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Auszug: Im Sommer 1945 geschah das Massaker von Aussig, wie es in die Geschichte einging. Das ehemalige Munitionslager der Wehrmacht in Schönpriesen flog in die Luft. Mit Mama war ich an diesem Tag an der Elbe zum Baden als die gewaltigen Detonationen zu hören waren und Rauch hinter der Burg aufstieg. Zuvor flog ein kleines einmotoriges Flugzeug im Tiefflug der Elbe entlang Richtung Aussig. Mama sagte sofort, da ist was Schlimmes passiert, hoffentlich nichts Papa; und die Ungewissheit stieg, als er nicht wie gewohnt nach Hause kam. Als er dann sehr spät kam, erzählte er, dass er einen großen…mehr

Produktbeschreibung
Auszug:
Im Sommer 1945 geschah das Massaker von Aussig, wie es in die Geschichte einging. Das ehemalige Munitionslager der Wehrmacht in Schönpriesen flog in die Luft. Mit Mama war ich an diesem Tag an der Elbe zum Baden als die gewaltigen Detonationen zu hören waren und Rauch hinter der Burg aufstieg. Zuvor flog ein kleines einmotoriges Flugzeug im Tiefflug der Elbe entlang Richtung Aussig. Mama sagte sofort, da ist was Schlimmes passiert, hoffentlich nichts Papa; und die Ungewissheit stieg, als er nicht wie gewohnt nach Hause kam. Als er dann sehr spät kam, erzählte er, dass er einen großen Umweg mit seinem Fahrrad fahren musste, denn die tschechische Firmenleitung hatte ihre deutschen Arbeiter gewarnt, durch Aussig zu fahren, denn es würden Schlägertrupps in der Stadt wüten.
Was geschah, erfuhren wir erst am nächsten Tag. In den Explosionen sah man einen Sabotageakt der Deutschen. Es erfolgte ein Pogrom an der deutschen Bevölkerung. Wer nicht Tschechisch konnte, wurde misshandelt. Es gab unzählige Tote. Von den beiden Elbebrücken wurden Wehrlose in den Fluss geworfen und abgeknallt, wenn sie schwimmen konnten. Sie warfen sogar einen Kinderwagen mit Kind und Mutter übers Brückengeländer. Das Kind hatte ein junger Mann aus dem Wagen gerissen und mit dem Kopf ans Geländer geschlagen. Dies sah eine deutsche Rotkreuzschwester aus einem vorbeifahrenden Auto. Als sie vor Entsetzen aufschrie, schoss der Mann auf sie. Tante Lene erzählte mir später, dass alle ihre Arbeitskolleginnen umgebracht wurden, die über die Neue Brücke gehen mussten. In Aussig stopften diese Barbaren die Erschlagenen in Löschteiche und Kanalöffnungen. Meinem Vater hätte es in dieser Situation auch nicht geholfen, dass er als Antifaschist anerkannt war; denn Tschechisch konnte auch er nicht. Auch er musste eine weiße Armbinde mit einem "N" für N mci, Deutsche, tragen, wie alle Deutschen. Die deutschen Antifaschisten trugen zur Unterscheidung noch eine rote Armbinde.
Autorenporträt
Ullrich, Josef
Frankfurter mit sudetendeutschen Wurzeln, geboren 1938 in Aussig an der Elbe, heute Usti nad Labem/Tschechien. 1948 Aussiedlung. Verheiratet, zwei Enkel, Ing., Hobbys: Politik, Sport, Reisen.