Zahlreiche Biografien wurden über Benedikt XVI. geschrieben. Doch Elio Guerriero gelingt es, eine einzigartige Perspektive einzunehmen und das Leben des Joseph Ratzinger mit seinem reichen theologischen Schaffen zu verknüpfen. Die Biografie des italienischen Bestsellerautors präsentiert das große Vermächtnis des emeritierten Papstes. Sie erzählt aus seinem privaten Alltag und von den Höhen und Tiefen in seinem Wirken als Professor, Erzbischof von München und Freising, als langjähriger Vorsitzender der Glaubenskongregation, und später als Bischof von Rom bis hin zu den Tagen nach seinem Rücktritt vom Pontifikat. Eine solche Zusammenschau kann nur jemandem gelingen, der wie Guerriero Benedikt XVI. schon lange kennt und begleitet.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2018Hat Rom denn immer recht?
Mit hagiographischem Grundton, aber Sinn für einen eminenten Theologen: Elio Guerriero legt eine fast offizielle Biographie Papst Benedikts XVI. vor.
Joseph Ratzinger, von 2005-2013 als Benedikt XVI. Oberhaupt der katholischen Kirche, ist ohne Zweifel eine der prägenden Gestalten der zeitgenössischen Theologie und Kirche. Umso mehr muss es überraschen, dass es bislang keine umfassende deutschsprachige Biographie. vorlag. Nun liegt die ursprünglich 2016 erschienene Darstellung des italienischen Theologen und Schriftstellers Elio Guerriero in deutscher Übersetzung vor. Auch wenn seine Biographie nicht offiziell autorisiert ist, hat sie doch etwas Offiziöses: Papst Franziskus hat ein Vorwort beigesteuert und sein Vorgänger hat dem Autor ein Interview gewährt. Die Erwartungen sind also hoch gesteckt.
Bis zum Jahr 1977 kann sich der Autor auf Ratzingers Autobiographie "Aus meinem Leben" stützen. Der spätere Papst wurde 1927 als Sohn eines Gendarmen im bayerischen Ort Marktl geboren. Der Leser erfährt, dass der schon 43-jährige Vater seine Frau durch eine Annonce im "Altöttinger Liebfrauenboten" fand, mit der er ein "gutes katholisches Mädchen, das gut kochen kann und auch im Nähen etwas bewandert ist", suchte. Die Familie blieb stets ein wichtiger Bezugspunkt für Ratzinger. Noch heute hat er ein enges Verhältnis zu seinem Bruder Georg, der lange Jahre die Regensburger Domspatzen leitete.
Auf das Theologiestudium folgt bei Joseph Ratzinger die Promotion in München und ein Einsatz als Dozent in Freising. Wichtige Autoren werden ihm Augustinus und Bonaventura. Eine neue, bestechend prägnante Sprache jenseits der neuscholastischen Schultheologie sichert ihm schon früh die Aufmerksamkeit des Publikums. Viel Beachtung wird sein Werk "Einführung in das Christentum" (1968) finden. Hier lässt er sich von dem Gedanken leiten, dass Vernunft und Glaube einander nicht widersprechen und es daher auch dem modernen Menschen möglich sei, die Schönheit und Wahrheit des Glaubens zu erfassen. "Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen" (so der Titel seiner Antrittsvorlesung) wird ihm zum zentralen Thema. Europa sei von den Fixpunkten Athen, Jerusalem und Rom her zu verstehen, als Synthese zwischen jüdisch-christlicher und antiker Kultur.
Die weitere akademische Karriere schien gefährdet, als die erste Fassung seiner Habilitationsschrift zurückgewiesen wurde. Doch schon bald begann eine glänzende Laufbahn, die den jungen Mann an die Universitäten in Bonn, Münster und Tübingen führte. Seine Reputation wurde noch dadurch gemehrt, dass er als Berater des Kölner Kardinals Frings am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teilnehmen durfte. Auf der Reformsynode, die eine umfassende Erneuerung der Kirche in Gang setzen sollte, leistete er einen anerkannten Beitrag zur Neubestimmung des Offenbarungsbegriffs.
