Hervorragend!
Ich habe mich sehr über dieses Buch gefreut. Endlich mal ein Buch zum Thema Migration und Kinder, das ein Emigrationsland, in diesem Fall Ecuador, unter die Lupe nimmt und dabei tatsächlich das macht, was der Titel vorgibt: Es werden Kinder beforscht, beobachtet und befragt und in
erster Linie ihre Perspektiven, und nicht die von Erwachsenen, Eltern, Lehrern und anderen "Experten",…mehrHervorragend!
Ich habe mich sehr über dieses Buch gefreut. Endlich mal ein Buch zum Thema Migration und Kinder, das ein Emigrationsland, in diesem Fall Ecuador, unter die Lupe nimmt und dabei tatsächlich das macht, was der Titel vorgibt: Es werden Kinder beforscht, beobachtet und befragt und in erster Linie ihre Perspektiven, und nicht die von Erwachsenen, Eltern, Lehrern und anderen "Experten", im Buch wiedergegeben.
Frau Dicketmüller schafft, was anderen Forschern auf diesem Gebiet bislang nur teilweise gelungen ist: Durch teilnehmende Beobachtung in einer ecuadorianischen Grundschule dringt sie in eine Umgebung von Kindern ein und bleibt tatsächlich auf deren Seite, verbringt die Pausen mit ihnen gemeinschaftlich auf dem Schulhof, spielt Fangen und Basketball und teilt ihr Frühstück mit den von ihr beforschten 3. Klässlern, statt sich gemeinsam mit den Lehrern zu Gesprächen unter Erwachsenen ins Lehrerzimmer zurückzuziehen. Herauskommt eine hervorragende ethnographische Studie mit Grundschülern und deren Erfahrungen und Verständnis von Migration in der eigenen Familie oder auch von Mitschülern. Gleichzeitig kommen aber auch Erwachsene nicht zu kurz. So wird ausführlich erläutert, was Lehrer und alternative Erziehungsberechtigte von der Migration von Eltern denken, die junge Kinder im Grundschulalter in Ecuador zurücklassen. Immer wird dabei hinterfragt, was die Vorstellungen der Erwachsenen für die betroffenen Kinder bedeuten und wie sich mit der Zeit deren Lebensumstände und ihr Selbstbild gemäß der Bilder von elterlicher Migration in ihrer unmittelbaren Umgebung strukturieren. Die teilnehmende Beobachtung in einigen Haushalten von Kindern mit migrierenden Eltern rundet die Studie ab. Man erfährt wie Kinder tatsächlich in den Haushalten der Großeltern oder Onkel und Tanten leben, nachdem ihre Eltern nach Europa oder in die USA migriert sind und welche Strategien angewandt werden, um den Anschein von Normalität zu wahren, bzw. dem Stigma, eine "mal criada" zu sein, zu entfliehen.
Kurz, ein rundum gelungenes Werk, das ich jedem empfehlen kann, der sich mit Fragen wie Migration, Lateinamerika und Kinder in Migrationsprozessen beschäftigt. Eine sicherlich spannende Lektüre stellt das Buch auch für alle diejenigen dar, die sich mit ethnologischen Studien mit statt über Kinder beschäftigen (wollen). Frau Dicketmüller beschreibt eindringlich, wie ihr dieses kleine Kunststück mittels teilnehmender Beobachtung gelungen ist. Erwähnt werden aber auch andere Methoden, die sich in ihrer Studie als wichtige und äußerst wertvolle Werkzeuge zum Verständnis kindlicher Welten herausgestellt haben.