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Vor den Toren einer afrikanischen Großstadt, in einer Grube, die für den Müll ausgehoben wurde, leben die Aussortierten der Gesellschaft in Hunger und Elend. In einer Hütte sitzt ein blinder Alter, der sich erinnert, wie alles begann. Der alles gesehen und gehört hat. Das Machtspiel der "Big Chiefs", von denen er selbst einer war. Die Verschwörung, das Schleifen der Macheten, das Morden. Der Alte spricht und singt davon, Tag und Nacht. Der Junge, der die Hütte mit ihm teilt, klagt den Alten an, weil der nichts verhindert hat. In ihm wächst die Wut.Eines Nachts verlässt er die Grube, um einen…mehr

Produktbeschreibung
Vor den Toren einer afrikanischen Großstadt, in einer Grube, die für den Müll ausgehoben wurde, leben die Aussortierten der Gesellschaft in Hunger und Elend. In einer Hütte sitzt ein blinder Alter, der sich erinnert, wie alles begann. Der alles gesehen und gehört hat. Das Machtspiel der "Big Chiefs", von denen er selbst einer war. Die Verschwörung, das Schleifen der Macheten, das Morden. Der Alte spricht und singt davon, Tag und Nacht. Der Junge, der die Hütte mit ihm teilt, klagt den Alten an, weil der nichts verhindert hat. In ihm wächst die Wut.Eines Nachts verlässt er die Grube, um einen lang gehegten Plan auszuführen. Um seinetwillen, um des Alten willen. Und um des Mädchens willen, das wie er in der Grube lebt und seine Kinder mit bitteren Pflanzen am Leben hält. Inmitten eines apokalyptischen Szenarios entspinnt sich eine hochmoralische Geschichte.Meja Mwangi gibt seiner Stadt und seinen Protagonisten keine Namen. Er wählt für seinen Roman die Form der Parabel, denn was ererzählt, scheint erschreckend wiederholbar. Es trifft die Ereignisse in Ruanda, findet Parallelen in Somalia, in Zimbabwe und in der jüngsten Geschichte Kenias.
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Autorenporträt
Meja Mwangi, 1948 in Nanyuki/Kenia geboren, arbeitet seit dem Erfolg seines ersten Romans "Kill me quick" (1973) als Schriftsteller und Drehbuchautor in Kenia, Europa und Westafrika. Er wurde ausgezeichnet mit dem Jomo Kenyatta Award (1973), dem Adolf-Grimme-Sonderpreis zur "Nord-Süd-Problematik" (1982), dem Deutschen Jugendliteraturpreis (1992) für "Kariuki und sein weißer Freund" (Lamuv) und dem Wahome Mutahi Literary Award (2008).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2009

Das Elend und die Wut
Meja Mwangis Parabel über den Völkermord in Ruanda

Über den Völkermord einen Roman zu schreiben ist ein heikles Unterfangen. Welches Einzelschicksal soll man denn erzählen, um darin das namenlose Leiden einer Unzahl anderer darzustellen? Welche Perspektive muss man finden, um das ganze Grauen überhaupt zu fassen? Und was für eine Sprache kann das alles ausdrücken? Der kenianische Autor Meja Mwangi, Jahrgang 1948, versucht es mit einer Parabel, einer düsteren, fast statischen Erzählung von zeichenhafter Holzschnittartigkeit, in der alle Charaktere zu eindimensionalen Typen werden und alle Dialoge zum Austausch repräsentativer Standpunkte.

Schauplatz ist ein Slumbezirk am Rande irgendeiner afrikanischen Großstadt, kaum mehr als eine Müllhalde voll Elend, Not und Wut. Dort sammeln sich die Ausgestoßenen und die Verdammten jener schönen neuen Welt, die von der postkolonialen Moderne eigentlich errichtet werden sollte und die schon bald im Morden einer wütenden Elite unterging. Sämtliche Orte und Figuren bleiben namenlos, doch die Zeichen, die der Text an vielen Stellen setzt, weisen ganz klar auf Ruanda als Modellfall eines afrikanischen Gemeinwesens, das sich in der Verquickung seiner kolonialen Erbschaft mit neuen Machtinteressen, Rivalitäten sowie purem Wahn in einen Bürgerkrieg und Genozid von unvorstellbarem Ausmaß gestürzt hat. Diese konkrete Geschichte der neunziger Jahre, die ja bereits mehrfach in literarischer oder filmischer Gestaltung zu fassen versucht worden ist, will dieser Roman zur Allegorie archaischer Konflikte ausweiten und als Parabel über die Verführbarkeit menschlichen Strebens erzählen.

Die "Big Chiefs", die den Titel geben, stehen für die korrupte Klasse austauschbarer Volksverführer, die stets von allgemeiner Freiheit reden, aber immer nur die eigene Bereicherung betreiben. Einer von ihnen, ein Veteran der alten Widerstandsbewegung, zeitweilig sogar Minister, bis Intrigen ihn zu Fall brachten, ist mittlerweile selbst im Slum gelandet und erblindet. Seine ärmliche Behausung gibt die Bühne, auf der die Handlung sich entfaltet, zumeist lange Gespräche oder Monologe, in denen er von der Vergangenheit erzählt und über den Lauf der Ungerechtigkeit sinniert. Sein Widerpart ist hier ein junger Mann, voll Idealismus und rebellischem Geist, der die Schlechtigkeit der Welt bekämpfen will und dabei nur das eigene Leben lässt. Dies alles wird in formelhafter, stark stilisierter Rede übermittelt, von Thomas Brückner in ein deutsches Idiom gebracht, das streckenweise wie die Lutherbibel klingt: "Und also tat der junge Mann wie ihm geheißen und glaubte ihnen. Sie brachten ihn auf einen einsamen Hügel, der war weit von allem entfernt, und schossen ihm, sehr zum Erstaunen der Nacht, die ihnen zusah, unzählige Löcher in den Körper. Und als er auf dem Boden lag und sein Leben verblutete, schaute er zu den Männern auf und fragte: ,Warum?'"

Derlei Pathos aber klingt meist hohl. Aus tief empfundener Ergriffenheit für die gerechte Sache lässt sich kein Roman zusammenschustern, ohne Betroffenheitskitsch zu produzieren. Dem Versuch, vom Völkermord zu schreiben, fehlt es an Format wie an erzählerischer Substanz, um sein großes Thema mit Wucht und Wirksamkeit zu meistern.

TOBIAS DÖRING

Meja Mwangi: "Big Chiefs". Roman. Aus dem Englischen von Thomas Brückner. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2009. 272 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht wirklich gelungen findet Tobias Döring diesen Roman Meja Mwangis über den Völkermord in Ruanda. Über dieses Thema einen guten Roman zu schreiben, scheint ihm überaus schwierig. Mwangis Versuch, das Grauen des Genozids mit einer finsteren Parabel zu fassen, hat ihn aber nicht überzeugt. Dass die Figuren namenlos,typisiert und holzschnittartig bleiben und in einer stark stilisierten Sprache sprechen, funktioniert in seinen Augen nicht. Vieles wirkt auf Döring pathetisch, und dieses Pathos klingt in seinen Ohren "meist hohl". Letztlich vermisst er sowohl das "Format" als auch die "erzählerische Substanz", die nötig gewesen wären, um das schwere Thema mit "Wucht und Wirksamkeit zu meistern".

© Perlentaucher Medien GmbH