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Das Werk stellt "Bausteine" bereit zu einer Geschichte der von Phänomenologie, Neukantianismus und Lebensphilosophie geprägten deutschsprachigen Philosophie der ersten Jahrhunderthälfte. Die kompakte, personenbezogene Synopsis von rund fünfzig Philosophen jenes Ausschnitts "von Husserl zu Heidegger" enthält nicht nur biographische und bibliographische Ausführungen, eine allgemeine Charakteristik des jeweiligen Denkers und den Abriss eines oder mehrerer seiner Hauptwerke, sondern versucht darüber hinaus, die einzelnen Repräsentanten in die allgemeine Problemdiskussion einzuordnen.

Produktbeschreibung
Das Werk stellt "Bausteine" bereit zu einer Geschichte der von Phänomenologie, Neukantianismus und Lebensphilosophie geprägten deutschsprachigen Philosophie der ersten Jahrhunderthälfte. Die kompakte, personenbezogene Synopsis von rund fünfzig Philosophen jenes Ausschnitts "von Husserl zu Heidegger" enthält nicht nur biographische und bibliographische Ausführungen, eine allgemeine Charakteristik des jeweiligen Denkers und den Abriss eines oder mehrerer seiner Hauptwerke, sondern versucht darüber hinaus, die einzelnen Repräsentanten in die allgemeine Problemdiskussion einzuordnen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.1996

Die Familie der Denker
Mit Kurt Wuchterl durch die Philosophie unseres Jahrhunderts

Nicht der systematische Entwurf, die überraschende und trotzdem einleuchtende Umdeutung bekannter Fragen und Probleme stehen derzeit in der Philosophie im Vordergrund - die Synopse, das Lexikon, die historische Darstellung beherrschen das Feld. Doch sollte man darin nicht bloß einen Mangel, ein Zeichen der Schwäche sehen. Die Neigung zur Retrospektive kann auch ein Innehalten und Atemholen sein, nicht nur Symptom der von Nietzsche so präzise beschriebenen "historischen Krankheit"; eine Pause, in der man sich des Gewesenen versichert, um so erst ein scharfes Bild der eigenen Möglichkeiten und Aufgaben zu gewinnen.

Dafür dürfte in der Philosophie besonders wichtig sein, was in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts geschah; seinerzeit wurden systematische Perspektiven erschlossen, von denen nicht wenige heute noch wirksam sind. Aber es wurden auch Fragen gestellt, Beschreibungen der Welt gefunden und Orientierungsmöglichkeiten vorgeschlagen, an die erst wieder erinnert werden muß. Auch Ansätze, die es durchaus nicht verdient haben, sind für die Gegenwart verblaßt oder verlorengegangen. Daß die Spielarten der Anthropologie bei Helmuth Plessner und Arnold Gehlen, daß die verschiedenen Ausprägungen von Phänomenologie und Kulturphilosophie oder des dialogischen und religionsphilosophischen Denkens der ersten Jahrhunderthälfte so viel unwichtiger wären als die jüngsten Subtilitäten zur formalen Semantik oder zum "mind-body-problem", wird man nur schwer plausibel machen können.

Kurt Wuchterl hat mit seinen "Bausteinen zu einer Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts" ein Buch vorgelegt, das ausführlich die genannten philosophischen Ansätze und andere mehr präsentiert. Es ist ein verdienstvolles, ein kompetentes und sympathisches Buch geworden - sympathisch nicht zuletzt wegen der Offenheit, in der die notwendigen Beschränkungen genannt werden. Eine umfassende Philosophiegeschichte dieses Jahrhunderts kann ja zur Zeit noch gar nicht geschrieben werden - von Autoren wie Heidegger, Cassirer oder Simmel sind noch nicht einmal alle Texte ediert. Wuchterl beschränkt sich auf die deutschsprachige Philosophie, unter Verzicht auf jene Tradition, die mit den Namen Freges und Wittgensteins bezeichnet ist.

Rätselhaft oder Anlaß zum Zweifel kann die Reihenfolge von Wuchterls "Bausteinen" sein: "Von Husserl zu Heidegger" - das ist laut Untertitel die philosophische Entwicklungslinie, die das Buch verfolgen will. Nach dem Kapitel über die Phänomenologie des 1859 geborenen Husserl, dessen erstes Hauptwerk im Jahr 1900 erschien, wird dem Leser freilich ein beträchtlicher Schritt zurück zugemutet: als nächstes geht es um Wilhelm Dilthey, der 1833 geboren wurde und 1870 den ersten Band seiner Schleiermacher-Biographie veröffentlichte. Auch Hermann Cohen, Jahrgang 1842, sogar der 1854 geborene Paul Natorp und andere hätten, nach der zeitlichen Ordnung, vor Husserl gehört. Man darf allerdings Absicht unterstellen: Mit den Namen Husserls und Heideggers sieht Wuchterl "die beiden Pole" markiert, zwischen denen die Philosophie die Spannung von wissenschaftlicher Orientierung und hermeneutischem Zu-verstehen-Geben, zwischen Letztbegründung und der Erfahrung geschichtlichen Eingebundenseins austrägt.

Das Buch ist außerordentlich solide gemacht. Wuchterl schreibt klar und lebendig, er vermeidet die in Philosophiegeschichten nicht selten auftretenden Schwerfälligkeiten, gerät oft geradezu ins Erzählen, und man nimmt als Leser an dem Vergnügen teil, das der Autor offenbar gehabt hat. Neben den bekannten Namen kommen viele vor, die heute kaum noch jemand kennt, dazu auch philosophisch inspirierte Gelehrte wie Max Weber, Rudolf Otto oder Ernst Troeltsch.

Auf eine knappe Zusammenstellung der biographischen Daten folgt in Wuchterls Porträt ein die Person und ihren gedanklichen Stil charakterisierender Abschnitt. Bevor die philosophische Konzeption, orientiert an den Hauptwerken, dargestellt wird, sind die wichtigsten Schriften und Ausgaben sowie einige Titel der Forschungsliteratur genannt; sparsam, aber kompetent sind Positionen der Forschungsliteratur in die Darstellung einbezogen. Eine gut ausgewählte Bibliographie schließt zusammen mit einem Namensregister das Buch ab.

Keine philosophiegeschichtliche Bauruine, sondern ein Arbeits- und Nachschlagewerk, das ein breiteres Interesse verdient hat. Keine mühsam zusammengehaltene Sammlung verschiedener Beiträge, sondern ein durchgehender Text, in einem Duktus geschrieben. Was will man mehr? Mehr Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts. GÜNTER FIGAL

Kurt Wuchterl: "Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts". Von Husserl zu Heidegger: Eine Auswahl. UTB. Verlag Paul Haupt, Bern, Stuttgart, Wien. 1995. 504 S., kt., 58,- DM.

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