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Das Jahr, in dem die Mauer gebaut wurde
1961, der Höhepunkt der sogenannten Berlin-Krise, die Welt befindet sich am Rande eines Atomkriegs. Frederick Kempe erzählt auf der Basis neu zugänglicher Dokumente die atemberaubende Geschichte dieses Jahres, in dem Berlin der "gefährlichste Ort der Welt" war, wie Chruschtschow meinte. Ein Blick hinter die Kulissen der treibenden Mächte, eine faszinierende Darstellung der wichtigsten Protagonisten jener Zeit.
Im Juni 1961 erneuerte der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow sein Berlin-Ultimatum und forderte unter anderem den Abzug der
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Produktbeschreibung
Das Jahr, in dem die Mauer gebaut wurde

1961, der Höhepunkt der sogenannten Berlin-Krise, die Welt befindet sich am Rande eines Atomkriegs. Frederick Kempe erzählt auf der Basis neu zugänglicher Dokumente die atemberaubende Geschichte dieses Jahres, in dem Berlin der "gefährlichste Ort der Welt" war, wie Chruschtschow meinte. Ein Blick hinter die Kulissen der treibenden Mächte, eine faszinierende Darstellung der wichtigsten Protagonisten jener Zeit.

Im Juni 1961 erneuerte der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow sein Berlin-Ultimatum und forderte unter anderem den Abzug der westalliierten Truppen aus der Stadt. Die USA unter ihrem Präsidenten Kennedy hielten diesen Forderungen eigene Bedingungen entgegen. Mit Walter Ulbricht auf der einen und Konrad Adenauer auf der anderen Seite standen sich auch die deutschen Staatschefs feindselig gegenüber und trugen zur Verschärfung der politischen Lage bei.

In den folgenden Wochen und Monaten spitzte sich dieSituation extrem zu, die Massenflucht aus der DDR nahm immer dramatischere Ausmaße an. Am 13. August schließlich wurde die Mauer durch Berlin gebaut, Ende Oktober richteten sowjetische und amerikanische Soldaten am Checkpoint Charlie ihre Panzer aufeinander. In diesem Moment war Berlin zur weltpolitischen Arena geworden, aus dem Kalten Krieg drohte ein heißer zu werden.

Autorenporträt
Kempe, Frederick
Frederick Kempe, geboren 1954, ist Präsident des Atlantic Council, eines außenpolitischen Think tanks mit Sitz in Washington. Kempe hat als Journalist u.a. für das Wall Street Journal gearbeitet und mehrere Bücher veröffentlicht. Bei Siedler ist erschienen: »Sibirische Odyssee. Reise in die Seele Russlands« (1993).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2011

Weichei gegen Kraftprotz
Kennedy, Chruschtschow und Spion Bolschakow während der Berlin-Krise von 1961

Der Chef des Atlantic Council, ein erfahrener Journalist mit deutschen Wurzeln, entwickelt die Ereignisse in und um Berlin wie eine Kriminalgeschichte mit ständig wechselnden Ortsmarken und Zeitangaben. Frederick Kempe serviert in drei Gängen: "Die Akteure", "Der Sturm zieht auf" und "Der Showdown". Sein Buch endet mit dem "Nachbeben" der Kuba-Krise 1962 und der Berlin-Visite von Präsident Kennedy 1963. Eine glänzend erzählte Abrechnung mit Kennedy, der nach Kempe dem Mauerbau tatenlos zugesehen habe und erst ein Jahr später, aufgeschreckt durch die von Ministerpräsident Chruschtschow veranlasste Raketen-Stationierung auf der Karibikinsel, seinen "riskanten Kurs radikal" korrigiert habe.

Der 44 Jahre alte Kennedy und der 67 Jahre alte Chruschtschow standen sich am 3./4. Juni 1961 in Wien gegenüber. "Grüner Junge trifft Al Capone" - so die Kapitelüberschrift Kempes, der den desolaten Gesundheitszustand Kennedys, die Super-Medikation sowie zusätzliche "Anwendungen" erwähnt: "Der von seinen berühmten Patienten, zu denen Tennessee Williams und Truman Capote zählten, nur ,Dr. Feelgood' genannte Dr. Max Jacobson versorgte Kennedy mit Spritzen, die Hormone, organische Zellen von Tieren, Steroide, Vitamine, Enzyme und - vor allem - Amphetamine enthielten, um Ermüdungserscheinungen und Depressionen zu bekämpfen."

Chruschtschow habe den Wiener "Schlagabtausch" genossen und Kennedy wie "einen begriffsstutzigen Schüler" behandelt, um schließlich das Berlin-Ultimatum zu unterbreiten: Friedensvertrag der Hauptsiegermächte mit beiden deutschen Staaten und Umwandlung des westlichen Teils von Berlin in eine "Freie Stadt" oder aber ein separater Vertrag zwischen Moskau und Ost-Berlin. Kennedy habe daraufhin erstaunliches Verständnis gezeigt, weil "der erfolgreiche Kapitalismus in West-Berlin die DDR ihrer fähigsten Leute beraubte".

