Journalismus sei die Chance, viele Leben zu leben. Diese Worte des deutschen Schriftstellers Klaus Harpprecht prägen auch das Lebenswerk von Paul Lendvai, eines Österreichers aus Leidenschaft. In seinem nunmehr 14. Buch unternimmt er einen aufregenden journalistischen Streifzug von Washington und Moskau bis Budapest und Belgrad. Reportagen, Artikel und Vortragstexte aus den letzten Jahren bieten persönliche Erlebnisse, ungewöhnliche Begegnungen, berührende Erinnerungen und überraschende Einsichten.
Es sind vornehmlich Vorträge oder Zeitungskolumnen von, aber auch ein Interview mit Paul Lendvai, die jetzt versammelt vorliegen. Die Themen sind divers, meist geht es um Personen oder Länder; das alles Verbindende ist - formal gesehen -, dass die Artikel und Reden für einen öffentlichen Anlass verfasst wurden. Man kann sich deshalb darüber wundern, dass der Autor vieler Bücher, darunter auch Standardwerke, zugestimmt hat, diese Texte unter dem Titel "Best of . . ." erscheinen zu lassen. Im vollen Wortsinn trifft diese Bezeichnung allerdings zu auf einen Beitrag, der nicht für einen bestimmten Zweck geschrieben wurde, sondern nach einem vestörenden Erlebnis. Er heißt "Ein Tag in Gunskirchen". An diesem Ort gab es ein Konzentrationslager, eine Nebenstelle des KZ Mauthausen, in dem Tausende ungarischer Juden nach langen Todesmärschen unter unbeschreiblichen Umständen ums Leben kamen. Lendvai ist diesem Schicksal entgangen, weil es dem Fünfzehnjährigen gelang, auf einem der Todesmärsche den Nazi-Schergen zu entkommen. Wieso er den Namen Gunskirchen über Jahrzehnte verdrängt hatte und wie er nun nachrecherchiert, was damals geschah, und seinen eigenen Erinnerungen wieder auf die Spur kommt, das ist, so bedrückend das Thema bleibt, spannend zu lesen. Man versteht danach besser, was der innerste Antrieb des sein Publikum aufklärenden Journalisten und Publizisten Lendvai ist. (Paul Lendvai: Best of Paul Lendvai. Begegnungen, Erinnerungen, Einsichten. Ecowin Verlag, Salzburg 2008. 271 S., 19,95 [Euro].)
GÜNTHER NONNENMACHER
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