Die berühmteste Ohrfeige in der deutschen Zeitgeschichte
Es ist der 7. November 1968. Eine Frau ohrfeigt in aller Öffentlichkeit den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und bezeichnet ihn als "Nazi". Diese Frau ist Beate Klarsfeld und diese Ohrfeige steht für ihr jahrzehntelanges Engagement im Kampf gegen alte und neue Nazis. Zusammen mit ihrem Mann Serge hat sie sich der Jagd nach Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Kontinente hinweg aufspürt. Diese Graphic Novel erzählt nicht nur die Geschichte der Ohrfeige, sondern auch die von Beate und Serge Klarsfeld und ihrer Jagd nach Gerechtigkeit. Sie ist eine mutige Frau, die vor Gefahren für sich selbst nicht zurückschreckte und die unbeirrt ihren Weg fortgesetzt hat. Gegen staatliche und persönliche Widerstände ankämpfend, hat sie nie akzeptiert, dass manche NS-Kriegsverbrecher einfach so davonkommen sollten. Ihr größter Erfolg war der Prozess gegen Klaus Barbie, den "Schlächter von Lyon".
Plädoyer gegen Rechts
In Zeiten zunehmender rechtspopulistischer Strömungen unterstreicht "Die Nazijäger" die Bedeutung wachsamer Erinnerungskultur. Beate und Serge Klarsfelds lebenslanger Einsatz für Gerechtigkeit ist ein mahnendes Beispiel dafür, dass das Dunkel der Vergangenheit nicht ungesühnt bleiben darf. Ihre Geschichte ruft dazu auf, wachsam zu bleiben und für eine gerechte Welt einzustehen.
Eindrucksvoller biografischer Einblick: Die Graphic Novel porträtiert das Leben und Wirken eines außergewöhnlichen Ehepaars im Kampf gegen die NS-Kriegsverbrechen. Visuelle Erzählkunst trifft auf historische Bedeutung: Die Kombination aus grafischer Darstellung und historischem Kontext machen diese Graphic Novel zu einem wichtigen und unvergesslichen Leseerlebnis. Aktuelle Relevanz: Angesichts zunehmender rechtspopulistischer Tendenzen zeigt das Werk eindrucksvoll, wie individuelles Engagement und unbeugsame Entschlossenheit die Welt verändern können.
"Die Nazijäger" ist ein zeitloses Manifest des Mutes, der Erinnerung und der unablässigen Suche nach Gerechtigkeit - eine dringliche Leseempfehlung für Jugendliche und Erwachsene.
Es ist der 7. November 1968. Eine Frau ohrfeigt in aller Öffentlichkeit den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und bezeichnet ihn als "Nazi". Diese Frau ist Beate Klarsfeld und diese Ohrfeige steht für ihr jahrzehntelanges Engagement im Kampf gegen alte und neue Nazis. Zusammen mit ihrem Mann Serge hat sie sich der Jagd nach Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Kontinente hinweg aufspürt. Diese Graphic Novel erzählt nicht nur die Geschichte der Ohrfeige, sondern auch die von Beate und Serge Klarsfeld und ihrer Jagd nach Gerechtigkeit. Sie ist eine mutige Frau, die vor Gefahren für sich selbst nicht zurückschreckte und die unbeirrt ihren Weg fortgesetzt hat. Gegen staatliche und persönliche Widerstände ankämpfend, hat sie nie akzeptiert, dass manche NS-Kriegsverbrecher einfach so davonkommen sollten. Ihr größter Erfolg war der Prozess gegen Klaus Barbie, den "Schlächter von Lyon".
Plädoyer gegen Rechts
In Zeiten zunehmender rechtspopulistischer Strömungen unterstreicht "Die Nazijäger" die Bedeutung wachsamer Erinnerungskultur. Beate und Serge Klarsfelds lebenslanger Einsatz für Gerechtigkeit ist ein mahnendes Beispiel dafür, dass das Dunkel der Vergangenheit nicht ungesühnt bleiben darf. Ihre Geschichte ruft dazu auf, wachsam zu bleiben und für eine gerechte Welt einzustehen.
