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Was als Spiel mit dem Feuer begann, wird für Robert zum Desaster. Betrug an seinem besten Freund, zu dessen Frau er in leidenschaftlicher Liebe entbrennt, Verrat an seiner Ehefrau, die er keineswegs verlieren will, Lügen und feige Ausflüchte gegenüberder Geliebten - all das bringt sein bis dahin geordnetes Leben völlig aus dem Gleichgewicht. Am Ende erlebt er durch seinen Betrug nur Verluste. Das Leben, in dem er sich schließlich wiederfindet, erweist sich als ein Scheinleben, sein Betrug als Selbstbetrug. Eine menschliche Komödie - mal heiter, mal melancholisch - der Beziehung zwischen den Geschlechtern.…mehr

Produktbeschreibung
Was als Spiel mit dem Feuer begann, wird für Robert zum Desaster. Betrug an seinem besten Freund, zu dessen Frau er in leidenschaftlicher Liebe entbrennt, Verrat an seiner Ehefrau, die er keineswegs verlieren will, Lügen und feige Ausflüchte gegenüberder Geliebten - all das bringt sein bis dahin geordnetes Leben völlig aus dem Gleichgewicht. Am Ende erlebt er durch seinen Betrug nur Verluste. Das Leben, in dem er sich schließlich wiederfindet, erweist sich als ein Scheinleben, sein Betrug als Selbstbetrug.
Eine menschliche Komödie - mal heiter, mal melancholisch - der Beziehung zwischen den Geschlechtern.
Autorenporträt
Hellmuth Karasek, Journalist und Schriftsteller, leitete über zwanzig Jahre lang das Kulturressort des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, war Mitherausgeber des Berliner Tagesspiegel und Autor bei Welt und Welt am Sonntag. Er war Mitglied des "Literarischen Quartetts" und veröffentlichte zahlreiche Bücher, u. a. über Billy Wilder sowie die Romane Das Magazin (2000) und Betrug (2001). Hellmuth Karasek verstarb am 29. September 2015.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2001

Leben light
Strudel aus Lust und Lüge: Hellmuth Karaseks zweiter Roman

Hellmuth Karasek ist ein kluger Mann. Er hat in seinem Leben reichlich dicke und auch weniger dicke Bücher gelesen und weiß also, daß er selbst nie ein großer Schriftsteller werden wird. Statt dessen hat er ein Buch geschrieben, das so aufregend ist wie Halbfettmargarine.

Im Grunde ist ja gegen Halbfettmargarine nichts zu sagen. Höchstens 41 Prozent Fett, davon maximal drei Prozent Milchfettanteil. Es gibt eine Streichfett-Verordnung aus Brüssel, die das alles regelt, und in Bonn gibt es ein Margarine-Institut für gesunde Ernährung. Die Halbfettmargarine ist dabei so etwas wie die Weiterentwicklung der vollfetten Bundesrepublik für die neunziger Jahre. Der Wendepunkt war das Jahr 1987, damals wurde die Marke Lätta in Deutschland eingeführt, und bald war das Land nicht mehr das gleiche. Wenn man also über einen Roman, der vom Deutschland der Nuller-Jahre handelt, sagen würde, dieser Roman habe so viel Wirklichkeitsgehalt wie ein Becher Lätta, dann wäre das eigentlich gar nicht schlecht. Man sollte nur nicht mit mehr rechnen.

Lätta ist längst ein verbraucherfreundliches deutsches Konsensprodukt geworden, und Hellmuth Karaseks Antiheld Robert ist eine abgespeckte deutsche Konsensbiographie. Die Verabredung beim Kauf eines Bechers Lätta ist dabei recht einfach: Was drauf steht, das ist auch drin, und ein bißchen was tut man dabei auch gegen sein schlechtes Gewissen. Und weil Karasek das Prinzip Lätta verstanden hat, schreibt auch er außen auf sein Buch, um was es drinnen geht: "Betrug".

Dieser Robert ist ein Schwächling, ein Feigling, ein Versager. Einer, der immer die Frau ans Steuer läßt, auch wenn er selbst den Wagen gemietet hat; einer, der sich einbildet, diese "virile Ängstlichkeit" sei auch noch charmant; einer, der seine Frau belügt, seine Geliebte auch und natürlich sich selbst. Eine Hamburger Tennisclubexistenz, freier Rundfunkjournalist Mitte Fünfzig, gewinnbringend verheiratet, zwei Kinder, mäßig treu, ein paar Kilo zuviel - ein Leben so eindimensional wie ein Plastikdeckel. Alles also reichlich erwartbar in Karaseks zweitem Roman, bis das Erwartbare passiert. In "Das Magazin" hatte er das Doppler-Leben eines Journalisten beschrieben, in "Betrug" geht es um die Doppel-Lüge eines Journalisten: Robert verliebt sich in die junge Frau seines womöglich einzigen Freundes, des Bankers und Tennisspielers Harald, er traut sich nicht, mit seinem Leben zu brechen, verliert die Geliebte, zieht nach München und gewinnt sie dort schließlich doch - und in diesem Strudel aus Lust und Lüge schlingert nicht nur Robert durch die Seiten, sondern auch Karasek, der vergißt, wovon er eigentlich erzählen wollte. Denn ganz bei sich ist der Autor Karasek nur einmal: als sich Robert mit seinem Wagen in einem Schneesturm verirrt - eigentlich geht es Robert nicht um die Ehefrau Eva, nicht um die Geliebte Katta und auch nicht um Zufallsbekanntschaften wie Roswitha. Robert sucht bei all diesen Frauen nur, was er selbst vor sehr vielen Jahren schon verloren hat.

