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Ein absehbares Ende der Eurokrise ist eine Illusion, sagt David Marsh. Die Länder der Europäischen Währungsunion seien zu erbitterten Gegnern in einem Stellungskrieg geworden, in dem es keine Sieger geben kann. Marsh glaubt nicht mehr an die Vision eines wirtschaftlich starken, vereinten Europas. Stattdessen müssten wir uns auf eine lange Phase der Instabilität und der wirtschaftlichen Stagnation einstellen.
Fantasielosigkeit, Fahrlässigkeit, Inkompetenz; mit diesen harten Begriffen charakterisiert David Marsh das Krisenmanagement der Europäischen Währungsunion. Auswege aus dem
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Produktbeschreibung
Ein absehbares Ende der Eurokrise ist eine Illusion, sagt David Marsh. Die Länder der Europäischen Währungsunion seien zu erbitterten Gegnern in einem Stellungskrieg geworden, in dem es keine Sieger geben kann. Marsh glaubt nicht mehr an die Vision eines wirtschaftlich starken, vereinten Europas. Stattdessen müssten wir uns auf eine lange Phase der Instabilität und der wirtschaftlichen Stagnation einstellen.
Fantasielosigkeit, Fahrlässigkeit, Inkompetenz; mit diesen harten Begriffen charakterisiert David Marsh das Krisenmanagement der Europäischen Währungsunion. Auswege aus dem deflationistischen Teufelskreis gebe es nur, wenn man die Erpressungsmanöver leistungsschwacher Länder abwehre aber auch gleichzeitig zu einer europaweiten Wachstumspolitik zurückkehre. Vielmehr herrsche jedoch ideologische Desinformation, wie in Orwells negativem Zukunftsszenario 1984. Über das 'Schicksalsprojekt Währungsunion' resümiert Marsh: "Der Jahrhundertspruch von Michail Gorbatschow 'wer zu spät kommt, den bestraft das Leben' gilt nicht nur für Angela Merkel, er gilt für alle, die noch hinter dem Euro stehen. Im globalen Konzert der Weltnationen wird der Alte Kontinent deshalb künftig nur noch eine untergeordnete Rolle spielen."
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2013

Alternativlos blockiert
David Marsh sieht schwarz für den Euroraum

Die Euro-Krise hat sich zwar entspannt seit Herbst 2012, seit die Europäische Zentralbank ihr umstrittenes Anleihekaufprogramm verkündet hat. Die Rezession verlangsamt sich. Immer häufiger wird "Licht am Ende des Tunnels" beschworen. Aber sind die Grundprobleme wirklich behoben? Bundesfinanzminister Schäuble meinte kurz nach dem Zypern-Desaster: "Wir werden in den Geschichtsbüchern lesen, dass diese Krise Europa noch stärker zusammengebracht hat." Ganz anderer Meinung ist David Marsh. Der britische Finanzjournalist und Geldpolitikexperte, "einer der besten Kenner der Geschichte der Europäischen Währungsunion" (Karl Otto Pöhl), sieht den Euroraum durch gegenläufige Interessen und Strategien unrettbar blockiert. Ihr drohe eine lange "wirtschaftliche Dürre". Marsh bezweifelt, ob eine an inneren Widersprüchen leidende Währung als weltweite Reservewährung Erfolg haben könne. Die Asiaten seien zunehmend skeptisch. Statt das "Dollar-Monopol" zu brechen, wie einige, vor allem französische Europapolitiker einstmals hofften, werde der Euro bloß ein Regionalgeld bleiben.

In zwanzig kurzen Kapiteln versucht Marsh, das komplizierte ökonomisch-politische Interessenknäuel zu entwirren, das die Euro-Krise charakterisiert. Zunächst erinnert Marsh in einem Rückblick an Hoffnungen und Hintergedanken bei der Einführung. Dann beschreibt er kurz die Schönwetterperiode und zeichnet nach, welche Ungleichgewichte und ökonomisch-fiskalische Risiken sich aufbauten. Genüsslich zitiert Marsh schöngefärbte Berichte der Brüsseler Behörden und der EZB, kurz bevor die Krise ausbrach. Marsh hat das Europrojekt stets mit skeptischem Wohlwollen betrachtet. Inzwischen sieht er die Gemeinschaftswährung und zu niedrige Leitzinsen als Hauptursache der Verschuldungskrise der Krisenländer. Die gigantischen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse seien ein zweifelhafter Segen, ein erheblicher Teil der Auslandsforderungen sei gefährdet. Inzwischen hält die Bundesbank den allergrößten Teil als sogenannte Target-Forderungen. Das Risiko liegt damit beim Steuerzahler. Marsh schreibt, es sei "offenkundig, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser hohen Forderungen an das Ausland nie zurückgezahlt werden wird".

