„Bekenntnisse einer Maske“ erschien 1949, kurz nach dem Krieg, den der Autor Yukio Mishima als Jugendlicher und junger Erwachsener erlebte. Der stark autobiografisch geprägte Roman schildert in für die Zeit sehr offener Weise den inneren Kampf des Ich-Erzählers, der zwischen seiner Homosexualität
und den normativen Zwängen seiner Umgebung sowie den Versuchen, ein „normales“ Leben zu führen,…mehr„Bekenntnisse einer Maske“ erschien 1949, kurz nach dem Krieg, den der Autor Yukio Mishima als Jugendlicher und junger Erwachsener erlebte. Der stark autobiografisch geprägte Roman schildert in für die Zeit sehr offener Weise den inneren Kampf des Ich-Erzählers, der zwischen seiner Homosexualität und den normativen Zwängen seiner Umgebung sowie den Versuchen, ein „normales“ Leben zu führen, zerrissen wird. Mishima ist Mitglied der ehemaligen japanischen Samurai-Oberschicht und versteigt sich in eine fast schon religiöse Todessehnsucht, die ihm auch als ehrenvoller Ausweg aus seiner Zwangslage erscheint. Die ständige Bedrohung des Krieges und sein junges Alter dienen ihm als Ausrede, um keine Beziehung zu einer Frau eingehen zu müssen. Erst das für ihn unerwartete Kriegsende bringt dieses Gebäude aus Selbstbetrug und Lüge zum Einsturz.
Stilistisch ist dieser Roman für Japan sehr ungewöhnlich. Einflüsse der europäischen Literatur und Geistesgeschichte finden sich auf jeder Seite, Mishima hat die internationalen Autoren von Weltrang ebenso gelesen, wie z. B. die Werke von Magnus Hirschfeld, den er häufig zitiert. Seine Sätze sind im Unterschied zu den meisten japanischen Autoren von hoher Komplexität und entwickeln einen Gedanken mit großer Eloquenz weiter, die in der Übersetzung hervorragend getroffen ist. Während japanische Literatur häufig von Andeutungen lebt, spricht Mishima die Dinge aus und er offenbart präzise sein widerstreitendes Innenleben. Auch das ist etwas, worin Japaner oft nicht besonders überzeugen, da persönliche Befindlichkeiten traditionell nicht an die Öffentlichkeit getragen werden. Man fühlt sich eher an Proust erinnert als an japanische Autoren. Typisch ist allerdings das halboffene Ende, das zwar die wahrscheinliche Entwicklung nahelegt, sie aber nicht ausspricht.
Mishimas Homosexualität hat eine starke Verbindung mit Tod und Selbstmordphantasien, die ihn aber vor allem sexuell anregen und eher nebenbei die ersehnte Lösung seiner Probleme sind. Im Licht seines rituellen Selbstmords im Jahr 1970, nach einem gescheiterten nationalistischen Putschversuch, erscheint der Roman wie eine vorweggenommene Prophezeiung. Mishima gab dennoch nie öffentlich zu, homosexuell zu sein; er ging eine Ehe ein und zeugte Kinder. Erst nach seinem Tod kamen Briefe ans Tageslicht, die keinen Zweifel mehr ließen, aber die Präzision der „Bekenntnisse“ sprach eigentlich schon für sich. Ein wenig erinnert die Konstellation an Thomas Mann, der in seinen Romanen ebenfalls eindeutige Hinweise gab, öffentlich aber nie zu seiner sexuellen Orientierung stand.
Das Buch ist von einer bemerkenswerten Klarheit und besonders, wenn man das Erscheinungsjahr bedenkt, von absoluter Ehrlichkeit. Es ist mir leider nicht gelungen herauszufinden, wann die erste deutsche Übersetzung erschien und wie sie damals wahrgenommen wurde. Sollte sie zeitnah zur Originalausgabe erschienen sein, war es sicher ein Skandal. Heute ist es immer noch ein Buch, das zwischen verstörenden Todesphantasien und quälenden Selbstanalysen einen Menschen beschreibt, der mit trauriger Gewissheit ahnt, dass er in seinem Leben niemals Erfüllung finden wird.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)