Sein und Bewusstsein sind verschieden - und hängen doch zusammen. Aus ihrer Verbindung ergeben sich spannende Fragen und Perspektiven für die Theorie und Praxis der Soziologie, die in der Geschichte des Fachs unter anderem mit Rekurs auf Edmund Husserls Phänomenologie diskutiert worden sind. Berthold Oelze untersucht, wie Husserls Konzepte von führenden Soziologen genutzt und weiterentwickelt wurden. Dabei konzentriert er sich auf klassische Werke von Alfred Schütz, Peter L. Berger, Thomas Luckmann und Niklas Luhmann.Oelze geht zunächst Schütz' Erklärung der kognitiven Strukturen der sozialen Lebenswelt nach, die die Hauptströmung der phänomenologisch orientierten Soziologie inspirierte. Er widmet sich dann Berger und Luckmann, die zeigen, wie denkende Menschen soziale Institutionen gemeinsam hervorbringen und von diesen geprägt werden. Hier erweisen sich phänomenologische Konzepte insofern als fruchtbar, als es in der Tradition des »methodologischen Individualismus« um den Sinn sozialen Handelns und das Wissen der Mitglieder einer Gesellschaft geht. Doch der Einfluss der Phänomenologie reicht weiter: Luhmanns Gesellschaftstheorie geht nicht von Menschen und ihrem Handeln aus, sondern von sozialen und kognitiven Systemen, die strukturell gekoppelt sind. Um sie zu erklären, bediente er sich phänomenologischer Konzepte.Das Buch schließt mit einem Aufruf an Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler, selbst auf die Phänomenologie zurückzugreifen - auch ohne Vermittlung durch die genannten Autoren - und Husserls Methode der Reflexion der Intentionalität für Projekte qualitativer Sozialforschung zu nutzen.