Den Kern der "unlösbaren" Krise sieht er in Interessenkonflikten. Europa sei in Schuldner und Gläubiger gespalten - das vermeintliche Friedensprojekt produziere wechselseitige Ressentiments. Der Süden wünscht eine Schuldenvergemeinschaftung, der Norden stemmt sich dagegen. Stattdessen hat der Norden harsche Konsolidierungsprogramme erzwungen, die den Süden tief in die Rezession gedrückt haben. Die teils berechtigten Vorwürfe gegen Deutschland arteten in eine "Diffamierungskampagne" aus. Deutschland sei wirtschaftlich viel stärker als seine Nachbarn, doch leide es unter nationalgeschichtlichen Komplexen, unter Unsicherheit und Unbeholfenheit. Für eine echte Führungsrolle fehle es den Deutschen an Selbstvertrauen und Weitsicht.

Inzwischen gibt es einige institutionelle Reformen in der Währungsunion, die Marsh aber als ungenügend oder unglaubwürdig abtut, etwa den "verschärften" Stabilitätspakt. Der Krisenfonds ESM könne zwar große Summen verleihen, doch sei Streit über fragwürdige Anreizwirkungen und über Reformvorgaben programmiert. Auch bei der geplanten Bankenunion sei Streit über die Altlasten absehbar. Der Reformeifer in den Krisenländern lasse wieder nach, schreibt Marsh, seit die EZB durch ihr Stützungsversprechen den Druck der Märkte abmildere. Die Korrektur der falschen realen Wechselkurse werde langwierig und sehr schmerzhaft sein.

Statt den Euroraum mit gewaltigen Transfers in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung zu erhalten, könnte er sich gesundschrumpfen, wenn Griechenland und andere Dauerkrisenländer austreten würden. Der Euroraum könnte damit auf längere Sicht stabiler werden, meint Marsh. Allerdings sieht er auch die möglichen Gefahren durch Ansteckungseffekte bei einem Exit einzelner Länder. Mehrfach erwähnt Marsh die eurokritische Partei Alternative für Deutschland. Er begrüßt es, dass sie versuche, "die jahrelang in Deutschland von überzogener politischer Korrektheit gekennzeichnete Debatte um die Währungsunion zu entstauben". Marsh überschätzt aber die Wirkung der AfD, dass "endlich eine sachliche, nüchterne Debatte über Kosten und Nutzen der Währungsunion stattfindet". Das Wort "alternativlos" hat die Kanzlerin aus Reden gestrichen, doch sie verhält sich weiterhin so.

Der frühere Bundesbankpräsident Pöhl betont im Vorwort, dass Regierungen und EZB einen Ausstieg aus dem jetzigen Rettungssystem scheuten, weil die Kosten zu hoch würden: "So bleibt als einzige Alternative der Weg in die Transferunion, das heißt Vergemeinschaftung der Schulden."

PHILIP PLICKERT.

David Marsh: Beim Geld hört der Spaß auf.

Europa Verlag, Berlin 2013,175 Seiten, 10 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Heute steht es besser um den Euro, findet Alexander Hagelüken, besser als 2011, das Jahr, zu dem die Streitschrift von David Marsh seiner Meinung nach besser gepasst hätte. Die rigorose Pauschalkritik des Autors am Euro, die deutsche und angelsächsische Währungskritik bündelt, möchte Hagelüken nicht ohne Weiteres hinnehmen. Seiner Meinung nach übersieht Marsh die Kräfte, die die europäische Währung seit Beginn der Krise freigesetzt hat, sowie auch die Chancen, die sich heute im Euroraum bieten. Für den Rezensenten handelt es sich nicht um eine Sackgasse, sondern eine Wegmarke, auch wenn er die antieuropäischen Argumente des Autors im Einzelnen durchaus nachvollziehen kann. Geballt findet er sie zu düster. Etwas mehr Optimismus genügt schon, meint er, dann scheint auch nicht gleich der Abstieg Europas vor der Tür zu stehen.

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