Eindrucksvoller biografischer Einblick: Die Graphic Novel porträtiert das Leben und Wirken eines außergewöhnlichen Ehepaars im Kampf gegen die NS-Kriegsverbrechen. Visuelle Erzählkunst trifft auf historische Bedeutung: Die Kombination aus grafischer Darstellung und historischem Kontext machen diese Graphic Novel zu einem wichtigen und unvergesslichen Leseerlebnis. Aktuelle Relevanz: Angesichts zunehmender rechtspopulistischer Tendenzen zeigt das Werk eindrucksvoll, wie individuelles Engagement und unbeugsame Entschlossenheit die Welt verändern können.
"Die Nazijäger" ist ein zeitloses Manifest des Mutes, der Erinnerung und der unablässigen Suche nach Gerechtigkeit - eine dringliche Leseempfehlung für Jugendliche und Erwachsene.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Alex Rühle kann das politische Sendungsbewusstsein gut verkraften, das der französische Comic-Autors Pascal Bresson bereits mit Büchern über Justizirrtümer oder das Leben der Politikerin und Holocaust-Überlebenden Simone Veil unter Beweis stellte. Die Doppelbiografie zu Beate und Serge Klarsfeld erscheint ihm dazu wie eine zwingende Ergänzung und eine "Feier der Hartnäckigkeit". Wie die Klarsfelds NS-Verbrecher wie Klaus Barbie aufspürten oder den SS-Obersturmbannführer Kurt Lischka von Köln nach Frankreich entführen wollten, das imponiert dem Rezensenten noch immer, nicht zu vergessen Beate Klarsfelds Ohrfeige für Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. Zeichner Sylvain Dorange setzt für Rühles Geschmack die Geschichte der beiden vielleicht ein bisschen zu peppig in Szene, aber "wenn's denn der Jugend gefällt", will der Rezensent daran so wenig aussetzen wie die Klarsfelds selbst, die an dem Comic mitgearbeitet haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.06.2021Der Mantel, den sie zur Ohrfeige trug
Pascal Bressons und Sylvain Doranges Graphic Novel über den hartnäckigen Lebenskampf von Beate und Serge Klarsfeld
Was macht man als Kidnapper, wenn die Entführung gründlich schiefläuft? Man kontaktiert alle Zeitungen, um ihnen mitzuteilen, dass der Plan gescheitert ist. Ein paar Tage später trifft man sich dann noch mit den Journalisten, damit sie auch schön Fotos von einem machen und Details der Straftat berichten können.
Kurt Lischka war SS-Obersturmbannführer und als Kommandierender der Gestapo in Frankreich für die Deportation von mindestens 73 000 Juden über das Durchgangslager Drancy nach Auschwitz mitverantwortlich. Er wurde zwar 1950 von einem französischen Militärgericht in Abwesenheit zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt, die Adenauerregierung dachte aber gar nicht daran ihn auszuliefern. Ein Gericht in Bielefeld sprach ihn von aller Schuld frei. Lischka lebte unbehelligt in Köln, sein Name stand im Telefonbuch, er war als Prokurist einer Getreidegroßhandlung tätig.
1971 planten Beate und Serge Klarsfeld seine Entführung nach Frankreich, damit er endlich ins Gefängnis käme. Das Ganze ging grotesk schief. Die Klarsfelds lauerten dem alten Lischka gemeinsam mit zwei Bekannten vor seiner Wohnung auf, im Getümmel schlugen sich die Kidnapper gegenseitig k.o., die Polizei kam, alle mussten fliehen.
Statt das nun aber zu vertuschen und schleunigst zurück nach Frankreich zu fahren, traf sich Beate Klarsfeld mit Journalisten, die konsterniert fragten, warum sie, die ohnehin schon einen Prozess am Hals hatte, nicht nur ihre Straftat zugebe, sondern auch noch in Köln bleibe. Antwort Klarsfeld: „Wenn ich verhaftet werde, ist das der Beweis, dass die Behörden lieber mich ins Gefängnis stecken, als die Kriegsverbrecher, die in Deutschland frei herumlaufen, an die Justiz auszuliefern.“
So sagt sie es in der Graphic Novel, die Pascal Bresson und Sylvain Dorange dem französisch-deutschen Ehepaar gewidmet haben: „Beate und Serge Klarsfeld – Die Nazijäger“. Bresson ist ein Comic-Autor mit großem politischem Sendungsbewusstsein, er hat minutiös recherchierte Comics über französische Justizirrtümer oder über ökologische Fragen gemacht. Im Zentrum seines Werks steht aber der Holocaust, es gibt von ihm eine hervorragend recherchierte Graphic Novel über das Leben von Simone Veil, und er hat mit „Elle s’appelait Sarah“ versucht, die Judenverfolgung in Frankreich jugendlichen Lesern näherzubringen. Die Doppelbiografie der Klarsfelds erscheint da wie eine zwingende Ergänzung, schließlich hat kaum jemand so viel für die juristische Aufarbeitung der Naziverbrechen in Frankreich getan wie dieses Ehepaar.
