Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2005Bayern und Sachsen
Ein Anstoß zur Nord-Süd-Debatte
Prinz Albrecht Herzog zu Sachsen/Walter Beck: Bayern und Sachsen. Gemeinsame Geschichte, Kunst, Kultur und Wirtschaft. Universitas Verlag, München 2004, 416 Seiten, 68 Euro.
Die innerdeutsche Ost-West-Debatte verdeckt den Blick auf die gewachsenen Nord-Süd-Beziehungen zwischen Bayern und Sachsen. Dieses Buch des Herzogs zu Sachsen und des Rechtsanwalts Walter Beck öffnet den Blick auf die vielfältigen Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern. Die umfassende Betrachtung beschränkt sich nicht nur auf zwei Herrscherdynastien, die Wettiner und die Wittelsbacher, die vieles gemeinsam hatten - vor allem in ihrer Außenpolitik. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht bietet die Geschichte Schnittpunkte. So pflegten die Kaufleute im lange reichsunmittelbaren Nürnberg und in der Messe- und Marktstadt Leipzig über Jahrhunderte hinweg enge Beziehungen. Schließlich lag Leipzig am Schnittpunkt der "Via Regia", die von Frankfurt über Leipzig nach Polen und Rußland führte, und der "Via Imperia", die Nürnberg über Leipzig mit Magdeburg und den Hansestädten verband. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich viele sächsische Unternehmen in Bayern an. Nach dem Ende der Teilung versuchten viele Städte und Unternehmen an die alte Beziehung anzuknüpfen - doch es bleibt der Eindruck, daß gerade dies nicht recht gelungen ist. Die Autoren haben zwar mit viel Hingabe Beispiele gesammelt. Doch fragt man sich: Was ist das Singuläre an gerade dieser Beziehung? Insofern kann das Werk nur als erste Bestandsaufnahme verstanden werden. Es könnte ihm das Motto vorangestellt sein: "Die innerdeutschen Beziehungen sind reicher und vielschichtiger, als die öffentliche Debatte um Solidaritätszuschläge und Transferleistungen vermuten läßt". Das mag ein notwendiger erster Schritt sein in diesem Prozeß des Zusammenwachsens.
CHRISTIAN VON HILLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Anstoß zur Nord-Süd-Debatte
Prinz Albrecht Herzog zu Sachsen/Walter Beck: Bayern und Sachsen. Gemeinsame Geschichte, Kunst, Kultur und Wirtschaft. Universitas Verlag, München 2004, 416 Seiten, 68 Euro.
Die innerdeutsche Ost-West-Debatte verdeckt den Blick auf die gewachsenen Nord-Süd-Beziehungen zwischen Bayern und Sachsen. Dieses Buch des Herzogs zu Sachsen und des Rechtsanwalts Walter Beck öffnet den Blick auf die vielfältigen Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern. Die umfassende Betrachtung beschränkt sich nicht nur auf zwei Herrscherdynastien, die Wettiner und die Wittelsbacher, die vieles gemeinsam hatten - vor allem in ihrer Außenpolitik. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht bietet die Geschichte Schnittpunkte. So pflegten die Kaufleute im lange reichsunmittelbaren Nürnberg und in der Messe- und Marktstadt Leipzig über Jahrhunderte hinweg enge Beziehungen. Schließlich lag Leipzig am Schnittpunkt der "Via Regia", die von Frankfurt über Leipzig nach Polen und Rußland führte, und der "Via Imperia", die Nürnberg über Leipzig mit Magdeburg und den Hansestädten verband. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich viele sächsische Unternehmen in Bayern an. Nach dem Ende der Teilung versuchten viele Städte und Unternehmen an die alte Beziehung anzuknüpfen - doch es bleibt der Eindruck, daß gerade dies nicht recht gelungen ist. Die Autoren haben zwar mit viel Hingabe Beispiele gesammelt. Doch fragt man sich: Was ist das Singuläre an gerade dieser Beziehung? Insofern kann das Werk nur als erste Bestandsaufnahme verstanden werden. Es könnte ihm das Motto vorangestellt sein: "Die innerdeutschen Beziehungen sind reicher und vielschichtiger, als die öffentliche Debatte um Solidaritätszuschläge und Transferleistungen vermuten läßt". Das mag ein notwendiger erster Schritt sein in diesem Prozeß des Zusammenwachsens.
CHRISTIAN VON HILLER
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