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In den Jahren 1993 bis 2005 wurde in Dresden die Frauenkirche wieder aufgebaut. Am Ende der Bauzeit wurden in einer Vortragsreihe in Dresden und Karlsruhe die dabei gewonnenen Einsichten und Erfahrungen wiedergegeben und zur Diskussion gestellt. Die Referenten der Vortragsreihe waren alle unmittelbar und direkt am Wiederaufbau der Frauenkirche beteiligt. Das Buch befasst sich mit Fachfragen, die fachlich korrekt und gleichzeitig verständlich für den baufachlichen Laien wiedergeben werden.

Produktbeschreibung
In den Jahren 1993 bis 2005 wurde in Dresden die Frauenkirche wieder aufgebaut. Am Ende der Bauzeit wurden in einer Vortragsreihe in Dresden und Karlsruhe die dabei gewonnenen Einsichten und Erfahrungen wiedergegeben und zur Diskussion gestellt. Die Referenten der Vortragsreihe waren alle unmittelbar und direkt am Wiederaufbau der Frauenkirche beteiligt. Das Buch befasst sich mit Fachfragen, die fachlich korrekt und gleichzeitig verständlich für den baufachlichen Laien wiedergeben werden.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2007

Die Narben werden blasser
Bei der Dresdner Frauenkirche wäre der Aufbau als Mauerwerk ohne Zugring nicht möglich gewesen

Der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche sollte dem Original folgen. Keine einfache Aufgabe, musste doch der Neubau den heute geltenden Anforderungen und Bedingungen an Statik und Brandschutz genügen. Die Kirche, exakt dem Vorbild folgend, wieder neu entstehen zu lassen schied damit aus. Veränderungen waren notwendig. So hat man etwa das Untergeschoss der Kirche mit einem Außenkeller aus Stahlbeton umschlossen und ist dabei dem alten Gemäuer ungebührlich nahe gekommen. Auch wurde es durchbrochen, um einen Durchgang herzustellen. Doch wie in den gerade erschienenen "Berichten vom Wiederaufbau der Frauenkirche zu Dresden" nachzulesen ist, stand im Zentrum der intensiv geführten Debatte um Art und Weise des Wiederaufbaus die Frage, mit welchem "System" das vom Baumeister George Bähr vor nicht ganz drei Jahrhunderten geplante Bauwerk so ertüchtigt werden kann, dass lange vor der Zerstörung als Folge des Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945 aufgetretene Baumängel vermieden werden können.

Mehrere Lösungen standen zur Diskussion. Ihre Protagonisten stritten heftig, und selbst Freundschaften wurden auf eine harte Probe gestellt. "Gesiegt" hat der auf die Erhaltung und den Wiederaufbau historischer Bauten spezialisierte Karlsruher Tragwerksplaner Fritz Wenzel. Er ist es auch, der diese selbst für Laien gut verständliche Zusammenstellung von Fachbeiträgen zu fast allen für den Wiederaufbau der Frauenkirche relevanten Themen herausgegeben hat: Es wird das Prinzip der archäologischen Enttrümmerung und die photogrammatische Erfassung des Trümmerbergs erläutert. Geschildert wird das millimetergenaue Herstellen der neuen Mauersteine und wie, einem Baukasten gleich, daraus die Kirche zusammengefügt wurde.

Doch im Mittelpunkt des schwarzweiß illustrierten broschierten Buchs steht die Frage der Stabilisierung des Baus. Auslöser war George Bähr: Er hatte nicht, wie ursprünglich geplant, die Kuppel der Kirche aus Holz gebaut. Er entschied sich für Stein. Die Kuppel wurde dadurch sehr schwer. Zu schwer für die Pfeiler, so dass er versuchte, einen Teil der Kuppellast über sogenannte Spierramen (Mauerscheiben) in die Außenwände zu leiten. Das hat nicht funktioniert. Die Pfeiler platzten durch die auf ihnen ruhenden Lasten regelrecht auf. Man versuchte, sie mit Klammern zu stabilisieren. Auch im Tunnelumgang um die Kuppel herum gab es starke Risse.

Um das künftig zu verhindern, schlug Fritz Leonhardt den Einbau einer Stahlbeton-Mauerscheibe im Bereich des Kuppelfußes vor, mit der auftretende Zugkräfte beherrscht werden sollten. Der Dresdner Professor für Baumechanik, Günter Zumpe, plädierte für eine gemauerte tragende Glocke. Beide Lösungen wurden verworfen. Bei Leonhardts Betonscheibe hätte das Bauwerk sehr viel "Fremdmaterial" verkraften müssen, und die Zumpe-Glocke wäre nicht auf den Pfeilern, sondern auf den Spierramen gelagert worden. So hätte George Bähr die Kirche nie gebaut, lautete das Argumnent der Juroren.

Wenzels Lösung basiert auf einer Idee seines Büropartners Bernd Frese. Sie wird im Buch ausführlich erklärt. Damit wird Hilfestellung gegeben, das Bauwerk zu verstehen: Um die Kräfte auf der schweren Steinkuppel anteilig auf Pfeiler und Außenmauern zu verteilen, hat man im Bereich des Emporengewölbes nahe dem Innengesims einen stählernen Ringanker eingebaut, der mit Spannstangen an 16 im Mauerwerk integrierten Stahlbetonblöcken "angehängt" ist. Während des Emporwachsens der Kuppel wurde der Ringanker schrittweise gespannt und so das Mauerwerk in diesem kritischen Bereich unverschiebbar zusammengehalten. Wenzel ist sich sicher: Ohne diese Lösung wäre es nicht möglich gewesen, die Kirche wieder komplett in Sandstein aufzubauen.

Wichtig war für Wenzel stets die Integration der erhalten gebliebenen Bausubstanz der Frauenkirche in den Neubau. Das galt für zahllose Mauersteine wie auch für die Chorapsis, die stehengeblieben war. Die vernarbten Ränder der Ruine mussten nachbearbeitet werden, damit das neue Mauerwerk als Implantat passgenau eingefügt werden konnte - nicht etwa umgekehrt. Durch das Nachdunkeln der neu gebrochenen Steine wird der Gegensatz alt zu neu im Laufe der Jahre schwächer. In der näheren Zukunft bleibt er jedoch, zumindest was die Außenhülle der Kirche betrifft, erhalten. Nicht jedoch im Innenraum: Hier hat man nicht nur zum Bedauern von Wenzel alle Narben und Wundmale beseitigt. Nur für Eingeweihte sind sie noch auffindbar. Wenzel hätte sie gerne als Wegweiser der Erinnerung und als leises Zeichen der Versöhnung erhalten gesehen.

GEORG KÜFFNER

Fritz Wenzel (Hrsg.): Berichte vom Wiederaufbau der Frauenkirche zu Dresden. Konstruktion des Steinbaus und Integration der Ruine. Universitätsverlag Karlsruhe, 2006. 160 Seiten, broschiert, 26 Euro.

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