Ein Innenminister gibt sich Rechenschaft über die Erziehung seines Enkels Bruno Collignon, durch dessen Machenschaften er soeben sein Amt verloren hat. Bruno wuchs bei ihm auf, doch schnell steigerten sich die persönlichen Auseinandersetzungen zum politischen Machtkampf: Reform stand gegen Revolte. Breitbachs atemberaubendes Drama über die Mechanismen der politischen Machtausübung ist heute noch so überzeugend wie bei seinem bejubelten Erscheinen 1962.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Tobias Haberkorn freut sich aufrichtig, dass mit "Bericht über Bruno" Joseph Breitbachs "wichtigstes", bereits 1962 erschienenes Buch wieder aufgelegt wurde. Für Haberkorn stellt es nicht nur das seltene Glück eines spannenden und klugen deutschen Politthrillers dar, sondern ist auch sehr "aufschlussreich". Breitbach schildert aus der Sicht des Großvaters die Entwicklung eines hochintelligenten, charakterlich aber unterentwickelten Heranwachsenden, der eine außerordentlich elitäre Erziehung genießt. Er wird zum Terroristen und treibt sein kleines Land beinah in den Bürgerkrieg, fasst Haberkorn zusammen. Der altherrenhafte, kühle Ton des Berichts, der fast durchgehend in indirekter Rede gehalten ist, vermittelt einen guten Eindruck vom Umgang mit Gefühlen in der Adenauerzeit, findet der Rezensent und entwickelt, wie er fasziniert feststellt, gegenüber dem "entsublimierten Loslabern" unserer Gegenwart einen ganz eigenen Reiz. Einen "literarischen Geheimtipp" hat Haberkorn auch noch entdeckt, nämlich die großartige Szene einer für den sowjetischen Botschafter veranstaltete Wildschweinjagd, die sich nicht zuletzt durch die Stimme des knochentrockenen Protokollanten zu einer "psychologischen Reifeprüfung" auswächst.
© Perlentaucher Medien GmbH
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