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Bei Textveränderung muss Hürter oder Zarusky gefragt werden: Bei der nationalsozialistischen Mordpolitik gegen die Juden kam es in allen Teilen des besetzten Europas zur unheilvollen Verknüpfung von Kollaboration und Völkermord. Auch ohne fremde Hilfe hätte die Shoah singuläre Dimensionen angenommen, doch erhöhten die Zuarbeit und Mithilfe einheimischer Bürokraten, Polizisten und antisemitischer Aktivisten die Effizienz der deutschen Täter. Nicht immer ging die Initiative vor Ort allein von den Deutschen aus. Die Kenntnis über diesen gewichtigen Aspekt der Holocaustgeschichte ist noch…mehr

Produktbeschreibung
Bei Textveränderung muss Hürter oder Zarusky gefragt werden: Bei der nationalsozialistischen Mordpolitik gegen die Juden kam es in allen Teilen des besetzten Europas zur unheilvollen Verknüpfung von Kollaboration und Völkermord. Auch ohne fremde Hilfe hätte die Shoah singuläre Dimensionen angenommen, doch erhöhten die Zuarbeit und Mithilfe einheimischer Bürokraten, Polizisten und antisemitischer Aktivisten die Effizienz der deutschen Täter. Nicht immer ging die Initiative vor Ort allein von den Deutschen aus. Die Kenntnis über diesen gewichtigen Aspekt der Holocaustgeschichte ist noch fragmentarisch, wird in jüngster Zeit aber durch neue Forschungen erheblich erweitert. Dieser Band führt exemplarische Länderstudien zusammen und richtet den Blick gleichermaßen auf den Westen wie den Osten Europas. Wassili Grossmans Reportage "Ukraine ohne Juden" aus dem Jahr 1943 ergänzt die Untersuchungen um ein eindrucksvolles Zeitzeugnis.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Johannes Hürter, geboren 1963, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Außerdem ist er Dozent an der Universität der Bundeswehr München-Neubiberg und Privatdozent an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

Jürgen Zarusky ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte, München-Berlin. Redakteur der Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Redakteur der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Lehrbeauftragter an der Katholischen Universität Eichstätt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2009

Partner bei der Judenverfolgung
Kollaboration in Belgien, Holland, Litauen und Ungarn

Allein hätten die Deutschen den millionenfachen Mord an den europäischen Juden nicht bewerkstelligen können. Das eigene Personal in den besetzten Gebieten war nicht zahlreich genug, um die Erfassung, Ausplünderung und Deportation in die Vernichtungslager zu organisieren. Dass die Kollaboration der einheimischen Polizei, der Beamten und Eliten allerdings nicht nur erzwungen war, sondern oftmals bereitwillig geleistet wurde, ist ein heikles und lange Zeit verschwiegenes Kapitel des Holocaust.

Die Beiträge dieses wichtigen Bandes untersuchen die Unterstützung für die Judenverfolgung in den Niederlanden, Belgien, Litauen und Ungarn. So waren die holländischen Einwohnermeldeämter sorgfältig bemüht, ein exaktes "Judenregister" zu erstellen, das es den Häschern ermöglichte, mit einer Gründlichkeit wie in keinem anderen besetzten Land nahezu sämtliche Juden zu verhaften und in den Tod zu deportieren. In Belgien war die Kollaborationsbereitschaft in den flämischen wie wallonischen Landesteilen durchaus unterschiedlich. Während Antwerpen dem deutschen Befehl, den "Judenstern" einzuführen, sofort nachkam, verweigerte Brüssel die Mitwirkung mit dem ausdrücklichen Argument, die Kennzeichnung verletze die Menschenwürde. In Litauen und in Ungarn betrieben die Eliten eine aggressive Politik der ethnischen Homogenisierung, die sich insbesondere gegen die jüdischen Minderheiten richtete. Antisemitismus war schon vor der deutschen Besatzung verbreitet, und dann ergriff man rasch die Gelegenheit, bei der Deportation wie Ermordung der Juden mitzuhelfen, um deren Vermögen und Besitz zu rauben.