Guerriero zeigt, dass der Weggang an die neugegründete Universität Regensburg im Jahr 1969 keine "Flucht" aus dem von den Studentenunruhen geprägten Tübingen war, sondern eher eine Heimkehr nach Bayern. In jenen Jahren entstand das Klischee, er sei "vom Progressiven zum Konservativen geworden" und habe sich gegen die Reformen des Zweiten Vaticanums gestellt - in Wahrheit blieb ihm dieses ständiger Bezugspunkt. Mit fünfzig Jahren wurde Ratzinger Erzbischof von München und Kardinal. Johannes Paul II. übertrug ihm 1982 die Leitung der vatikanischen Glaubenskongregation, der ehemaligen "Inquisition". Aus der Arbeitsbeziehung der beiden Männer scheint am Ende so etwas wie persönliche Vertrautheit und Freundschaft entstanden zu sein.
Gut informiert zeigt sich Guerriero über die Amtszeit Benedikts XVI., der nach der langen Zeit des polnischen Papstes eher als Mann des Übergangs galt. Dabei ist es durchaus aufschlussreich, sich dem Pontifikat aus einer nicht-deutschen Sicht zu nähern und gewohnte Befindlichkeiten zurückzustellen. Nach schnell verflogener anfänglicher Euphorie beklagte Benedikt XVI. gerade in seinem Heimatland eine "sprungbereite Feindseligkeit". In Erinnerung bleibt die missverstandene Regensburger Rede, die an sich als Aufruf zur Toleranz und zu einem vernunftgeleiteten Dialog der Religionen gedacht war. Wir erfahren, dass es Benedikt XVI. in der Missbrauchsaffäre nicht an Konsequenz hat fehlen lassen.
Für die Versöhnung mit den Traditionalisten, die ihm am Herzen lag, durfte nicht die Treue zum Konzil geopfert werden. Sicher kam er diesen mit der Gleichstellung des alten Messritus entgegen, dessen Abschaffung durch Paul VI. er selbst mit "Bestürzung" erlebt hatte. In der Kurie griff er nicht so hart durch, wie viele es erwartet hätten. Manche Einschätzung des Biographen mag man nicht teilen, etwa die Kritik an Kardinalstaatssekretär Sodano oder die positive Würdigung von dessen Nachfolger Bertone. In der Kurie geriet jedenfalls etwas aus den Fugen, wie die Vatileaks-Affäre für alle Welt deutlich werden ließ.
Wenn Guerriero eine "Einsamkeit, die die letzten Jahre des Pontifikats Benedikts XVI. prägen sollte", ausmacht, wird das wohl zutreffen. Schuld haben bei ihm aber immer nur die anderen - nicht einmal zwischen den Zeilen wird Kritik am Papst im Ruhestand geäußert. Dieser ist übrigens kein "Emeritus", wie es das Vorwort nahelegt, denn ein solcher behält als Hochschullehrer seine akademischen Rechte oder als Bischof die mit seiner Weihe verbundenen Vollmachten. Soll das etwa mit dem beigegebenen Hinweis auf die "Kontinuität des Petrusdienstes" suggeriert werden?
Joseph Ratzinger verstand sich zeit seines öffentlichen Wirkens als Theologe, und er blieb es auch in seinen römischen Jahrzehnten. Als Kurienkardinal, ja selbst als Papst legte er eigenständige Werke vor, zuletzt die Trilogie "Jesus von Nazareth". Auch die großen Lehrschreiben des Papstes lassen die Handschrift des Theologen erkennen, ja in den zwei Jahrhunderten zuvor hat es keinen vergleichbar profilierten "Theologenpapst" gegeben. Eine Biographie muss daher auch Werkbiographie sein. Sicherlich gut gemeint, doch ermüdend langatmig werden in diesem Band theologische Einsichten vorgetragen, in einem kaum zumutbaren, von Sprachfehlern und Italianismen durchzogenen Stil. Einem Sprachästheten, wie es Ratzinger ist, wird das sicher nicht gerecht.