Bresson hat sich dafür zusammengetan mit dem Zeichner Sylvain Dorange, der die historischen Interieurs, Stadtbilder, Moden sehr detailgenau inszeniert, aber seine Protagonisten in neue Heldenkörper steckt: Die beiden gezeichneten Figuren haben phänotypisch wenig mit den Physiognomien der echten Klarsfelds gemein. Beate wirkt hier wie ein energetisches Wunder, dreiecksscharfe Nase, Bleistiftröcke, Pagenschnitt, drahtiger Körperbau, die ganze Frau eilt durch die Panels wie ein schlanker Vektor. Und Serge wirkt mit seinem enormen Haarturm eher wie ein Hipster als wie der Historiker und Jurist, der er war. Den alten Klarsfelds, die die Entstehung des Buches begleitet haben, war es egal, wie sie aussehen, wenn’s denn der Jugend gefällt, nur die Fakten mussten stimmen, bis hin zum Mantel, den Beate Klarsfeld am Tag der Kiesinger-Ohrfeige trug, geschnitten in der Form des Lothringer Kreuzes.
Die Fakten also: 1968 fuhr Beate Klarsfeld zum CDU-Parteitag in Berlin. Acht Jahre vorher hatte sie in Paris ihren Mann kennengelernt, dessen Vater in Auschwitz ermordet worden war. Sie schaffte es aufs Podium, ohrfeigte den Bundeskanzler und schrie dabei mehrfach: „Nazi!“ Zwar wurde sie verurteilt, befeuerte aber die Debatte, wie es sein kann, dass ein Mann Bundeskanzler ist, der im Reichspropagandaministerium mitverantwortlich war für die permanente antisemitische Hetze der NS-Maschine.
Zwar scheiterte kurz darauf die Entführung Kurt Lischkas, dafür haben die beiden mit dafür gesorgt, dass ihm – gemeinsam mit Ernst Heinrichsohn und Herbert M. Hagen – später der Prozess gemacht und er zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Vor allem aber hätte es ohne die Klarsfelds den Barbie-Prozess nie gegeben.
Über Jahre haben die beiden die Spur des „Schlächters von Lyon“, Klaus Barbie, verfolgt, ihn in La Paz ausfindig gemacht, wo er Schergen des damaligen bolivianischen Diktators Nachhilfe in diversen Foltermethoden gab – und mit dafür gesorgt, dass er 1983 endlich an Frankreich ausgeliefert wurde. Helmut Kohl hatte eine Auslieferung an die Bundesrepublik Deutschland verhindert, um eine erneute Debatte über die Schuld von Kriegsverbrechern im Land nicht aufkommen zu lassen.
Bresson und Dorange verweben die jahrelange Suche nach diesem Mann sehr gekonnt mit dem Alltag der Klarsfelds, den Todesdrohungen, dem immer neuen Scheitern bei ihren Recherchen auf eigene Kosten und dem Versuch, trotzdem als Familie mit zwei Kindern zu funktionieren. Ihr Buch ist eine Feier der Hartnäckigkeit. Wie kann es sein, dass all die Mörder frei herumlaufen dürfen? Dass die Staaten von sich aus nichts tun, um ihrer habhaft zu werden? Dass ein einzelnes Ehepaar immer und immer wieder Beweise aus Archiven vorlegen muss, bis sich jemand bemüßigt sieht, einen Prozess zu eröffnen? Barbies Prozess war am Ende eines der wichtigen innenpolitischen Ereignisse im Frankreich der Achtzigerjahre, löste er doch heftige Kontroversen über die Kollaboration mit den Deutschen aus.
