Bescheidenheit (modestia, civilitas) hat für das Auftreten und die Selbstdarstellung der römischen Herrscher von Augustus bis in die Spätantike unterschiedliches Gewicht. Dies wird deutlich an drei literarischen Beschreibungen des Verhältnisses zwischen der (imaginären) Körpergröße eines Herrschers und der Deckenhöhe des Gebäudes, das ihn aufnimmt. Seine Gestalt erscheint jeweils größer als sein Haus (Vergil, Aeneis 8,337-369), sein Palast (Statius, Silven 4,2) oder die Tore seiner Stadt (Ammianus Marcellinus 16,10). Neigt er sich, um darunter zu passen, so kann dieser Gestus sowohl als Bescheidenheit gepriesen wie auch als Überheblichkeit verspottet werden. Die Dimensionierung des Kaiserpalastes und Kaiserbildnisses, die neuen Bauten der Kaiser und ihre Haltung gegenüber den alten Monumenten der Stadt sind entsprechend der politischen Position des Autors als modestia oder als Versagen vor Roms Geschichte, als Dokumentation von Majestät oder als superbia des jeweiligen Herrschers interpretierbar.