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Die Bibliographie erfasst die vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschienenen und damit für den Sammler und Historiker der Zauberkunst besonders relevanten Schriften zur Taschenspielerkunst. Durch persönliche Autopsie des weit überwiegenden Teiles der bibliographierten Werke war eine detaillierte Titelaufnahme möglich, die weit über die bislang vorliegenden Bibliographien zu diesem Thema hinausgeht und versucht, wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Insgesamt werden über 3000 eigenständig erschienene Publikationen (einschließlich unterschiedlicher Auflagen und Varianten einzelner…mehr

Produktbeschreibung
Die Bibliographie erfasst die vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschienenen und damit für den Sammler und Historiker der Zauberkunst besonders relevanten Schriften zur Taschenspielerkunst. Durch persönliche Autopsie des weit überwiegenden Teiles der bibliographierten Werke war eine detaillierte Titelaufnahme möglich, die weit über die bislang vorliegenden Bibliographien zu diesem Thema hinausgeht und versucht, wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Insgesamt werden über 3000 eigenständig erschienene Publikationen (einschließlich unterschiedlicher Auflagen und Varianten einzelner Ausgaben), sowie rund 20 Zeitschriften en detail erfasst. Neben einer genauen Titelbeschreibung umfasst jeder Eintrag Angaben zum Format, zur Kollationierung und – soweit vorhanden - eine Beschreibung des Einbandes. In vielen Fällen sind Kommentare und Erläuterungen angefügt, die den Inhalt des Werkes näher beschreiben oder ergänzende Informationen über den Verfasser oder zur historischen Einordnung des jeweiligen Werkes enthalten. Publikationen, die nicht autopsiert werden konnten, sind in aller Regel durch Quellenangaben belegt oder mit einem Hinweis auf einen Standort in öffentlichen Bibliotheken versehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2019

Auf die Taschenspielertricks kommt es an
Dem Flaschenteufel auf der Spur: Volker Huber hat eine großartige Bibliographie von Zauberbüchern zustande gebracht

Zu den Paradoxien der Zauberei als einer Unterhaltungskunst gehört es, dass sie einerseits davon lebt, die Methoden, mit denen sie ihre Illusionen bewirkt, verborgen zu halten, dass andererseits aber ungezählte Schriften diese Methoden gleichwohl enthüllen. Die frühen Gaukler wiesen ihre Adepten noch mündlich und unter dem Siegel der Verschwiegenheit in ihre Fertigkeiten ein. Mit der Erfindung des Buchdrucks begann jedoch die großflächige Entzauberung ihrer Geheimnisse.

Die Motive, die den Anlass gaben, die Tricks und Kniffe von Taschenspielern in Büchern zu verraten, sind unterschiedlichster Natur. Manche Autoren verstanden sich schlicht als Aufklärer. Das berühmteste Beispiel ist der englische Landedelmann und Friedensrichter Reginald Scot (1538-1599). Scot war Zeuge von Hexenprozessen geworden. Die Verfahren hatten ihn empört. In einer umfangreichen theologisch-philosophischen Abhandlung mit dem Titel "The Discoverie of Witchcraft" rannte er gegen sie an. Als einen kleinen Teil seiner Beweisführung gegen den grassierenden Dämonenglauben "enttarnte" er im Vorübergehen ein paar typische Taschenspielertricks.

Das sollte ein einfacher Beleg für seine These sein, dass nicht jedes vordergründig unerklärbare Phänomen notwendig diabolischen Ursprungs sein musste. Um eine Anleitung zum Zaubern ging es Scot dabei nicht. Es kam jedoch anders. Wegen der offenkundigen Faszination, die von seinen gekonnten Trickbeschreibungen ausging, fanden diese schnell zahlreiche Kopisten, die Kapital aus ihnen schlugen. In immer neuen Formen und Sprachen verbreiteten sie die Beschreibungen über ganz Mitteleuropa. Die "Discoverie" wurde zum berühmtesten aller Zauberbücher.

Parallel dazu entstanden Werke, die Früchte von naturkundlichen Experimenten waren. Ihr Stichwort lautete: Magia naturalis. Man konnte aus ihnen lernen, wie man mit dem Einsatz von physikalischen Phänomenen wie Spiegelbildern, dem Magnetismus oder aber Enigmata auf mathematischer Grundlage allerlei Effekte erzielte, die in gebildeten Kreisen als ergötzliche Kuriositäten wahrgenommen wurden. Zu den schönsten Beispielen gehört der "Cartesische Taucher" oder "Flaschenteufel", den schon der Jesuit Athanasius Kircher (1602-1680) in seiner römischen Wunderkammer staunenden Gästen präsentierte; ein "Kunststück" auf hydrostatischer Grundlage.

Tatsächlich begünstigten Bildungshunger und die Freude an geselliger Unterhaltung die Entwicklung der Zauberkunst nachhaltig. Spätestens im achtzehnten Jahrhundert wurde sie zum Divertissement in den Salons. Kein Wunder, dass damit auch der Markt für Bücher, die mit der Erklärung ihrer Geheimnisse und vor allem ihrer Erlernbarkeit warben, wuchs. Plötzlich war es in den Hauptstädten Europas nicht nur en vogue, die Vorführungen bekannter Meistermagier zu besuchen. Man frönte der Zauberei vielmehr auch im Kreise der Familie oder mit Gästen. Wie sehr es zum guten Ton gehörte, am festlich gedeckten Tisch auch einige zauberhafte "Piècen" zum Besten zu geben, beweist nichts besser als ein in Hamburg um diese Zeit erschienenes "Complementier- und Trenchier-Buch". Neben der Kunst der wohlgefälligen Dekoration der Tafel und der fachgerechten Zerlegung von Fleisch und Fisch erklärt es auch die Darbietung von einigen Zauberkunststücken für den verblüffenden Hausgebrauch.