Hellmuth Karasek, könnte man meinen, hat also einen heiter-melancholischen Blick auf seine eigene Generation geworfen, auf deren Lebenslügen, auf deren Liebesversagen; schließlich treten dauernd Leute auf, die aschenen Ziegenkäse essen, ihre Kinder vor lauter Hip-Hop nicht verstehen und es als ernste Drohung ansehen, daß sie aus dem Tennisclub ausgeschlossen werden könnten, weil sie dem Doppelpartner die Frau ausgespannt haben. Tatsächlich ist es genau andersherum: Wer einen so gesichtslosen Robert beschreibt, der sich durch ein ortloses Deutschland bewegt, der hat die beste Entschuldigung dafür, ein Leben im Dämmerzustand der Entscheidungsschwäche einzurichten - die scheinbare Ironie oder gar Selbstironie dieser Figur funktioniert in Wahrheit wie einer der Altherrenwitze, die man sich in diesem Buch so gern erzählt. Am Ende bleibt alles, wie es ist, und das ist auch gut so. Der fade Charme des Allzubekannten. Was kann man auch, und das ist einer der besseren Witze, von einem Mann erwarten, der sein Leben nur auf dem Tennisplatz eingerichtet hat: "Never fall in love with a tennisplayer, ,Love' means nothing for him."

Weil sich aber auch Karasek keine Mühe macht, den Verletzungen und Kränkungen seiner Hauptfigur nachzuforschen, weil er sich eigentlich gar nicht für seine Figuren interessiert, weil er keine Sprache findet, die sich auch nur ein wenig von den Dingen löst - deswegen bleibt sein "Betrug" so glatt wie ein Cerankochfeld. Es gibt eine seltsame Angleichung in diesem Buch, das mehr und mehr einem langweiligen Fernsehspiel ähnelt, in den Schauplätzen, der Dramaturgie, selbst den Geräuschen: das Kiesknirschen, wenn Robert mal wieder in irgendeinem Edelhotel zwischen Lübeck und dem Starnberger See absteigt, ein Knirschen, das sofort überlagert wird von irgendwelchen Fernsehbildern, von einem Hotel am Wörthersee zum Beispiel. Und das ist das Dilemma dieses Romans: Karasek wirkt gedrängt von einem Aussprechfuror ohne jedes Geheimnis, der auf eine geheimnislose Welt trifft, die stärker ist in ihren Bildern und Geschichten. Karasek muß vor einem Konkurrenten kapitulieren, den er mit dessen eigenen Mitteln schlagen könnte.

"Der Wind rauscht in den Blättern auf", heißt es einmal, "Robert, der wegen seiner aufgewühlten Gefühle an das Walten einer höheren Inszenierung glauben will, an eine Aufführung mit einem Schnürbodenhimmel, hebt den Schläger, zeigt nach oben und sagt: ,Wie im Film!' und denkt: Und zwar in einem Film, bei dem ich bald die Hauptrolle spielen werde. Und was das Drehbuch angelangt, ein Einspruchs- und Mitgestaltungsrecht eingeräumt bekomme." Karaseks "Betrug" ist ein Buch, das manchmal an schwitzende Margarine erinnert.

GEORG DIEZ

Hellmuth Karasek: "Betrug". Roman. Ullstein Verlag, Berlin 2001. 301 S., geb., 38,92 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2001

