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Inmitten der mondänen Welt einer Gesellschaft von Künstlern, Lebemännern und Großbürgern inszeniert sich Giulia geschickt als begabte Bel Canto-Sängerin. Obwohl ihr jedes Talent fehlt, gelingt es ihr mit großem Einsatz und nicht ohne Entbehrungen den Schein aufrecht zu erhalten. Das Karussell der Freund- und Liebschaften und ihrer Karriereschritte (und -rückschritte) dreht sich immer schneller. Soucková breitet ein buntes und schillerndes Kaleidoskop an Personal aus, das zum Publikum für Giulia als Sängerin, Schauspielerin, Drehbuchautorin oder Edelgeliebte wird. Giulia scheint zu scheitern…mehr

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Produktbeschreibung
Inmitten der mondänen Welt einer Gesellschaft von Künstlern, Lebemännern und Großbürgern inszeniert sich Giulia geschickt als begabte Bel Canto-Sängerin. Obwohl ihr jedes Talent fehlt, gelingt es ihr mit großem Einsatz und nicht ohne Entbehrungen den Schein aufrecht zu erhalten. Das Karussell der Freund- und Liebschaften und ihrer Karriereschritte (und -rückschritte) dreht sich immer schneller. Soucková breitet ein buntes und schillerndes Kaleidoskop an Personal aus, das zum Publikum für Giulia als Sängerin, Schauspielerin, Drehbuchautorin oder Edelgeliebte wird. Giulia scheint zu scheitern und tritt doch aus diesem Scheitern mit immer neuen Erfolgsgeschichten hervor - nicht müde, diese zu verbreiten. Der Leser muss sich hüten, Giulia zu glauben, aber darf er dem Erzähler trauen? Dieser entpuppt sich schließlich als eifersüchtiger Liebhaber ...
Autorenporträt
Milada Soucková (1899-1983) verließ 1948 die Tschechoslowakei und zog in die Vereinigten Staaten, wo sie in Harvard, Chicago und Berkeley Bohemistik und slawische Literatur lehrte. Sie schrieb zahlreiche Romane, Erzählungen und literaturwissenschaftliche Studien. Auf Milada Soucková, deren Werk in der Tschechischen Republik gerade wiederentdeckt wird, berufen sich vor allem Autoren experimenteller Prosa.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.08.2011

Sing mir das Quietschelied vom Leben
Reizvoll, wenn auch etwas überspannt: Milada Souckovás Künstlerroman setzt dem Scheitern ein schönes Denkmal

Als der Roman "Bel Canto" im Jahr 1944 in Prag erschien, litten die Tschechen unter der deutschen Besatzung. Die Autorin Milada Soucková hatte bereits Prosa und Dichtung veröffentlicht, die sich an der westeuropäischen Moderne orientierten. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem surrealistischen Maler, verkehrte sie im Kreis von Henry Miller und Anaïs Nin. Deren Pariser Zeitschrift "The Booster" stellte ihre Texte vor, eine Nummer des Jahres 1939 war ihr gewidmet. Ein Jahr später warf sich Souckovás Mann aus Angst vor der nahenden Verhaftung in Prag vor einen Zug. Milada Soucková konzentrierte sich auf ihr Werk, schrieb Gedichte, schrieb für das Theater und schrieb den Roman "Bel Canto".

Dieser Roman versucht das wechselvolle Leben der schönen, mäßig begabten Sängerin Giulia abzubilden. Sein eigentliches Thema aber ist der Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Lebenserzählung. Die Künstlerin Giulia selbst wird nicht müde, ihre Erfolge auf der Bühne und bei den Männern zu beschwören, ihre Pläne auszubreiten, die ihr endgültig den großen Ruhm einbringen werden. Sie arbeitet an der Erfolgsgeschichte ihres Lebens, egal ob sie in Berlin unter großen Opfern ihre dürftige Stimme ausbilden lässt oder ob sie sich in New York durch das Nähen von Brokatkissen notdürftig ernährt.

Dargeboten wird das Leben Giulias von einem Erzähler, der ihr nahesteht, aber klarmacht, dass ihre Selbstdarstellung auf einer Täuschung beruht. Eine Versöhnung der Poesie des Herzens mit der Prosa der Verhältnisse gibt es nur in den Lebenslügen der Künstlerin. Er, der selbst manchmal abgelenkte und unaufmerksame Erzähler, zeichnet in seinen einander überlagernden Erinnerungssequenzen eine durch winterliche Städte getriebene, aufsteigende und absteigende, begehrte und verlassene Frau. Er zeichnet ein Leben mit immer wiederkehrenden Szenen vor und hinter der Bühne, aber ohne eigentliche Entwicklung und festen Grund.

