Spätestens seit im Frühjahr 2020 Lebensmittel in den Supermärkten knapp wurden, kennen wir alle dieses Gefühl der Unsicherheit: Müssen wir uns Sorgen machen, dass unser Versorgungssystem gefährdet ist? War das umfassende Vorsorgen, Preppen genannt, bis dahin einer kleinen Minderheit vorbehalten - die Coronakrise hat das Thema Krisenvorsorge zu einem Massenphänomen gemacht. Was passiert, wenn wir eines Tages ganz auf uns allein gestellt sind? Was, wenn die Infrastruktur zusammenbricht, der Strom ausfällt und die Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet ist?
Die prämierte Autorin beleuchtet eine Bewegung, die weitaus vielfältiger ist als oft vermutet und sich bis weit in die Mitte der Gesellschaft zieht: Prepper sind Sonderlinge, Außenseiter mit Hang zur Weltuntergangsstimmung, Verschwörungsideologen, Reichsbürger, Rechtsextreme und militaristisch eingestellte Pfadfindernaturen, aber auch viele ganz normale Bürger, die sich gemäß der Regierungsempfehlungen auf schwere Zeiten einstellen. In ihren Augen ist auf den Staat kein Verlass mehr, das Gemeinwesen zerfällt, der Einzelne muss die Initiative ergreifen, um sich auf die kommende Apokalypse vorzubereiten. Sie ziehen sich meist zurück aufs Land, sorgen auch finanziell vor, um kommende Engpässe zu überbrücken, oder werden zu »Werwölfen«, die auf die Krise, den Tag X warten, um die Macht an sich zu reißen und die Städte zu plündern.
Preppen mag vielen als skurriles Hobby erscheinen. Tatsächlich spiegeln sich in der Szene die sozialen Ängste des Mittelstandes in einer zunehmend vernetzten, digitalisierten und globalisierten Gesellschaft.
Die prämierte Autorin beleuchtet eine Bewegung, die weitaus vielfältiger ist als oft vermutet und sich bis weit in die Mitte der Gesellschaft zieht: Prepper sind Sonderlinge, Außenseiter mit Hang zur Weltuntergangsstimmung, Verschwörungsideologen, Reichsbürger, Rechtsextreme und militaristisch eingestellte Pfadfindernaturen, aber auch viele ganz normale Bürger, die sich gemäß der Regierungsempfehlungen auf schwere Zeiten einstellen. In ihren Augen ist auf den Staat kein Verlass mehr, das Gemeinwesen zerfällt, der Einzelne muss die Initiative ergreifen, um sich auf die kommende Apokalypse vorzubereiten. Sie ziehen sich meist zurück aufs Land, sorgen auch finanziell vor, um kommende Engpässe zu überbrücken, oder werden zu »Werwölfen«, die auf die Krise, den Tag X warten, um die Macht an sich zu reißen und die Städte zu plündern.
Preppen mag vielen als skurriles Hobby erscheinen. Tatsächlich spiegeln sich in der Szene die sozialen Ängste des Mittelstandes in einer zunehmend vernetzten, digitalisierten und globalisierten Gesellschaft.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ein wenig ratlos ist Rezensent Thomas Balbierer angesichts des Phänomens der "Prepper" und wie sie hier vorgestellt werden - nämlich als Ansammlung sehr disparater Gruppierungen, in der sich gewaltbereite Neo-Nazis ebenso finden wie diverse Aussteiger, Rentner und Hartz-IV-Empfänger, Frauen wie Männer. Anfangs sei die Darstellung sogar fast sympathisierend, schließlich seien Weltuntergangsszenarien angesichts von "explodierenden Bevölkerungszahlen und schwindenden Ressourcen" nicht völlig abwegig. Je näher sich die Autorin dann jedoch durch Besuche und Gespräche mit bekannten Preppern befasst, desto unheimlicher wird dem Kritiker zumute beim Blick auf deren Wahnvorstellungen und Gewaltfantasien, Waffenlager und Leichensack-Depots. Was diese Leute wirklich miteinander verbindet, ist dem Kritiker am Ende der Lektüre leider aus dem Blick geraten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2021Lust an der Katastrophe
Gabriela Keller sieht sich unter Preppern um
Menschen, die sich im Übermaß mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln eindecken, gibt es nicht erst seit dem Beginn der Corona-Epidemie. Schon in den siebziger Jahren begannen sogenannte Prepper damit, sich auf jede denkbare Katastrophe vorzubereiten, indem sie Vorräte anlegten. Diesem Phänomen geht die Journalistin Gabriela Keller in ihrem Buch auf den Grund.