Schwarz-rot-nackt
Hellmuth Karasek hat einen
Seitensprung in der Schüssel
Auffällig häufig wird neuerdings die „Bunte” von seriöseren Gazetten als Informationsquelle herangezogen. Die Blaublut- und Bussi-Postille scheint an politischer Bedeutung zu gewinnen, denn sie lässt ja nicht nur das Verteidigungsressort baden gehen, sondern macht sich auch und gerade um die nationale Kulturberichterstattung verdient. Die detailliertesten Informationen über die Querelen im „Literarischen Quartett” und das unausweichliche Ende desselben haben wir der „Bunten” entnehmen dürfen. Der von Leselustschwund befallene Marcel Reich-Ranicki äußerte dort unter anderem, er müsse sich um die Zukunft seines Freundes Hellmuth Karasek keine Sorgen machen: ein so vielseitig talentierter Kollege werde kaum über Beschäftigungsmangel zu klagen haben.
Und richtig: Sozusagen in vorauseilendem Gehorsam liefert der ewige Adlatus, der neben dem Literaturpapst nie zum Kardinal aufstieg und selbst an der Bischofswürde wenig interessiert schien, den neuerlichen Nachweis seiner Mehrfachbegabung ab. Vergessen ist der spröde Empfang, der seinem ersten Roman „Das Magazin” vor drei Jahren kritikerseits zuteil wurde: Inzwischen hat die Boulevardisierung des Buchbetriebs beträchtliche Fortschritte gemacht, und Hellmuth Karasek besitzt als Hansdampf in vielen Kanälen genug Chuzpe, um das Eisen zu schmieden, solange der Champagner kalt ist. Ein merkwürdiger Zufall wollte es, dass „Seitensprung” und „Geliebte” ein reißerisch abgefeiertes Thema im diesjährigen Sommerloch waren. Jetzt bringt Karaseks „Betrug” mit schwarz-rot-nacktem Titelfoto, blutrotem Einband und tomatenroter Aufschlagseite den Bücherherbst zum Glühen. Oder wenigstens die Ohren jener Männer, die sich in Robert wiedererkennen, dem nicht mehr ganz jungen, doch rührend pubertär sich gebärdenden Protagonisten dieser Ehebruchsgeschichte, für deren Einschätzung und Bewertung man eigentlich ein „Literarisches Monopoly” erfinden müsste.
Alles im bunten Bereich
Nun hat ja der Betrug in der Ehe einen so langen Bart, dass er schon im neunzehnten Jahrhundert zu weltliterarischer Bearbeitung nur dann taugte, so er von Frauen begangen wurde. Den Sachverhalt, den der vorliegende Roman ins Visier nimmt, hat der Volksmund unserer ausdrucksärmeren Epoche auf die Pointe zugespitzt: „Warum können nur Frauen an Rinderwahnsinn erkranken? Weil alle Männer Schweine sind.” Arme Schweine, würde der Schriftsteller und Seelenkundler Karasek präzisieren. Sein gewohnheitsmäßig seitenspringender Robert, der ein materiell gut abgefedertes Familienidyll einer wahn- und lachhaften Leidenschaft opfert, folgt nicht bloß hormongesteuertem Egoismus, sondern lässt sich von Gefühlswallungen leiten, die stark ins Pennälerhafte lappen, was uns um so betroffener macht, als der Held mit seinem Schöpfer den soliden intellektuellen Hintergrund teilt.
Robert, Vater zweier Kinder, als schreibender Freiberufler an der Seite einer vermögenden Kaufmannstochter komfortabel etabliert, betätigt sich auch als Buchrezensent, und mit einem beziehungsreichen Titel-Dropping verortet ihn der Autor im literarisch-erotischen Zeitgeist: Dieter Wellershoffs „Liebeswunsch”, Zeruya Shalevs „Liebesleben”, Sandor Marais „Die Glut”. Lauter Romane, die von Untreue, Liebes- und Eheverrat erzählen, freilich mit einem Mindestmaß an Formbewusstsein, das der Romancier Karasek an der Künstlergarderobe abgegeben hat. Der frischfrech Entblößte entschädigt seine Leser, die nach menschlichem Ermessen vorwiegend weiblichen Geschlechts sein werden, durch tiefe Einblicke in das Innenleben eines spaßgierigen Spießers mit Mimosengemüt. Robert ist ein „hungriger Nimmersatt”, der am liebsten alles auf einmal hätte: eine kluge, verständnisvolle Ehefrau, eine knackige, nicht zu kluge Geliebte, einen Waschbrettbauch und die Lizenz zur Völlerei, Hamburger Lebensart und Münchner Lebenslust, Ruhm und Ruhe, Kultur und Klamauk, Cognac und Kombucha. Dass man auch im Zeitalter der Selbstbedienung nicht alles haben kann, ist die traurige Moral von der Geschicht, die Hellmuth Karasek offenkundig am eigenen Wohlstandsbäuchlein erfahren durfte und nun halb bekennend, halb scherzhaft belehrend auf den Markt der Eitelkeiten wirft.
In der Tat handelt es sich hier um eine Gesellschaftskomödie, aber jede Gesellschaft kriegt die Komödien, die sie verdient. Die Handlung fällt bei dem Versuch, sie nachzuerzählen, in sich zusammen wie die Krone eines nachlässig gezapften Bieres. Das Milieu, in dem Robert und die Seinen den Tennisschläger schwingen, heimlichen Sex auf Swimmingpool-Toiletten haben und sich zwischen Cappuccino oder Macchiato entscheiden müssen, ist in seiner Schablonenhaftigkeit und schlappen Komik perfekt auf das Lachniveau der erwähnten Illustrierten abgestimmt: Alles im bunten Bereich. Gerät ein solcher Text, wie hier, in die Hände eines gnadenlos schlampigen Lektorats, schadet ihm das nicht. Und der Verfasser, dessen dackelfaltige Verbindlichkeit die einflussreichste Literatursendung des deutschen Fernsehens nachhaltig geprägt hat, kann sich auf Jean Paul berufen, der vor fast zweihundert Jahren verkündete: „Ich will lieber das dickste schlechte Buch schreiben als die kleinste, dünneste, gute Rezension davon.”
KRISTINA MAIDT-ZINKE
HELLMUTH KARASEK: Betrug. Roman. Ullstein Verlag, Berlin 2001. 302 Seiten; 38,90 Mark.
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