Dem entspricht die Art des Erzählens: episodisch, sprunghaft und ohne kontinuierlichen Handlungsverlauf. Der Erzähler arrangiert die Geschichte Giulias mit großer Nonchalance gegenüber den Gesetzen der zeitlichen Abfolge. In den Schilderungen der süßen Siebzehnjährigen blitzt schon das Alter auf. Seine Abschweifungen und Assoziationen führen vor und zurück, bis dem Leser schwindelt. Manchmal wechseln die Zeitebenen von Absatz zu Absatz, von Satz zu Satz. Genauso abrupt verändert der Erzähler seinen Standort und die Perspektive: Mal ist er der Protagonistin, mal ihren zahlreichen Geliebten und anderen Nebenfiguren in erlebter Rede nahe. Dann spricht er von sich oder räsoniert über die Abgründe, die Masken und Rollen der verhinderten Diva.

Anzunehmen ist, dass die Autorin die seit den zwanziger Jahren anhaltenden Debatten um die Erneuerung des Romans und die Krise des Erzählens kannte. Sie wusste um die Versuche moderner Autoren von Proust bis Joyce, mit neuen literarischen Techniken auf immer stärker werdende Zweifel zu reagieren: Zweifel an der Verlässlichkeit des wahrnehmenden Subjekts, Zweifel an der Möglichkeit, die Realität in eine kohärente Darstellung zu bringen. Von diesen Zweifeln zeugt die beständige Selbstthematisierung des Romans. Der Erzähler weist den Leser ausdrücklich darauf hin, dass das Leben Giulias ein den traditionellen Künstlerroman unterlaufendes literarisches Artefakt ist, nicht einfach in den Griff zu bekommen, ein Raum der Möglichkeiten. Relativierungen durchziehen den Roman ebenso wie das Spiel mit wiederkehrenden Ereignissen und Motiven. Wiederholungen rhythmisieren ihn und tragen zu seinen poetischen Qualitäten bei.

"Bel Canto" ist kein schöner, eher ein dissonanter Gesang, sehr reizvoll, wenn auch manchmal etwas überspannt. Mit ihm trat Milada Soucková in den Strom der modernen Literatur ihrer Zeit ein. In der tschechischen Nationalliteratur gehört sie damit zu den Ausnahmen - dies betont das Nachwort des Übersetzers Eduard Schreiber, der sich an einigen Stellen des Textes leider grammatische Inkongruenzen und unsaubere Satzanschlüsse leistet. Lange Zeit war Milada Soucková aus dem Bewusstsein ihrer Landsleute verschwunden. Nach dem Krieg blieb sie im amerikanischen Exil. Dort vermittelte sie als Lektorin in Harvard und an den Universitäten von Chicago und Berkeley slawische Literatur. Ihre eigenen, auch in Amerika entstandenen Texte sind erst seit den neunziger Jahren in einer Werkausgabe wieder zugänglich. Nun liegt das zweite Buch der Autorin in deutscher Sprache vor. Es zeigt eine tschechische Facette der klassischen Moderne und einen scheiternden Versuch, die Ziellosigkeit des menschlichen Daseins mit der immerwährenden Hoffnung auf den nächsten Erfolg zu überspielen.

SANDRA KERSCHBAUMER

Milada Soucková: "Bel Canto". Roman.

Aus dem Tschechischen von Eduard Schreiber. Matthes & Seitz, Berlin 2010. 310 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Sehr kundig erzählt Alena Wagnerova zunächst die faszinierende Geschichte der Autorin, die manche Abgründe des 20. Jahrhunderts durchschritten hat, und würdigt ihren Roman "Bel Canto", der nicht immer einfach zu lesen, aber auf jeden Fall eine Entdeckung zu sein scheint. Souckova war eine große Außenseiterin der tschechischen Literatur, erzählt Wagnerova. Während des Krieges stand sie der "Gruppe 42" um Jiri Kolar nahe. Für das Manuskript ihres Romans "Bel Canto" erhielt sie 1943 einen renommierten tschechischen Literaturpreis. Danach war sie tschechischer Kulturattache in den USA und blieb im Exil, nachdem die Kommunisten in der CSSR die Macht an sich gerissen hatten. "Bel Canto" ist nach Wagnerova an Joyce und Woolf geschult. Eine erfolglose Opernsängerin träumt von Triumphen beim Publikum und bei Männern, die sie nie hatte, und ihre Erzählung ist doppelt gebrochen, weil sie uns nicht direkt erzählt wird, sondern ironisch weiter getratscht von dem männlichen Ich-Erzähler, dem sich die Sängerin anvertraute. Es ist eine Schule des Erzählens, sagt Wagnerova, ein ständiger Perspektivenwechsel. Ausdrücklich lobt sie die Übersetzung durch  Eduard Schreiber.

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