Pascal Bresson und Sylvain Dorange kommen übrigens nach München: Im Rahmen des Comicfestivals erzählen sie am 3. Juni um 19 Uhr über „Beate und Serge Klarsfeld“ . Und wer sich selbst ein Bild von ihrer Kunst machen will: Im Foyer des Jüdischen Museums München werden die ganze Woche über markante Szenen aus der Graphic Novel gezeigt.
ALEX RÜHLE
Die berühmteste Szene aus dem Leben von Beate Klarsfeld: die Ohrfeige für Kurt Georg Kiesinger.
Foto: Bresson, Dorange/Carlsen Verlag
Pascal Bresson und Sylvain Dorange: Beate und Serge Klarsfeld. Die Nazijäger. Aus dem
Französischen von
Christiane Bartelsen. Carlsen Verlag,
Hamburg 2021.
208 Seiten, 28 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Pascal Bressons und Sylvain Doranges Graphic Novel über den hartnäckigen Lebenskampf von Beate und Serge Klarsfeld
Was macht man als Kidnapper, wenn die Entführung gründlich schiefläuft? Man kontaktiert alle Zeitungen, um ihnen mitzuteilen, dass der Plan gescheitert ist. Ein paar Tage später trifft man sich dann noch mit den Journalisten, damit sie auch schön Fotos von einem machen und Details der Straftat berichten können.
Kurt Lischka war SS-Obersturmbannführer und als Kommandierender der Gestapo in Frankreich für die Deportation von mindestens 73 000 Juden über das Durchgangslager Drancy nach Auschwitz mitverantwortlich. Er wurde zwar 1950 von einem französischen Militärgericht in Abwesenheit zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt, die Adenauerregierung dachte aber gar nicht daran ihn auszuliefern. Ein Gericht in Bielefeld sprach ihn von aller Schuld frei. Lischka lebte unbehelligt in Köln, sein Name stand im Telefonbuch, er war als Prokurist einer Getreidegroßhandlung tätig.
1971 planten Beate und Serge Klarsfeld seine Entführung nach Frankreich, damit er endlich ins Gefängnis käme. Das Ganze ging grotesk schief. Die Klarsfelds lauerten dem alten Lischka gemeinsam mit zwei Bekannten vor seiner Wohnung auf, im Getümmel schlugen sich die Kidnapper gegenseitig k.o., die Polizei kam, alle mussten fliehen.
Statt das nun aber zu vertuschen und schleunigst zurück nach Frankreich zu fahren, traf sich Beate Klarsfeld mit Journalisten, die konsterniert fragten, warum sie, die ohnehin schon einen Prozess am Hals hatte, nicht nur ihre Straftat zugebe, sondern auch noch in Köln bleibe. Antwort Klarsfeld: „Wenn ich verhaftet werde, ist das der Beweis, dass die Behörden lieber mich ins Gefängnis stecken, als die Kriegsverbrecher, die in Deutschland frei herumlaufen, an die Justiz auszuliefern.“
So sagt sie es in der Graphic Novel, die Pascal Bresson und Sylvain Dorange dem französisch-deutschen Ehepaar gewidmet haben: „Beate und Serge Klarsfeld – Die Nazijäger“. Bresson ist ein Comic-Autor mit großem politischem Sendungsbewusstsein, er hat minutiös recherchierte Comics über französische Justizirrtümer oder über ökologische Fragen gemacht. Im Zentrum seines Werks steht aber der Holocaust, es gibt von ihm eine hervorragend recherchierte Graphic Novel über das Leben von Simone Veil, und er hat mit „Elle s’appelait Sarah“ versucht, die Judenverfolgung in Frankreich jugendlichen Lesern näherzubringen. Die Doppelbiografie der Klarsfelds erscheint da wie eine zwingende Ergänzung, schließlich hat kaum jemand so viel für die juristische Aufarbeitung der Naziverbrechen in Frankreich getan wie dieses Ehepaar.