Zurück in Washington, weinte sich Kennedy bei seinem Bruder Robert, dem Justizminister, aus. Der hatte wohl zu den Schwierigkeiten beigetragen, weil er seit 9. Mai 1961 in engem Kontakt mit dem Agenten des sowjetischen Geheimdienstes Georgij Bolschakow stand. Dieser umfangreiche Meinungsaustausch lasse sich nur unvollständig rekonstruieren. Bolschakow trat offiziell als Chefredakteur der englischsprachigen Propagandazeitschrift "USSR" auf. Robert Kennedys Plaudereien hätten Chruschtschow vor und nach Wien Vorteile verschafft.

Wie sollte auf das Ultimatum reagiert werden? Der frühere Außenminister Dean Acheson - jetzt als Berater reaktiviert - befürwortete eine harte Gangart, weil beim Berlin-Problem "die gesamte Stellung der Vereinigten Staaten auf dem Spiel" stehe. Dieser Einschätzung widersprachen die "Weicheier" oder "SLOBs" ("Soft Liners on Berlin"). In seiner Rede vom 25. Juli habe Kennedy weder den nationalen Notstand noch die sofortige Mobilmachung ausgerufen, weil doch die "Weicheier" den Ansatz von Acheson "verwässert" hätten.

Die Abriegelung des Berliner Ostsektors habe am 13. August die drei westlichen Befehlshaber und ihre Stäbe völlig überrumpelt: "Kein Einziger wusste, wie man am besten darauf reagieren sollte." Nur widerwillig schickte der Präsident einige Tage später Vizepräsident Johnson und General Lucius D. Clay, den einstigen Militärgouverneur der amerikanischen Zone in Deutschland und Helden der Luftbrücke von 1948/49, nach Berlin. Vor engsten Vertrauten gab sich Kennedy erleichtert: "Er betrachtete die Schließung der Grenze als einen potentiell positiven Wendepunkt, der dazu beitragen konnte, die Berlin-Krise zu beenden, die wie ein nukleares Damoklesschwert über ihm gehangen hatte."

Am 22. Oktober 1961 löste Allen Lightner, höchster amerikanischer Diplomat in Berlin, die "entscheidende Krise" aus. Er widersetzte sich beim Sonntagsausflug nach Ost-Berlin DDR-Grenzern, die plötzlich Ausweise von alliierten Zivilisten kontrollieren sollten. Mit Clays Unterstützung unternahm Lightner - einerseits eskortiert von zwei motorisierten Infanterietrupps, andererseits gedeckt von vier am Checkpoint Charlie wartenden M-48-Panzern - drei Kurzfahrten in den Ostteil: "Zum ersten Mal seit dem Krieg war eine voll bewaffnete, kampfbereite Infanterieeinheit der US-Besatzungstruppen in den sowjetischen Sektor einmarschiert", schreibt Kempe. Dies bildete das Vorspiel zur berühmten amerikanisch-sowjetischen Panzerkonfrontation vom 27./28. Oktober. Clay habe nie erfahren, "dass Kennedy der Showdown am Checkpoint Charlie so verunsicherte, dass er seinen Bruder beauftragte, die Krise mit dem sowjetischen Spion Georgij Bolschakow zu lösen". Über ihre Vereinbarungen zum gegenseitigen Panzerrückzug gebe "es keine Überlieferungen. Tatsächlich stellten jedoch die Vereinigten Staaten von nun an die militärischen Eskorten von Zivilisten ein, und Clay widersetzte sich nicht länger der DDR-Autorität an den Übergangsstellen. Alle Pläne Clays, Teile der Mauer niederzureißen, wanderten in die Ablage, und die Baggerschaufeln wurden von den Panzern abmontiert und wieder eingelagert. Da sie jetzt mit keinem Widerstand mehr rechnen musste, konnte die DDR die Mauer erweitern und verstärken."

Laut Kempe wird Kennedy oft zu wohlwollend beurteilt. Man werde nie wissen, ob ein resoluteres Auftreten "den Kalten Krieg womöglich früher beendet hätte. Es steht jedoch außer Frage, dass Kennedys Handlungsweise es der DDR-Führungsriege ermöglichte, ebenjenen Flüchtlingsstrom zu stoppen, der achtundzwanzig Jahre später die Auflösung des Landes bewirken sollte." Man wird auch nie erfahren, ob Bolschakow derart wichtig war. Aber es liest sich alles äußerst spannend.

RAINER BLASIUS

Frederick Kempe: Berlin 1961. Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt. Siedler Verlag, München 2011. 671 S., 29,99 [Euro].

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"Eine glänzend erzählte Abrechnung mit Kennedy. Es liest sich alles äußerst spannend." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.08.2011

"Kempes Buch wirkt wie ein amerikanischer Cinemascope-Film, bildreich und blumig inszeniert." -- Die Zeit, 04.08.2011

"Elegant formuliert mit einem durchaus angemessenen Sinn für Dramaturgie. Sein Buch liest sich wie der Augenzeugenbericht eines politisch Kundigen, der hinter den Kulissen steht und alles festhält, was ihm erwähnenswert erscheint." -- Die Welt