Biblische Betrachtungen spielen in den Ignatianischen Exerzitien eine zentrale Rolle. Wer sich in ihnen übt, betrachtet die biblischen Szenen, als wäre er dabei gewesen, und auf diese Weise ist er wirklich dabei - heute! So kann Jerónimo Nadal, einer der frühen Jesuiten, formulieren: "Die Betrachtung und Beschauung des Lebens Christi im Verspüren des Geistes ersetzen, was die Apostel und Jünger Christi leibhaft geschaut haben" (OrOb 391). Der Text wird zum Raum, in den der Beter eintritt. Dies ist heute, da der Erfahrung unter religiös suchenden Menschen eine sehr hohe Bedeutung beigemessen wird, aktueller denn je. Aber wie geht Ignatius von Loyola selbst in den Geistlichen Übungen mit der Heiligen Schrift um? Wie haben die ersten Jesuiten seine Anweisungen in ihrem geistlichen Leben aufgenommen? Und was kann heute dem Begleiter der Exerzitien und dem Exerzitanten helfen, von der christozentrischen Mitte der Exerzitien zur Fülle biblischen Betens hinzuführen bzw. hinzugelangen? Obwohl die Ignatianischen Exerzitien in ihrer ursprünglichen Form im letzten Jahrhundert wiederentdeckt worden sind und ihre Praxis sich seit Jahrzehnten etabliert hat, wurde erstaunlich wenig nach den biblischen Grundlagen im Exerzitienbuch selbst gefragt. In diesem kleinen Buch wird die biblische Hermeneutik der Ignatianischen Exerzitien erstmals umfassend reflektiert.