Die Berge als Reiseziel sind in den Jahrzehnten nach dem Ersten Weltkrieg von einer bis dahin kaum vorstellbaren Zahl von Menschen entdeckt worden. Die damals neuen Medien Rundfunk und Film vermittelten ihrem Publikum die Vorstellung einer heroischen Bergwelt, und das Bergsteigen selbst wurde extremer als jemals zuvor. Auch für den Alpen-verein führte diese Entwicklung zu erheblichen Veränderungen. Politisch positionierte er sich zunehmend deutschnational und antisemitisch und spielte damit eine wichtige Rolle bei der Durchdringung von Alltag und Freizeit mit nationalsozialistischem Gedankengut. Das reich bebilderte Buch führt in diese Zeit zurück und erzählt von großen alpinistischen Leistungen, aber auch von der Entwicklung des Bergsteigens zum Breitensport. Untersucht wird die politische Geschichte des Alpenvereins und seine besondere Stellung als staatsübergreifender Verband in Deutschland, Österreich und Südtirol. Darüber hinaus werden wesentliche Tätigkeitsfelder des Alpenvereins vorgestellt, die bis heute nicht an Bedeutung verloren haben: Naturschutz, Expeditionswesen, Wissenschaft und Bildung. Das Buch ist Ergebnis eines mehrjährigen Forschungsprojektes und präsentiert für ein breites, an der Bergwelt interessiertes Publikum wertvolles neues Wissen. Es bereichert die Faszination an den Bergen um eine historische Dimension.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Die Berge und die Politik. Das hier eine Beziehung besteht, weiß Michael Ott spätestens seit der Lektüre dieses Begleitbandes zur einer Schau im Münchner Alpinen Museum über das Verhältnis der Alpenvereine zu Weimarer Republik und um Nationalsozialismus. Das, wie er findet, hervorragend bebilderte Buch liest er als alpine Vereins- und Kulturgeschichte. Themen wie Expeditionsalpinismus und die Südtirol-Frage kommen vor, alles archivalisch sorgfältig recherchiert und entsprechend schwer lesbar mitunter, wie der Rezensent zugibt. Auch eine gewisse Begrenztheit des Blicks auf die politischen Codierungen fällt dem Rezensenten auf. Tendenzen gesellschaftlicher Modernisierung im Berg, meint er bedauernd, werden höchstens gestreift.
© Perlentaucher Medien GmbH
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