Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mit großem, auf einer ganzen Zeitungsseite ausgebreiteten Lob bedenkt Rezensent Peter Hamm diese Anthologie deutschsprachiger Lyrik, die Wulf Kirsten zusammengestellt hat. Das Werk zeichnet sich für ihn aus durch "leidenschaftliche Eigenwilligkeit, genaue Kenntnis und wenig Lücken". Der Rezensent versteht Kirsten als "Diener der Dichter", der eine enorme Vielfalt an Stimmen präsentiere und damit einen frischen Blick auf die Lyrikepoche von 1880 bis 1945 ermögliche. Der fast 1000 Gedichte von 363 Dichtern umfassende Band enthält in seinen Augen zwar nicht ausschließlich Glanzlichter der Lyrik. Aber die opulente Fülle der Anthologie ergibt durchaus Sinn, so Hamm, denn Kirstens Intention sei es gewesen, einen "poetischen Spiegel der Zeitgeschichte" zu schaffen. Hamm hebt den besonderen Stellenwert hervor, den Kirsten der Naturlyrik und der proletarischen Dichtung einräumt. Deutlich wird für ihn auch, wie wenig aus dem Expressionismus heute noch bestehen kann. Etwas schwierig scheint Hamm, dass Kirsten bei Dichtern wie Benn, Brecht, Huchel, Eich, Fried und anderen auf deren stärkste Gedichte verzichtete, weil sie erst nach 1945 erschienen sind. Nichtsdestoweniger würdigt er den Band als "außergewöhnliche" Anthologie, die sich auch deshalb so "aufregend" lese, "weil in ihr so viele verschiedene Idiome vernehmbar sind".
© Perlentaucher Medien GmbH
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