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Die touristische Saison ist vorbei, die Promenade ist leer und der Brexit steht vor der Tür, als Benita Suchodrev in die britische Küstenstadt Blackpool zurückkehrt, um die verborgene Realität hinter der berühmten Vergnügungsmeile zu fotografieren. Sie führt uns in lokale Kirchen, Suppenküchen, Jugendunterkünfte, Altersheime und verarmte Viertel, trifft auf bizarre Gestalten, minderjährige Mütter, Drogenabhängige, Künstler und Eremiten. Sie fotografiert Fremde auf Bahnsteigen, Obdachlose in zerrissenen Lumpen, die sich unter einer dunklen Überführung an Schinkensandwich und Kaffee erfreuen,…mehr

Produktbeschreibung
Die touristische Saison ist vorbei, die Promenade ist leer und der Brexit steht vor der Tür, als Benita Suchodrev in die britische Küstenstadt Blackpool zurückkehrt, um die verborgene Realität hinter der berühmten Vergnügungsmeile zu fotografieren. Sie führt uns in lokale Kirchen, Suppenküchen, Jugendunterkünfte, Altersheime und verarmte Viertel, trifft auf bizarre Gestalten, minderjährige Mütter, Drogenabhängige, Künstler und Eremiten. Sie fotografiert Fremde auf Bahnsteigen, Obdachlose in zerrissenen Lumpen, die sich unter einer dunklen Überführung an Schinkensandwich und Kaffee erfreuen, verrammelte Ladenfronten und verlassene Gassen in einer regnerischen Nacht.Poetisch, rau und authentisch ist "Of Lions and Lambs" die Fortsetzung von Suchodrevs erfolgreichem Debüt "48 Hours Blackpool" (Kehrer Verlag 2018), die Fortsetzung einer Geschichte, die dort beginnt, wo Illusionen enden.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2021

Blackpool

In dem englischen Seebad findet nicht jeder seinen Spaß, zeigt die Fotografin Benita Suchodrev.

Von Freddy Langer

Die Stadt Blackpool im Sommer: das ist ein Hort des Vergnügens, zumindest für jene, die Frohsinn mit dem Besuch von Spielhöllen verbinden, die Fastfood für eine große Errungenschaft halten, Bier nicht allein gegen den Durst trinken und der Idee nicht abgeneigt sind, sich spontan tätowieren zu lassen. Es spricht vieles dafür, dass der Ort im Laufe seiner mehr als zweihundertjährigen Geschichte als Seebad bessere Zeiten erlebt hat. Nicht zuletzt eine zwar verkleinerte Kopie des Eiffelturms, die dennoch die Ausgehmeile weit überragt, kündet davon. Jetzt trifft sich hier vor allem die "Working Class" der noch immer sehr klassenbewusst denkenden englischen Gesellschaft, um in die zwei, drei Tage eines Wochenendes so viel Spaß wie irgend möglich zu quetschen. Nicht selten hat er vorzeitig ein Ende.

Benita Suchodrev hat Blackpool besucht, um dort den Fotografen Miron Zownir zu treffen, womit alles über Blackpool gesagt ist, denn Zownir ist nicht eben bekannt dafür, sich der sonnigen Seite des Lebens zu widmen. Aber dann entwickelte sie ein eigenes Interesse an dem bizarren Trubel entlang der Promenade und in den vielen Seitengassen und begann wie im Rausch zu fotografieren, oft aus der Hüfte, also unbemerkt, und meist dicht dran an den Kurzurlaubern, in deren Gesichtern sich kaum je Freude zeigt, sondern eher ein Moment von Zweifel, auch von Verzweiflung. "Es hat mich bewegt", sagt Benita Suchodrev und kann kaum erklären, was genau in ihr vorgegangen ist.

"48 Hours Blackpool" heißt der Fotoband, den sie vor einigen Jahren mit ihrem Material zusammengestellt hat, eine erschreckende Dokumentation, die in harten Schwarzweißkontrasten von einem Leben berichtet, in dem auch in der Freizeit mit harten Bandagen gekämpft wird. Und damit hätte es gut sein können. Aber dann fuhr Benita Suchodrev noch einmal hin, für ein paar Tage im Februar.

Die Stadt Blackpool im Winter: das ist eine eisig-kalte Welt, viele der Läden, Pubs und Restaurants sind geschlossen, die Straßen verwaist. Oder fast zumindest. Doch tritt in dem leeren Stadtbild das Elend des Orts nur umso deutlicher zutage. Benita Suchodrev begegnete Menschen, denen es von Wohnraum und Geld bis zu den Zähnen an allem fehlt. Jungen Drogenabhängigen und alternden Prostituierten. Betrunkenen im Rinnstein, Irren in Hauseingängen, Obdachlosen in der Suppenküche - darunter Menschen, wie sie erfuhr, die nach Blackpool gekommen waren, weil sie sich an glückliche Momente in ihrer Kindheit erinnert hatten, an den Spaß zwischen den Fahrgeschäften und den Kiosken mit den knallbunten Zuckerstangen. Doch die Rückkehr nach all den Jahren gab ihnen bestenfalls einen Vorgeschmack auf die Hölle. Und Benita Suchodrev fühlte sich mehr als einmal wie unterwegs in einer verbotenen Zone. "Mich interessiert das Verborgene", gesteht sie, "Menschen zu begegnen, die man sonst nicht trifft." Dabei möchte sie keineswegs Botschaften vermitteln. Ihre Aufnahmen werden zum Protokoll starker Gefühle. "Positiver wie negativer Emotionen", sagt sie. Als sie der Zufall in einen dekadenten Maskenball der besseren Gesellschaft führte, fotografierte sie weiter - und gab zu erkennen, wem ihre Sympathie gilt.

"Of Lions and Lambs" von Benita Suchodrev. Kehrer Verlag, Heidelberg 2020. 368 Seiten, 206 Fotografien. Gebunden, 48 Euro.

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