Der Bauzeichner, Architekt und Bauforscher Wilhelm Wilberg wurde bekannt durch die zeichnerische Rekonstruktion der Fassade der Celsius-Bibliothek in Ephesos. Erhaltene Briefe und Tagebücher haben seinen Nachfahren Peter Vignau-Wilberg veranlasst, eine Biografie zu verfassen, mit dem Ziel, Wilberg
einen angemessenen Platz in der Archäologiegeschichte zu verschaffen.
Dies wird nur in Ansätzen…mehrDer Bauzeichner, Architekt und Bauforscher Wilhelm Wilberg wurde bekannt durch die zeichnerische Rekonstruktion der Fassade der Celsius-Bibliothek in Ephesos. Erhaltene Briefe und Tagebücher haben seinen Nachfahren Peter Vignau-Wilberg veranlasst, eine Biografie zu verfassen, mit dem Ziel, Wilberg einen angemessenen Platz in der Archäologiegeschichte zu verschaffen.
Dies wird nur in Ansätzen erreicht. Die Biografie erschöpft sich weitgehend darin, Personen vorzustellen, denen Wilhelm Wilberg begegnet ist bzw. für die er gearbeitet hat. Ein Entwurf für eine Wandzeichnung für das Achilleion auf Korfu, den Wilberg für den Architekten der österreichischen Kaiserin schuf, führt beispielsweise zu einem ganzen Kapitel über Kaiserin Sisi, Kaiser Wilhelm (den Wilberg zumindest einmal getroffen hat) und die Nutzungsgeschichte des Achilleions. Nichts davon hat einen direkten Bezug zu Wilberg, füllt aber das sowieso schon sehr schmale Bändchen um weitere 11 Seiten.
Im Gegensatz zu seinen privaten Kontakten, Reisen, Ausflügen und Korrespondenzen bleiben die archäologisch-fachlichen Beiträge Wilbergs seltsam vage und unbestimmt. Die kurze Bibliografie im Anhang zeigt ein sehr übersichtliches Oeuvre; Wilberg war zwar an mehreren Ausgrabungen beteiligt, arbeitete mit berühmten Archäologen (Dörpfeld, Reisch, Schliemann), aber er scheint dort in eher untergeordneten Positionen tätig gewesen zu sein. Seine sichtbarste Position war die des ersten Sekretärs des Österreichischen Archäologischen Instituts, Nebenstelle Athen, die er bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs innehatte. Aber auch hier scheint er eher tüchtiger Verwalter denn Forscher gewesen zu sein. Nach dem Ersten Weltkrieg verliert der aus großbürgerlichem Hause stammende Wilberg durch eine Fehlinvestition seiner Frau sein gesamtes Vermögen und verbringt die Jahre bis zu seinem Tod 1956 ohne Anstellung und in finanzieller Not, ohne je wieder in nennenswertem Umfang wissenschaftlich tätig zu werden.
Die Biografie versucht die relative Bedeutungslosigkeit Wilbergs, der außer der Rekonstruktion der Celisus-Fassade keine signifikanten Spuren hinterließ, durch manchmal etwas ausufernde Beschreibungen von Begleitpersonen und deren Privatgeschichte, gesellschaftliche Kontakte und private Korrespondenzen zu füllen. Im Rahmen einer internen Familiengeschichte über einen lieben Vorfahren ist das ein gerechtfertigtes Vorgehen, der Klappentext des Buches vermittelt allerdings den Eindruck, hier würde eine historisch-wissenschaftliche Aufarbeitung eines bedeutenden wissenschaftlichen Konvoluts geleistet. Zumindest diese Biografie lässt davon jedoch nichts erkennen.