Der Franziskanermönch Diego de Landa, der etwa 30 Jahre auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán lebte, verfasste 1566 diese Chronik, in der er Lebensweise, Sitten und Bräuche der Maya schildert und ihre Schrift, ihre Zeitrechnung und ihre Bauwerke beschreibt. Diego de Landa war maßgeblich an der Zerstörung der Maya-Kultur beteiligt. Auch wenn er wenig für die fremde Kultur übrig hatte, ist sein 'Bericht aus Yucatán' noch heute ein zentrales Werk zum Verständnis der Maya.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.08.2008Die Ehrenrettung der Konquistadoren
Wer dreißig Jahre lang freiwillig in einem fernen Land in einer neuen Welt lebt, muss ihm irgendwann Sympathie entgegenbringen, andernfalls hielte er es nicht aus und führe heim. Der Franziskanermönch Diego de Landa blieb, ein halbes Leben lang als erster Bischof der mexikanischen Halbinsel Yucatán, und schrieb 1566 einen Bericht darüber, dessen Grundton eine oft unterschwellige, aber unüberhörbare Zuneigung ist. Landa offenbart sich nicht nur als Missionar, Gottesmann und Mitzerstörer der Maya-Kultur, sondern auch als Ethnologe, Anthropologe, Biologe und Botaniker, der präzise und ohne inquisitorischen Schaum vor dem Mund die Lebenswelt der Indios beschreibt: ihr Essen und Trinken, die Kleidung und Tätowierungen, Architektur, Landwirtschaft und soziale Hierarchie. Handwerk, Aberglaube, Medizin. "Die Indios haben die gute Sitte, sich bei all ihren Arbeiten gegenseitig zu unterstützen", schreibt Landa, und man hört heraus, dass es bei den spanischen Eroberern nicht so gewesen zu sein scheint. Er spricht von "grausamen Alligatoren", die Menschen verschlingen, doch selbst bei solchen dramatischen Ereignissen interessiert ihn die Wahrheit immer mehr als der Sensationalismus. Er fordert mit dem Selbstbewusstsein des Konquistadoren von den Mayas ewige Dankbarkeit, weil ihnen "Gott durch die Anwesenheit unserer spanischen Nation Gerechtigkeit, Christentum und Frieden gegeben" hat, doch nie käme er auf den Gedanken, ihre Menschenwürde in Frage zu stellen. Er sieht das Unrecht vor der Kolonisation, als sich die Indios "gegenseitig töteten, versklavten und dem Teufel opferten", ignoriert aber auch nicht die Ungerechtigkeiten der Spanier. Natürlich hat Diego de Landa eine christliche, eurozentristische Perspektive, doch sie ist nicht verzerrt vor Verachtung gegenüber den Einheimischen, und genau darin liegt der dokumentarische Wert der "Relación de las cosas de Yucatán": Sie zeigt, dass die Konquistadoren keine Philanthropen waren, aber eben auch keine Bestien.
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"Bericht aus Yucatán" von Diego de Landa. Philipp Reclam Verlag, Stuttgart 2007. 292 Seiten. Broschiert, 9,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer dreißig Jahre lang freiwillig in einem fernen Land in einer neuen Welt lebt, muss ihm irgendwann Sympathie entgegenbringen, andernfalls hielte er es nicht aus und führe heim. Der Franziskanermönch Diego de Landa blieb, ein halbes Leben lang als erster Bischof der mexikanischen Halbinsel Yucatán, und schrieb 1566 einen Bericht darüber, dessen Grundton eine oft unterschwellige, aber unüberhörbare Zuneigung ist. Landa offenbart sich nicht nur als Missionar, Gottesmann und Mitzerstörer der Maya-Kultur, sondern auch als Ethnologe, Anthropologe, Biologe und Botaniker, der präzise und ohne inquisitorischen Schaum vor dem Mund die Lebenswelt der Indios beschreibt: ihr Essen und Trinken, die Kleidung und Tätowierungen, Architektur, Landwirtschaft und soziale Hierarchie. Handwerk, Aberglaube, Medizin. "Die Indios haben die gute Sitte, sich bei all ihren Arbeiten gegenseitig zu unterstützen", schreibt Landa, und man hört heraus, dass es bei den spanischen Eroberern nicht so gewesen zu sein scheint. Er spricht von "grausamen Alligatoren", die Menschen verschlingen, doch selbst bei solchen dramatischen Ereignissen interessiert ihn die Wahrheit immer mehr als der Sensationalismus. Er fordert mit dem Selbstbewusstsein des Konquistadoren von den Mayas ewige Dankbarkeit, weil ihnen "Gott durch die Anwesenheit unserer spanischen Nation Gerechtigkeit, Christentum und Frieden gegeben" hat, doch nie käme er auf den Gedanken, ihre Menschenwürde in Frage zu stellen. Er sieht das Unrecht vor der Kolonisation, als sich die Indios "gegenseitig töteten, versklavten und dem Teufel opferten", ignoriert aber auch nicht die Ungerechtigkeiten der Spanier. Natürlich hat Diego de Landa eine christliche, eurozentristische Perspektive, doch sie ist nicht verzerrt vor Verachtung gegenüber den Einheimischen, und genau darin liegt der dokumentarische Wert der "Relación de las cosas de Yucatán": Sie zeigt, dass die Konquistadoren keine Philanthropen waren, aber eben auch keine Bestien.
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"Bericht aus Yucatán" von Diego de Landa. Philipp Reclam Verlag, Stuttgart 2007. 292 Seiten. Broschiert, 9,90 Euro.
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