurteilt Grill den weitverbreiteten Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Sein Einsatz führt tatsächlich zur Entstehung von Resistenzen bei Unkräutern - aber nur, wenn es in Kombination mit gentechnisch veränderten, glyphosatresistenten Kulturpflanzen eingesetzt wird. Solche Pflanzen werden aber in der EU nicht angebaut, weshalb Resistenzen bei Unkräutern bisher in Europa nur in wenigen Einzelfällen gefunden worden - in Deutschland sind bisher keine glyphosatresistenten Unkräuter bekannt. Grill verschweigt auch einen Vorteil des Glyphosateinsatzes: Das Mittel erlaubt die Aussaat ohne Pflügen und Eggen, und dieser Verzicht auf die Bodenbearbeitung hat positive Auswirkungen auf die Bodenqualität. Ihnen stehen Unsicherheiten über mögliche Wirkungen etwa auf Bestäuber und aquatische Organismen gegenüber, die eine Kosten-Nutzen-Abwägung kompliziert machen. Grill macht es sich auch sehr leicht mit der Verurteilung von Pflanzen, die mit neuen Züchtungsmethoden entwickelt wurden und die für ihn nichts anderes sind als die altbekannten gentechnisch veränderten Pflanzen, deren Entwicklung es Agrarkonzernen erlaube, Kontrolle über Landwirte auszuüben. Auch hier unterschlägt Grill einige Facetten. Diese Technologien werden schon jetzt außerhalb der EU bei zahlreichen Kulturpflanzenarten - und nicht nur bei Arten wie Mais, Soja oder Baumwolle - angewendet. Die Eigenschaften der neu gezüchteten Sorten sollen dabei Abhängigkeiten verringern, zum Beispiel geringeren Pestizid- oder Düngereinsatz ermöglichen. Allerdings wird der Nutzen dieser neuen Technologien von noch nicht vollständig abschätzbaren Entwicklungen im Bereich des Patentrechts beeinflusst werden.

Es ist inzwischen unbestreitbar, dass Widerstandsfähigkeit der Nahrungsmittelversorgung, Vermeidung von und Anpassung an den Klimawandel und der Erhalt der biologischen Vielfalt untrennbar miteinander verbundene Ziele sind. Die Industrialisierung der Landwirtschaft, wie sie bisher verlaufen ist, nämlich weitgehend an der Erhöhung der Produktivität - vor allem von Weizen, Mais, Reis, Soja und Kartoffeln - orientiert, kann diese Ziele nicht gleichzeitig erreichen. Darüber, wie die notwendige Produktivität und Resilienz der Nahrungsproduktion sich mit der Erhaltung bäuerlicher Lebensweise und des ländlichen Raums samt Schutz der biologischen Vielfalt verbinden lässt, herrscht beträchtliche Uneinigkeit.

Auf der einen Seite wird viel Hoffnung auf neue Technologien wie Genom-Editierung und Digitalisierung gesetzt, auf der anderen Seite stehen der biologische Landbau und die agrarökologische Bewegung. Grill glaubt nicht, dass der Ökolandbau die Herausforderungen der Zukunft lösen wird können. Er spricht sich dafür aus, alle Optionen für klimafreundliche und ressourcenschonende Nahrungsmittelproduktion - von "city farming" bis zu "digital farming" - und auf breiter Basis agrarökologische Ansätze zu nutzen. Damit endet das Buch etwas versöhnlicher und optimistischer, als es die zornige Bestandsaufnahme des Autors erwarten lässt. Aber Grill verschweigt nicht, dass die Umsetzung solcher Ideen einen grundlegenden Umbau des globalen Ernährungssystems erfordert, und er weiß, wie schwer das zu erreichen sein wird. THOMAS WEBER

Bartholomäus Grill: "Bauernsterben".

Wie die globale Agrarindustrie unsere Lebensgrundlagen zerstört.

Siedler Verlag, München 2023. 240 S., Abb., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Grills Buch bietet eine wütende Abrechnung mit dem agroindustriellen Komplex, ohne in nostalgische Schwärmerei für traditionelle Formen der Landwirtschaft zu verfallen.« Frankfurter Allgemeine Zeitung