Unverzichtbar!Das langersehnte neue »Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst« bietet auf 376 Seiten einen kompakten Überblick über die wichtigsten Phänomene zeitgenössischer Kunst. Führende TheoretikerInnen unserer Zeit beschreiben, analysieren und bewerten in 90 Essays pointiert die Kunstentwicklung von 1960 bis heute. Gleichzeitig werden die für die Kunst einflussreichen Diskurse vorgestellt und ihre kulturelle Definitionsmacht ausgeleuchtet und hinterfragt. Die seit einigen Jahrzehnten zu beobachtende Intellektualisierung der Kunstgeschichte und Kunsttheorie ist unter anderem durch ihren interdisziplinären Anspruch gekennzeichnet: Neben den traditionellen Fragestellungen und Methoden haben sich längst etwa diskursanalytische, sozialhistorische, gendertheoretische, medienanalytische, postkoloniale und bildwissenschaftliche Sichtweisen etabliert. Dies betrifft gerade auch die zeitgenössische Kunst, zu deren anspruchsvoller Rezeption ein immer breiter werdendes Wissen und ein erhöhtes Theoriebewusstsein erforderlich sind. Mit dem vorliegenden Begriffslexikon soll eine Orientierungsmöglichkeit zur Hand gegeben werden: Die LeserInnen können sich sowohl einen Überblick über die zeitgenössische Kunst als auch über die von ihr nicht zu trennenden theoretischen Auseinandersetzungen verschaffen. Dabei wollen die Texte keine abgeklärte, kanonisierende Sicht vermitteln, sondern sind vielmehr selbst als Teil der aktuellen Debatten aufzufassen, zumal viele der Themen und Diskurse noch in Entwicklung begriffen sind. Die Beiträge weisen deshalb eine Form auf, die sich zwischen klassischem Lexikoneintrag und kritschem Essay bewegt. Am Ende der Texte, die zahlreiche Abbildungen enthalten, findet sich jeweils auch eine Auswahl einschlägiger Literatur für eine intensivere thematische Beschäftigung.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2015Brechen mit der Kunstgeschichte
Ein sinnvolles Lexikon zur zeitgenössischen Kunst zu schreiben scheint unmöglich. Der zu beschreibende Gegenstand befindet sich im ständigen Wandel und verweigert sich kanonischen Festschreibungen. Hubertus Butin begegnete diesem Problem im Jahr 2002 mit der Form des Begriffslexikons, das nicht die Kunst, sondern die sie prägenden Begriffe in ihrer Historizität abbildet. Er möchte die Einträge im "Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst" als diskursive Beiträge verstanden wissen, die eigene Akzente setzen und keine Objektivität beanspruchen. Nach der zweiten Auflage 2006 liegt nun eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage vor, denn noch wichtiger als die Form ist die Aktualität. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Zunächst einmal wird dem Geschmack des Kunstinteressenten Rechnung getragen: Die Fotografie "Im Teppichladen" aus Fischlis und Weiss' Wurstserie von 1979 ist auf das Cover gewandert. Neu aufgenommene Begriffe wie "Display", "künstlerische Forschung in akademischen Institutionen" oder "Künstlerbuch" spiegeln die letzten Jahre, dienen fast als Seismograph. Bei anderen stellt sich die Frage, warum sie erst jetzt in den Kanon aufgenommen werden: "Happening", "Serialität" und "Inszenierung" füllen Lücken. Im Register findet man Vasarely statt Vasari, Weibel statt Wölfflin. Es verrät, dass das hervorragend bebilderte Lexikon den Bruch des zeitgenössischen Kunstdiskurses mit der allgemeinen Kunstgeschichte markiert.
psch.
Hubertus Butin (Hrsg.): "Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst".
Snoeck Verlag, Köln 2014. 376 S., 24,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein sinnvolles Lexikon zur zeitgenössischen Kunst zu schreiben scheint unmöglich. Der zu beschreibende Gegenstand befindet sich im ständigen Wandel und verweigert sich kanonischen Festschreibungen. Hubertus Butin begegnete diesem Problem im Jahr 2002 mit der Form des Begriffslexikons, das nicht die Kunst, sondern die sie prägenden Begriffe in ihrer Historizität abbildet. Er möchte die Einträge im "Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst" als diskursive Beiträge verstanden wissen, die eigene Akzente setzen und keine Objektivität beanspruchen. Nach der zweiten Auflage 2006 liegt nun eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage vor, denn noch wichtiger als die Form ist die Aktualität. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Zunächst einmal wird dem Geschmack des Kunstinteressenten Rechnung getragen: Die Fotografie "Im Teppichladen" aus Fischlis und Weiss' Wurstserie von 1979 ist auf das Cover gewandert. Neu aufgenommene Begriffe wie "Display", "künstlerische Forschung in akademischen Institutionen" oder "Künstlerbuch" spiegeln die letzten Jahre, dienen fast als Seismograph. Bei anderen stellt sich die Frage, warum sie erst jetzt in den Kanon aufgenommen werden: "Happening", "Serialität" und "Inszenierung" füllen Lücken. Im Register findet man Vasarely statt Vasari, Weibel statt Wölfflin. Es verrät, dass das hervorragend bebilderte Lexikon den Bruch des zeitgenössischen Kunstdiskurses mit der allgemeinen Kunstgeschichte markiert.
psch.
Hubertus Butin (Hrsg.): "Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst".
Snoeck Verlag, Köln 2014. 376 S., 24,80 [Euro].
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