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"So intelligent und vollkommen wie ihre Romane." (Kirkus Reviews) "Being a Man" spiegelt die oft überraschenden und immer treffenden Ansichten Siri Hustvedts zu Literatur, Kunst und Kultur wider. Immer leidenschaftlich, immer klar, immer ehrlich entlarvt sie kulturelle Stereotypen und lässt uns einen neuen Blick auf kulturelle und gesellschaftliche Phänomene werfen.

Produktbeschreibung
"So intelligent und vollkommen wie ihre Romane." (Kirkus Reviews)
"Being a Man" spiegelt die oft überraschenden und immer treffenden Ansichten Siri Hustvedts zu Literatur, Kunst und Kultur wider. Immer leidenschaftlich, immer klar, immer ehrlich entlarvt sie kulturelle Stereotypen und lässt uns einen neuen Blick auf kulturelle und gesellschaftliche Phänomene werfen.

Autorenporträt
Siri Hustvedt wurde 1955 in Northfield, Minnesota, geboren. Sie studierte Literatur an der Columbia University und promovierte mit einer Arbeit über Charles Dickens. Bislang hat sie sieben Romane publiziert. Mit 'Was ich liebte' hatte sie ihren internationalen Durchbruch. Zuletzt erschienen 'Die gleißende Welt' und 'Damals'. Zugleich ist sie eine profilierte Essayistin. Bei Rowohlt liegen von ihr die Essaybände 'Nicht hier, nicht dort', 'Leben, Denken, Schauen', 'Being a Man', 'Die Illusion der Gewissheit'  und 'Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen' vor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2007

„In meinen Träumen bin ich manchmal ein Mann”
„Being a man”: Die New Yorker Schriftstellerin Siri Hustvedt hat kluge Essays über die Loslösung des Körpers beim Schreiben verfasst
Die Essays von Siri Hustvedt kreisen um eine Frage, die erst am Ende des letzten Textes in diesem Band, „Auszüge aus einer Geschichte des verwundeten Selbst”, gestellt wird. „Könnte mein Bedürfnis zu schreiben”, heißt es da, „mit meiner neurologischen Überempfindlichkeit zusammenhängen?” „Mag sein”, gibt sie selbst zur Antwort, „aber nicht das, was ich schreibe.” Der Schreibzwang mag unbeherrschbar und pathogen sein, aber nie wäre er imstande, dem Schreibenden die Entscheidung für Form und Thema seiner Mitteilungen ganz aus der Hand zu nehmen. Aus dem Zusammenspiel von unbewusstem Antrieb und künstlerischer Wahl entsteht dann im Glücksfall Literatur.
Für ihr Gelingen gibt es keine Rezepte und keine Gewähr. „Ich mache sie und mache sie nicht”, sagt Hustvedt in demselben Essay über ihre Figuren. Weder sind sie einfach aus den Träumen in den Text gewandert, noch sind sie das Ergebnis einer mutwilligen Fabrikation. Dass aber überhaupt Figuren entstehen, dass es Schriftsteller gibt, die ihr Leben damit zubringen, fiktionale Welten zu bauen, das ist, folgt man Siri Hustvedt, schwer vorstellbar ohne ein „verwundetes Selbst”.
„Being a man” heißt der Band, der Essays und Aufsätze der letzten zehn Jahre versammelt. Die beiden längsten Arbeiten zeigen Hustvedt als Literaturwissenschaftlerin; mit einer Studie über Dickens hatte sie einst einen Ph.D. der Columbia University erworben. Der eine Aufsatz gilt Henry James’ „Bostonians” und einer Literatur, in der, mit James’ Worten, „Gefühl immer Bedeutung” ist. Der zweite, noch längere, befasst sich mit Dickens und dem „kranken Bruchstück”, und er ist zugleich eine autobiographische Meditation über Verwundungen. Die Leichen, die fragmentierten und misshandelten Körper bei Dickens werden in Beziehung gesetzt zu Erlebnissen am eigenen Leib. Ein Autounfall hat die Autorin nachhaltig traumatisiert, „schaurige Bruchstücke von Erlebnissen, die nicht verarbeitet werden können, weil sie keinen Sinn ergeben”, ziehen sich fortan durch ihre Träume. Und wie Dickens interessiert sie sich ebenso für die psychische Fragmentierung, für Doppelgänger- und Spiegelphänomene, für Haft, Wahn und Isolation. In Dickens sieht sie einen Schriftsteller, der, parallel zu den theoretischen Erörterungen Winnicotts oder Lacans, mit erzählerischen Mitteln das Thema einer prekären Identität erforscht hat, und dies „mit größerer Subtilität als jeder andere Schriftsteller, den ich kenne.” Man ahnt, dass Siri Hustvedts eigene Vorstellung von Literatur dem nahe kommt, was sie an James und Dickens exemplarisch beschreibt.
Auch wenn sie von anderen Autoren und Themen handeln, erzählen diese Essays immer auch von Hustvedt selbst, von ihrer Herkunft aus einer norwegischstämmigen Familie im mittleren Westen, ihrem Weg nach New York, von Reisen und Liebschaften, von ihrer Begegnung mit Paul Auster, dem späteren Ehemann, von ihrer Tochter und vom Tagwerk einer Autorin – dies alles aber nicht mit der Attitüde einer Erfolgsschriftstellerin, die glaubt, auch die Brosamen vom Tisch ihrer literarischen Produktion seien fürs Publikum nahrhaft genug. Vielmehr nimmt Hustvedt solche und andere autobiographische Umstände in den Blick, weil sie sich für ein Problem interessiert und vom Schreiben und Lesen Aufschluss darüber erwartet. Das Problem ist kein theoretisches, kein politisches oder moralisches, sondern eines des schreibenden Körpers. Es ist das Problem der eigenen „neurologischen Überempfindlichkeit”. Was hat es mit dem „Being a man” auf sich, das einem Essay und diesem Band den Titel gibt?
„In wachem Zustand”, schreibt Hustvedt, bin ich eine Frau, aber in meinen Träumen bin ich manchmal ein Mann.” Im Traum und beim Schreiben sieht sie sich imstande, die biologischen Beschränkungen zu transzendieren. Theorie ist Hustvedts Sache nicht, auch wenn sie Winnicott gelesen hat und weiß, was die Psychoanalyse über „sex” und „gender” zu sagen hat. Ihre Sache ist die Verschränkung von Lebensgeschichte, Reflexion und Phantasie zu einer Form, die der Theorie überlegen ist. „In meiner Familie waren wir vier Töchter” erzählt sie, und davon, wie ihr irgendwann ihr Mann die Augen dafür öffnete, dass die vier Mädchen jeweils abwechselnd weibliche und männliche Eigenschaften in sich entwickelt hatten. „Being a man” kann für eine Schriftstellerin dann auch bedeuten, dass sie männliche Ich-Erzähler erfindet und sich mit ihnen so sehr oder so wenig identifiziert, wie sie es in einem anderen Buch mit einer weiblichen Hauptfigur täte. „In jedem Buch”, schreibt Hustvedt, „fehlt der Körper des Schreibers, und diese Abwesenheit macht die Buchseite zu einem Ort, an dem wir wirklich frei sind, dem Mann oder der Frau zuzuhören, die spricht.” Siri Hustvedts Essays machen einen neugierig auf die Bücher, die von dieser Autorin noch zu erwarten sind.CHRISTOPH BARTMANN
SIRI HUSTVEDT: Being a man. Essays. Aus dem Amerikanischen von Uli Aumüller. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2006. 192 Seiten, 12 Euro.
Siri Hustvedt Foto: Jürgen Bauer
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.2007