Tendenziell entschärft wird die spannende Frage, wie jemand, der zuvor als Theologe Partei war und nun als Glaubenspräfekt und Papst doch eigentlich supra partes steht, sich weiterhin theologisch positionieren kann. Inwieweit waren kuriale und päpstliche Weichenstellungen, etwa die Verurteilung der südamerikanischen, vermeintlich Kommunismus-affinen Theologie der Befreiung, von Grundannahmen des Theologen Joseph Ratzinger bestimmt? Damit zusammenhängend fällt auf, dass der Autor für Positionen, die von denen seines Helden abweichen, wenig Verständnis aufbringt. Um nur einige Beispiele zu nennen: Hans Küng habe einen Weg eingeschlagen, "der ihn zunehmend von der katholischen Theologie und Kirche entfernte". Gegen Rom protestierende Theologen (wie in der "Kölner Erklärung" von 1989) kommen "aus der Deckung", hätten aber bei ihren "Angriffen" doch nur die örtliche Situation und die aktuelle Lage im Blick, nicht aber das Wohl der ganzen Kirche. Kirchliche Institutionen wie die deutschen Schwangerschaftskonfliktberatungen handelten "nicht mehr im Sinne des Christentums". Stattdessen vereinnahmt der Autor seinen Kirchenmann für die neuen geistlichen Bewegungen in der Kirche, denen er selbst angehört.
Durchweg herrscht in diesem Buch ein hagiographischer Grundton vor. Guerriero fehlt die objektivierende Distanz zu seinem Gegenstand, er bewundert und will zum Bewundern anhalten. Zu einer kritischen Biographie gehört aber, dass sie die Leistungen einer Persönlichkeit aufzeigt, ohne die Grenzen, an die sie gestoßen ist, zu verschweigen. Das schmälert nicht die unbestreitbaren Verdienste eines Jahrhunderttheologen - im Gegenteil. Ratzingers Autobiographie und die Seewald-Interviews bleiben also als wichtige Ego-Dokumente bis auf weiteres unverzichtbar, um das Denken und Wirken dieses Mannes zu verstehen.
JÖRG ERNESTI
Elio Guerriero: "Benedikt XVI". Die Biografie. Mit einem Vorwort von Papst Franziskus und einem Interview mit Benedikt XVI.
Herder Verlag, Freiburg 2018. 656 S., geb., 38,- [Euro].
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Mit hagiographischem Grundton, aber Sinn für einen eminenten Theologen: Elio Guerriero legt eine fast offizielle Biographie Papst Benedikts XVI. vor.
Joseph Ratzinger, von 2005-2013 als Benedikt XVI. Oberhaupt der katholischen Kirche, ist ohne Zweifel eine der prägenden Gestalten der zeitgenössischen Theologie und Kirche. Umso mehr muss es überraschen, dass es bislang keine umfassende deutschsprachige Biographie. vorlag. Nun liegt die ursprünglich 2016 erschienene Darstellung des italienischen Theologen und Schriftstellers Elio Guerriero in deutscher Übersetzung vor. Auch wenn seine Biographie nicht offiziell autorisiert ist, hat sie doch etwas Offiziöses: Papst Franziskus hat ein Vorwort beigesteuert und sein Vorgänger hat dem Autor ein Interview gewährt. Die Erwartungen sind also hoch gesteckt.
Bis zum Jahr 1977 kann sich der Autor auf Ratzingers Autobiographie "Aus meinem Leben" stützen. Der spätere Papst wurde 1927 als Sohn eines Gendarmen im bayerischen Ort Marktl geboren. Der Leser erfährt, dass der schon 43-jährige Vater seine Frau durch eine Annonce im "Altöttinger Liebfrauenboten" fand, mit der er ein "gutes katholisches Mädchen, das gut kochen kann und auch im Nähen etwas bewandert ist", suchte. Die Familie blieb stets ein wichtiger Bezugspunkt für Ratzinger. Noch heute hat er ein enges Verhältnis zu seinem Bruder Georg, der lange Jahre die Regensburger Domspatzen leitete.