Bresson hat sich dafür zusammengetan mit dem Zeichner Sylvain Dorange, der die historischen Interieurs, Stadtbilder, Moden sehr detailgenau inszeniert, aber seine Protagonisten in neue Heldenkörper steckt: Die beiden gezeichneten Figuren haben phänotypisch wenig mit den Physiognomien der echten Klarsfelds gemein. Beate wirkt hier wie ein energetisches Wunder, dreiecksscharfe Nase, Bleistiftröcke, Pagenschnitt, drahtiger Körperbau, die ganze Frau eilt durch die Panels wie ein schlanker Vektor. Und Serge wirkt mit seinem enormen Haarturm eher wie ein Hipster als wie der Historiker und Jurist, der er war. Den alten Klarsfelds, die die Entstehung des Buches begleitet haben, war es egal, wie sie aussehen, wenn’s denn der Jugend gefällt, nur die Fakten mussten stimmen, bis hin zum Mantel, den Beate Klarsfeld am Tag der Kiesinger-Ohrfeige trug, geschnitten in der Form des Lothringer Kreuzes.
Die Fakten also: 1968 fuhr Beate Klarsfeld zum CDU-Parteitag in Berlin. Acht Jahre vorher hatte sie in Paris ihren Mann kennengelernt, dessen Vater in Auschwitz ermordet worden war. Sie schaffte es aufs Podium, ohrfeigte den Bundeskanzler und schrie dabei mehrfach: „Nazi!“ Zwar wurde sie verurteilt, befeuerte aber die Debatte, wie es sein kann, dass ein Mann Bundeskanzler ist, der im Reichspropagandaministerium mitverantwortlich war für die permanente antisemitische Hetze der NS-Maschine.
Zwar scheiterte kurz darauf die Entführung Kurt Lischkas, dafür haben die beiden mit dafür gesorgt, dass ihm – gemeinsam mit Ernst Heinrichsohn und Herbert M. Hagen – später der Prozess gemacht und er zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Vor allem aber hätte es ohne die Klarsfelds den Barbie-Prozess nie gegeben.
Über Jahre haben die beiden die Spur des „Schlächters von Lyon“, Klaus Barbie, verfolgt, ihn in La Paz ausfindig gemacht, wo er Schergen des damaligen bolivianischen Diktators Nachhilfe in diversen Foltermethoden gab – und mit dafür gesorgt, dass er 1983 endlich an Frankreich ausgeliefert wurde. Helmut Kohl hatte eine Auslieferung an die Bundesrepublik Deutschland verhindert, um eine erneute Debatte über die Schuld von Kriegsverbrechern im Land nicht aufkommen zu lassen.
Bresson und Dorange verweben die jahrelange Suche nach diesem Mann sehr gekonnt mit dem Alltag der Klarsfelds, den Todesdrohungen, dem immer neuen Scheitern bei ihren Recherchen auf eigene Kosten und dem Versuch, trotzdem als Familie mit zwei Kindern zu funktionieren. Ihr Buch ist eine Feier der Hartnäckigkeit. Wie kann es sein, dass all die Mörder frei herumlaufen dürfen? Dass die Staaten von sich aus nichts tun, um ihrer habhaft zu werden? Dass ein einzelnes Ehepaar immer und immer wieder Beweise aus Archiven vorlegen muss, bis sich jemand bemüßigt sieht, einen Prozess zu eröffnen? Barbies Prozess war am Ende eines der wichtigen innenpolitischen Ereignisse im Frankreich der Achtzigerjahre, löste er doch heftige Kontroversen über die Kollaboration mit den Deutschen aus.
Pascal Bresson und Sylvain Dorange kommen übrigens nach München: Im Rahmen des Comicfestivals erzählen sie am 3. Juni um 19 Uhr über „Beate und Serge Klarsfeld“ . Und wer sich selbst ein Bild von ihrer Kunst machen will: Im Foyer des Jüdischen Museums München werden die ganze Woche über markante Szenen aus der Graphic Novel gezeigt.
ALEX RÜHLE
Die berühmteste Szene aus dem Leben von Beate Klarsfeld: die Ohrfeige für Kurt Georg Kiesinger.
Foto: Bresson, Dorange/Carlsen Verlag
Pascal Bresson und Sylvain Dorange: Beate und Serge Klarsfeld. Die Nazijäger. Aus dem
Französischen von
Christiane Bartelsen. Carlsen Verlag,
Hamburg 2021.
208 Seiten, 28 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Der Comic [...] erzählt spannungsgeladen und informativ von seinem Thema." Christian Meyer-Pröpstl engels kultur.kino.wuppertal 20210630