Selbst die Sowjetunion war eine Zeitlang als Partner bei der Judenverfolgung im Blick der SS. Pavel Polian präsentiert ein außergewöhnliches Dokument aus dem russischen Staatsarchiv: den Brief der "Umsiedlungsverwaltung beim Rat der Volkskommissare" an Molotow vom 9. Februar 1940, aus dem hervorgeht, dass die sogenannten "Zentralstellen für jüdische Auswanderung" in Berlin und Wien angefragt hatten, ob die Sowjetunion bereit wäre, sämtliche deutsche und österreichische Juden aufzunehmen. Weitere Dokumente sind nicht vorhanden oder noch nicht gefunden. Aber der Vorgang zeigt, wie Polian rekonstruiert, in welchen Dimensionen beide Regime zu dieser Zeit planten.

Und noch ein zweites Dokument hebt diesen Band heraus, nämlich eine bewegende, erstmals ins Deutsche übersetzte Reportage von Wassili Grossman über die "Ukraine ohne Juden", die er Ende 1943 als Kriegskorrespondent der Roten Armee geschrieben hat, nachdem mit dem sowjetischen Vormarsch die Massengräber und die Zerstörungen, die die deutsche Besatzung hinterlassen hat, entdeckt wurden. Heute sorgt auf Initiative des französischen Paters Patrick Desbois eine engagierte Forschergruppe dafür, mit Hilfe von Oral History die Stätten des Mordens in der Ukraine wieder kenntlich zu machen.

MICHAEL WILDT.

Johannes Hürter/Jürgen Zarusky (Herausgeber): Besatzung, Kollaboration, Holocaust. Neue Studien zur Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Mit einer Reportage von Wassili Grossman. Oldenbourg Verlag, München 2008. 210 S., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Michael Wildt begrüßt diesen von Johannes Hürter und Jürgen Zarusky herausgegebenen Band, der Beiträge über Kollaboration bei der Judenverfolgung in Belgien, Holland, Litauen und Ungarn versammelt. Dass einheimische Polizei, Beamte und Eliten in den besetzten Gebieten bei der Verfolgung und Ermordung der Juden mit den Nazis oft bereitwillig zusammenarbeiteten, nennt er ein "heikles und lange Zeit verschwiegenes Kapitel des Holocaust". Um so wichtiger, dass es inzwischen erforscht wird. Hierzu leistet der vorliegende Band nach Ansicht Wildts einen bedeutenden Beiträg. Er berichtet, wie die Judenverfolgung in den Niederlanden, Belgien, Litauen und Ungarn ablief. Besonders weist er auf ein von Pavel Polian präsentiertes Dokument aus dem russischen Staatsarchiv hin, das verdeutlicht, dass die SS selbst die Sowjetunion eine Zeitlang als Partner bei der Judenverfolgung im Blick hatte. Außerdem hebt er die erstmals ins Deutsche übersetzte Reportage von Wassili Grossman über die "Ukraine ohne Juden" hervor, die in dem Band abgedruckt ist.

© Perlentaucher Medien GmbH
"wichtiger Band" Michael Wildt, FAZ 7.2.2009 "Der Band `Besatzung, Kollaboration. Holocaust´ ist ein eindrucksvoller und angemessener Beitrag zum europäischen Diskurs über das nationalsozialistische Menschheitsverbrechen und er wird mit der Einbeziehung von Grossmans Text auch der Verpflichtung gerecht, der Erinnerung an die Opfer Rechnung zu tragen." Barbara Distel anlässlich der Buchpräsentation am 25.1.2009 in München "Das Buch bietet einen guten Überblick über bislang wenig bekannte Aspekte des Holocaust in verschiedenen europäischen Ländern, in welchem Ausmaß, Kollaboration im Umfeld des Völkermords stattfand und wie sich die Beziehungen zwischen Besatzern und Besetzten gestalteten." Wolf Hons, informationen, Nr. 70, Nov. 2009, 34. Jg.