Auf das Theologiestudium folgt bei Joseph Ratzinger die Promotion in München und ein Einsatz als Dozent in Freising. Wichtige Autoren werden ihm Augustinus und Bonaventura. Eine neue, bestechend prägnante Sprache jenseits der neuscholastischen Schultheologie sichert ihm schon früh die Aufmerksamkeit des Publikums. Viel Beachtung wird sein Werk "Einführung in das Christentum" (1968) finden. Hier lässt er sich von dem Gedanken leiten, dass Vernunft und Glaube einander nicht widersprechen und es daher auch dem modernen Menschen möglich sei, die Schönheit und Wahrheit des Glaubens zu erfassen. "Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen" (so der Titel seiner Antrittsvorlesung) wird ihm zum zentralen Thema. Europa sei von den Fixpunkten Athen, Jerusalem und Rom her zu verstehen, als Synthese zwischen jüdisch-christlicher und antiker Kultur.
Die weitere akademische Karriere schien gefährdet, als die erste Fassung seiner Habilitationsschrift zurückgewiesen wurde. Doch schon bald begann eine glänzende Laufbahn, die den jungen Mann an die Universitäten in Bonn, Münster und Tübingen führte. Seine Reputation wurde noch dadurch gemehrt, dass er als Berater des Kölner Kardinals Frings am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teilnehmen durfte. Auf der Reformsynode, die eine umfassende Erneuerung der Kirche in Gang setzen sollte, leistete er einen anerkannten Beitrag zur Neubestimmung des Offenbarungsbegriffs.
Guerriero zeigt, dass der Weggang an die neugegründete Universität Regensburg im Jahr 1969 keine "Flucht" aus dem von den Studentenunruhen geprägten Tübingen war, sondern eher eine Heimkehr nach Bayern. In jenen Jahren entstand das Klischee, er sei "vom Progressiven zum Konservativen geworden" und habe sich gegen die Reformen des Zweiten Vaticanums gestellt - in Wahrheit blieb ihm dieses ständiger Bezugspunkt. Mit fünfzig Jahren wurde Ratzinger Erzbischof von München und Kardinal. Johannes Paul II. übertrug ihm 1982 die Leitung der vatikanischen Glaubenskongregation, der ehemaligen "Inquisition". Aus der Arbeitsbeziehung der beiden Männer scheint am Ende so etwas wie persönliche Vertrautheit und Freundschaft entstanden zu sein.
Gut informiert zeigt sich Guerriero über die Amtszeit Benedikts XVI., der nach der langen Zeit des polnischen Papstes eher als Mann des Übergangs galt. Dabei ist es durchaus aufschlussreich, sich dem Pontifikat aus einer nicht-deutschen Sicht zu nähern und gewohnte Befindlichkeiten zurückzustellen. Nach schnell verflogener anfänglicher Euphorie beklagte Benedikt XVI. gerade in seinem Heimatland eine "sprungbereite Feindseligkeit". In Erinnerung bleibt die missverstandene Regensburger Rede, die an sich als Aufruf zur Toleranz und zu einem vernunftgeleiteten Dialog der Religionen gedacht war. Wir erfahren, dass es Benedikt XVI. in der Missbrauchsaffäre nicht an Konsequenz hat fehlen lassen.
Für die Versöhnung mit den Traditionalisten, die ihm am Herzen lag, durfte nicht die Treue zum Konzil geopfert werden. Sicher kam er diesen mit der Gleichstellung des alten Messritus entgegen, dessen Abschaffung durch Paul VI. er selbst mit "Bestürzung" erlebt hatte. In der Kurie griff er nicht so hart durch, wie viele es erwartet hätten. Manche Einschätzung des Biographen mag man nicht teilen, etwa die Kritik an Kardinalstaatssekretär Sodano oder die positive Würdigung von dessen Nachfolger Bertone. In der Kurie geriet jedenfalls etwas aus den Fugen, wie die Vatileaks-Affäre für alle Welt deutlich werden ließ.
