Im deutschen System der industriellen Beziehungen sind Tarifverträge Sache der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen, Betriebsräte sind als Akteure auf diesem Feld eigentlich nicht vorgesehen. Anders verhält es sich, wenn auf betrieblicher Ebene Tarifabweichungen vereinbart werden, was inzwischen in vielen Unternehmen und Branchen der Fall ist und durch die aktuelle Krise weiteren Auftrieb erhalten dürfte. Hier nun wirken Betriebsräte bei den Verhandlungen zu Tariffragen mit und müssen die Umsetzung der abweichenden Vereinbarungen kontrollieren. Welche Veränderungen - so fragt dieses Buch - ergeben sich daraus für die Mitbestimmungspraxis der Betriebsräte? Halten Verteilungskonflikte Einzug in die Betriebe, verlieren die Betriebsräte an Legitimation, brechen Solidaritätskonflikte mit der Gewerkschaft auf und ächzen die Betriebsräte unter Ressourcenproblemen? Anhand empirischer Analysen aus der Chemie- und Metallindustrie kommt Haipeter zu dem Schluss, dass die Chancen der Entwicklung gegenwärtig größer als die Risiken zu sein scheinen. Oft profitieren Betriebsräte von ihrer Rolle als neue Tarifakteure; sie fühlen sich vielfach durch ihre Gewerkschaften gestärkt und stärken umgekehrt ihrerseits die Gewerkschaften.