Gemeinsam haben die Anhänger der heterogenen Szene, mit der sie bekanntmacht, oft nur, dass sie sich auf einen Tag X vorbereiten, an dem sich alles ändern werde. Prepper bunkern deswegen Nahrung, Werkzeuge und Funkgeräte, nehmen an Überlebenstrainings teil und kaufen sich Notstromaggregate oder gleich unterirdische Bunker. Auf der einen Seite gibt es Keller zufolge harmlose Prepper, die als Selbstversorger in kleiner Gemeinschaft auf dem Land leben wollen. Auf der anderen Seite stehen Verschwörungstheoretiker und Rechtsextreme, die sich in dubiosen Chatgruppen über den Zusammenbruch des Systems austauschen und sich ausmalen, wie sie nach dem Kollaps die Herrschaft übernehmen und politische Gegner beseitigen.
Die Autorin hat zahlreiche Gespräche mit Preppern in ganz Deutschland geführt, an Survivalkursen teilgenommen, Youtube-Kanäle durchforstet und beim anonymisierten Messenger-Dienst Telegram recherchiert. Insofern bietet ihr Buch einen guten Überblick über das Phänomen und die Szene. Die teils skurrilen Aussagen der vielen Gesprächspartner werden durch Analysen, Erklärungen und Einordnungen ergänzt. Gabriela Keller führt vor Augen, wohin die von zahlreichen Preppern geteilten Emotionen zwischen Angst, Misstrauen und Unzufriedenheit führen können - in eine "mal mehr, mal weniger kaschierte Katastrophenlust".
giar.
Gabriela Keller:
"Prepper". Bereit für
den Untergang.
Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2021.
236 S., geb., 18,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gabriela Keller sieht sich unter Preppern um
Menschen, die sich im Übermaß mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln eindecken, gibt es nicht erst seit dem Beginn der Corona-Epidemie. Schon in den siebziger Jahren begannen sogenannte Prepper damit, sich auf jede denkbare Katastrophe vorzubereiten, indem sie Vorräte anlegten. Diesem Phänomen geht die Journalistin Gabriela Keller in ihrem Buch auf den Grund.
Gemeinsam haben die Anhänger der heterogenen Szene, mit der sie bekanntmacht, oft nur, dass sie sich auf einen Tag X vorbereiten, an dem sich alles ändern werde. Prepper bunkern deswegen Nahrung, Werkzeuge und Funkgeräte, nehmen an Überlebenstrainings teil und kaufen sich Notstromaggregate oder gleich unterirdische Bunker. Auf der einen Seite gibt es Keller zufolge harmlose Prepper, die als Selbstversorger in kleiner Gemeinschaft auf dem Land leben wollen. Auf der anderen Seite stehen Verschwörungstheoretiker und Rechtsextreme, die sich in dubiosen Chatgruppen über den Zusammenbruch des Systems austauschen und sich ausmalen, wie sie nach dem Kollaps die Herrschaft übernehmen und politische Gegner beseitigen.
Die Autorin hat zahlreiche Gespräche mit Preppern in ganz Deutschland geführt, an Survivalkursen teilgenommen, Youtube-Kanäle durchforstet und beim anonymisierten Messenger-Dienst Telegram recherchiert. Insofern bietet ihr Buch einen guten Überblick über das Phänomen und die Szene. Die teils skurrilen Aussagen der vielen Gesprächspartner werden durch Analysen, Erklärungen und Einordnungen ergänzt. Gabriela Keller führt vor Augen, wohin die von zahlreichen Preppern geteilten Emotionen zwischen Angst, Misstrauen und Unzufriedenheit führen können - in eine "mal mehr, mal weniger kaschierte Katastrophenlust".
giar.
Gabriela Keller:
"Prepper". Bereit für
den Untergang.
Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2021.
236 S., geb., 18,- [Euro].
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