Wenn Guerriero eine "Einsamkeit, die die letzten Jahre des Pontifikats Benedikts XVI. prägen sollte", ausmacht, wird das wohl zutreffen. Schuld haben bei ihm aber immer nur die anderen - nicht einmal zwischen den Zeilen wird Kritik am Papst im Ruhestand geäußert. Dieser ist übrigens kein "Emeritus", wie es das Vorwort nahelegt, denn ein solcher behält als Hochschullehrer seine akademischen Rechte oder als Bischof die mit seiner Weihe verbundenen Vollmachten. Soll das etwa mit dem beigegebenen Hinweis auf die "Kontinuität des Petrusdienstes" suggeriert werden?
Joseph Ratzinger verstand sich zeit seines öffentlichen Wirkens als Theologe, und er blieb es auch in seinen römischen Jahrzehnten. Als Kurienkardinal, ja selbst als Papst legte er eigenständige Werke vor, zuletzt die Trilogie "Jesus von Nazareth". Auch die großen Lehrschreiben des Papstes lassen die Handschrift des Theologen erkennen, ja in den zwei Jahrhunderten zuvor hat es keinen vergleichbar profilierten "Theologenpapst" gegeben. Eine Biographie muss daher auch Werkbiographie sein. Sicherlich gut gemeint, doch ermüdend langatmig werden in diesem Band theologische Einsichten vorgetragen, in einem kaum zumutbaren, von Sprachfehlern und Italianismen durchzogenen Stil. Einem Sprachästheten, wie es Ratzinger ist, wird das sicher nicht gerecht.
Tendenziell entschärft wird die spannende Frage, wie jemand, der zuvor als Theologe Partei war und nun als Glaubenspräfekt und Papst doch eigentlich supra partes steht, sich weiterhin theologisch positionieren kann. Inwieweit waren kuriale und päpstliche Weichenstellungen, etwa die Verurteilung der südamerikanischen, vermeintlich Kommunismus-affinen Theologie der Befreiung, von Grundannahmen des Theologen Joseph Ratzinger bestimmt? Damit zusammenhängend fällt auf, dass der Autor für Positionen, die von denen seines Helden abweichen, wenig Verständnis aufbringt. Um nur einige Beispiele zu nennen: Hans Küng habe einen Weg eingeschlagen, "der ihn zunehmend von der katholischen Theologie und Kirche entfernte". Gegen Rom protestierende Theologen (wie in der "Kölner Erklärung" von 1989) kommen "aus der Deckung", hätten aber bei ihren "Angriffen" doch nur die örtliche Situation und die aktuelle Lage im Blick, nicht aber das Wohl der ganzen Kirche. Kirchliche Institutionen wie die deutschen Schwangerschaftskonfliktberatungen handelten "nicht mehr im Sinne des Christentums". Stattdessen vereinnahmt der Autor seinen Kirchenmann für die neuen geistlichen Bewegungen in der Kirche, denen er selbst angehört.
Durchweg herrscht in diesem Buch ein hagiographischer Grundton vor. Guerriero fehlt die objektivierende Distanz zu seinem Gegenstand, er bewundert und will zum Bewundern anhalten. Zu einer kritischen Biographie gehört aber, dass sie die Leistungen einer Persönlichkeit aufzeigt, ohne die Grenzen, an die sie gestoßen ist, zu verschweigen. Das schmälert nicht die unbestreitbaren Verdienste eines Jahrhunderttheologen - im Gegenteil. Ratzingers Autobiographie und die Seewald-Interviews bleiben also als wichtige Ego-Dokumente bis auf weiteres unverzichtbar, um das Denken und Wirken dieses Mannes zu verstehen.
JÖRG ERNESTI
Elio Guerriero: "Benedikt XVI". Die Biografie. Mit einem Vorwort von Papst Franziskus und einem Interview mit Benedikt XVI.
Herder Verlag, Freiburg 2018. 656 S., geb., 38,- [Euro].
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