Als sich im neunzehnten Jahrhundert die ersten Versandhändler etablierten, zu deren Angebot auch kleine Zaubertricks sowie bald darauf die ersten Zauberkästen gehörten, entwickelte sich das Zauberbuch als "Lernmittel" endgültig zu einem eigenständigen Genre. Vor allem unter höheren Söhnen und Töchtern erfreuten sich schön gestaltete Werke wie "Der kleine Taschenspieler und Magiker" des Privatgelehrten Heinrich August Kerndörffer (1769-1846) oder "Der Magische Jugendfreund" des Gymnasialprofessors Johann Heinrich Moritz Poppe (1776-1854) großer Beliebtheit. Als sich gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in England und Deutschland Vereine beziehungsweise "Magische Zirkel" bildeten, die sich der Förderung der Zauberkunst als eines etablierten Metiers verschrieben, entstanden gar die ersten regelrechten Fachzeitschriften für Magier. Vor allem englische und deutsche Verleger wurden führend.

Heute vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Buch oder eine Zeitschrift mit Erklärungen von Zauberkunststücken erscheint. Wie sich das mit der Bedeutung des Geheimnisses für eine erfolgreiche Verblüffung des Publikums verträgt, ist in Wahrheit einfach. Das Zaubern ist eine darstellende Kunst. Es ist wie im Theater. So wie der virtuos gespielte Mephisto seine Zuschauer vergessen lässt, dass nicht der Teufel selbst, sondern lediglich ein Schauspieler auf der Bühne steht, so ist es auch mit dem geübten Zauberer: Ein überzeugender äußerer Auftritt, ein perfekter Vortrag, Einfühlungsvermögen und Geschick bei der Anwendung subtiler Ablenkungstechniken führen Erklärungen ad absurdum. Der Trick geht im Kunst-Stück auf und verschwindet. Der Zauberer wird zum Schauspieler, der sich selbst spielt (Robert-Houdin).

Es hat zahlreiche Versuche gegeben, Bibliographien der Zauberliteratur zu erstellen. Insbesondere hierzulande sind sie jedoch stets unvollkommen geblieben. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Große öffentliche Sammlungen von Zauberbüchern existieren in Deutschland nicht. Wo einzelne Bibliotheken und Museen über Bestände verfügen, sind sie meist dem Zufall und nicht gezielter Sammeltätigkeit zu verdanken. Überdies waren und sind viele Zauberbücher Produkte eines grauen Marktes. Sie erschienen als Privatdrucke oder Veröffentlichungen obskurer Kleinstverlage, als Raubkopien oder in fiktiven - natürlich stets "neuvermehrten" -, aber kaum nachvollziehbaren Auflagen. Viele hat kein Katalog je verzeichnet.

Das Kunststück, das deutschsprachige Zauberschrifttum von seinen Anfängen im sechzehnten Jahrhundert bis 1945 zu bibliographieren, ist nun allerdings Volker Huber gelungen. Der Verleger und Galerist Huber, von Hause aus Volkswirt, nähert sich seinem neunten Lebensjahrzehnt. Seit dem zweiten sammelt er Zauberbücher. Seine Sammlung ist weltweit einmalig. Huber hatte die Idee zur Bibliographie vor etwa dreißig Jahren. Ursprünglich war sie darauf angelegt, mit dem Jahr 2000 abzuschließen. Unmittelbar darauf sollte sie erscheinen. Die erdrückende Masse des Materials, das nach 1945 publiziert wurde, ließ den Plan jedoch scheitern. Um zumindest vorläufig zu einem Ende zu kommen, hat Huber vor ein paar Jahren einen Ko-Autor mit ins Boot genommen, den Juristen und Sammler Christian Theiß. Theiß schließt nicht aus, dass dem ersten Band in ein paar Jahren ein zweiter folgen könnte. Der - so schätzt er - werde den ersten an Fülle vielleicht übertreffen.

Wer die Bibliographie aufschlägt, kann ermessen, welche Arbeit in ihr steckt. Auf fast siebenhundert Seiten im Folio-Format finden sich weit über dreitausend Titelaufnahmen. Nahezu alle Werke wurden autopsiert. Die Beschreibungen genügen höchsten Ansprüchen. Selbst kleinste Abweichungen innerhalb derselben Auflage sind als Varianten erfasst. Damit indes nicht genug: Etliche Titel sind über die bibliographischen Angaben hinaus mit inhaltlichen Anmerkungen versehen. Ganz überwiegend beruhen sie auf den Forschungen von Huber.

Es sind Hinweise auf Querverbindungen zwischen einzelnen Werken und Verfassern, Nachweise von Raubdrucken, Hypothesen zur Identität unbekannter Autoren oder zur Datierung undatierter Auflagen, Angaben zu weiterführender Sekundärliteratur, Hinweise auf die literarische Verarbeitung bestimmter Stoffe und so fort. Die Anmerkungen mögen eklektisch wirken. Ihr Wert ist gleichwohl unschätzbar. Es sind die Früchte eines langen Sammlerlebens.

PETER RAWERT

Volker Huber und Christian Theiß: "Bibliographie des deutschsprachigen Schrifttums zur Zauberkunst". Publikationen bis 1945.

Edition Volker Huber, Offenbach am Main 2019. 692 S., Abb., geb., Subskriptionspreis bis 31.12.2019: 128,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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