Sauberfrau im Korsett
Wiederverwertet: Siri Hustvedts gesammelte Erkenntnisse

Im Zweifelsfall schreibt man einfach Essay drauf. Das ist unverfänglich und passt immer. Doch man kann den ziemlich elastischen Begriff auch überstrapazieren, wie das Büchlein "Being a Man" von Siri Hustvedt zeigt, bei dem es sich trotz des englischen Titels um eine deutsche Erstveröffentlichung handelt. Dabei ist "Being a Man" nicht einmal der Originaltitel; der lautet "A Plea for Eros" (Picador, 2006). "Ein Plädoyer für Eros" konnte Rowohlt den Band aber nicht nennen, weil der Titel-Essay sowie zwei weitere Texte in die deutsche Ausgabe - nennen wir sie probehalber "Mal ein Mann sein" - gar nicht aufgenommen wurden.

Gegen jeden einzelnen der neun sogenannten Essays, die zwischen 1996 und 2004 entstanden, ist nicht viel einzuwenden. Wenn man sie nur als das bezeichnet, was sie tatsächlich sind: Texte sehr unterschiedlicher Provenienz. Manche kommen aus der Wissenschaft ("Damen in Boston: Persönliche und unpersönliche Wörter"), andere aus dem Familienalbum ("Abschied von der Mutter"), wieder andere aus der journalistischen Auftragsmappe ("9/11, ein Jahr danach"). Neben den waschechten Essays über Henry James und Charles Dickens präsentiert uns die Autorin auch Erinnerungen an ihre Kindheit im Mittleren Westen, gibt Tipps fürs Überleben in New York und würdigt den bei uns kaum bekannten Filmschauspieler Franklin Pangborn.

Nach dem Band "Nicht hier, nicht dort" (Rowohlt, 2000), der die jetzt weggelassenen Arbeiten enthält, ist dies die zweite Sammlung mit nichtfiktionalen Texten der amerikanischen Autorin norwegischer Abstammung, die man 1993, als ihr erster Roman "Die unsichtbare Frau" auf Deutsch erschien, noch als die Frau von Paul Auster vorzustellen pflegte. Jungen Leuten gibt man heute besser den Hinweis, dass die Zweiundfünfzigjährige die Mutter der neunzehnjährigen Sängerin und Schauspielerin Sophie Auster ist. An Literatur Interessierte kennen Hustvedt, die mit ihrer Familie in Brooklyn lebt, aber vor allem als Autorin der Romane "Die Verzauberung der Lily Dahl" und "Was ich liebte". Dass die Schriftstellerin auch eine promovierte Literaturwissenschaftlerin ist, zeigt "Charles Dickens und das kranke Bruchstück" - mit fünfzig Seiten das längste Stück. Darin nimmt Hustvedt sich noch einmal den Autor zur Brust, über den sie 1986 an der Columbia University ihre Doktorarbeit schrieb. Während sie sich behende zwischen "Objektrepräsentationen" und "Ich-Fragmentierungen" bewegt und immer wieder Bezüge zu ihrem eigenen Leben sucht und findet, plaziert sie gespreizte Erkenntnisse wie diese: "Weil ein Eigenname in der Sprache der symbolische Sitz des Selbst ist, ist er der linguistische Marker für eine kollektive, nicht private Realität." Ganze Passagen über den Roman "Unser gemeinsamer Freund" standen fast wörtlich (und ohne Tippfehler) schon in dem Aufsatz "U. G. F. wieder gelesen" aus "Nicht hier, nicht dort".

Merkwürdig dabei: In der ersten Fassung wurde die Dickens-Figur Rogue Riderhood als "primitive Kanalratte" bezeichnet, in der zweiten dagegen als "zwielichtige Flussratte". Ist das eine neue Erkenntnis der Forschung? Merkwürdig ist diese Änderung auch deshalb, weil beide Versionen durch die Hände von Uli Aumüller gingen, die auch Hustvedts Romane übersetzt hat. Aber auch die "Auszüge aus einer Geschichte des verwundeten Selbst", ein mit großer Offenheit dargebotener Blick auf das Innenleben der Autorin inklusive umfassender Krankenakte (Frühgeburt, Autounfall, wiederkehrende Migräne), neigt zu verstiegenen Gedankengängen mit Ausflügen zu "Epiphanie" und "numinosen Erfahrungen". Aber sie kann auch sehr schlicht und intim werden. So beschreibt sie das Tragen eines Korsetts als Filmstatistin als "angenehm und irgendwie erotisch" und sich selbst als "hingebungsvolle Sauberfrau, die Böden schrubbt und Wäsche bleicht". Und der erste Kuss ihres künftigen Mannes ist ihr als "der beste Kuss der Welt" in Erinnerung.

Schon klar: Hustvedt interessiert sich für den Zusammenhang zwischen Körper und Geist, für den Übergang zwischen Traum und Realität, für die Ambivalenz der Geschlechter. Vielleicht gelingt ihr die Symbiose in der Literatur nur einfach eindrucksvoller als die Analyse im Aufsatz. Warten wir also gespannt auf den Roman "The Sorrows of an American", an dem die Autorin derzeit arbeitet, derweil Rowohlt über einen schönen deutschen Titel nachdenken kann.

REINHARD HELLING

Siri Hustvedt: "Being a Man". Essays. Aus dem Englischen übersetzt von Uli Aumüller. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006. 191 S., br., 12,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Allerlei hat der Rezensent Reinhard Helling an diesem Band mit essayistischen Texten der als Romanautorin bekannt gewordenen Siri Hustvedt auszusetzen. Schon die Rubrizierung als "Essay" findet er eher dubios, zu heterogen sei diese Sammlung, zu weit das Spektrum von journalistischen Auftragsarbeiten zu Resteverwertung aus Hustvedts literaturwissenschaftlicher Doktorarbeit über Charles Dickens. Gegen die akademische Stillage ist Helling offenkundig allergisch, er zieht jedenfalls die "sehr schlichten und intimen" Passagen und Texte vor. Davon wird er aber alles in allem nicht satt. Bleibt ihm vor allem, sich auf Hustvedts neuen Roman mit dem Titel "The Sorrows of an American" zu freuen, an dem die Autorin gerade sitzt.

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So intelligent und vollkommen wie ihre Romane. Kirkus Reviews