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  • Verlag: Beck, C H
  • ISBN-13: 9783406496172
  • Artikelnr.: 25016084
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Von der Gründung bis zur Liquidation
Ein solides Bilanz-Handbuch für Einzelabschlüsse

Robert Winnefeld: Bilanz-Handbuch. Handels- und Steuerbilanz, rechtsformspezifisches Bilanzrecht, bilanzielle Sonderfragen, Sonderbilanzen. C. H. Beck, München 1997, 1694 Seiten, 178 DM.

In Bilanzen spiegelt sich das Leben der Unternehmen wider. Dieser Satz stimmt trotz aller Kritik an den Finanzabteilungen der Gesellschaften, die Jahresabschlüsse vorlegen, in denen kein tatsachengerechtes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gegeben wird, und trotz aller Kritik an Wirtschaftsprüfern, die das hinnehmen oder nicht bemerken. Die Unternehmen werden größer, aus meist steuerlichen Gründen kompliziert gestaltet und immer häufiger Teil von unternehmensübergreifenden Konzernen, Konsortien oder Allianzen. Je komplizierter die Zusammenhänge werden, um so wichtiger sind zuverlässige Zahlen.

Trotz aller Vorbehalte gibt es aber nichts Zuverlässigeres über die Unternehmen als ihre Jahresabschlüsse. Und die Öffentlichkeit sollte immer wieder darauf dringen, daß die Abschlüsse so sorgfältig wie möglich ausgearbeitet werden. Alle, die Bilanzen aufstellen, wären gut beraten, in einem Nachschlagewerk wie dem Bilanz-Handbuch von Robert Winnefeld nachzuschlagen, was alles im Jahresabschluß zu stehen hat. Durch Erläuterungen der Bilanztechnik, der rechtlichen Grundlagen und der Ziele anhand zahlreicher Beispiele wird das Buch zu einem soliden Ratgeber für jeden, der bilanzieren muß. Es nützt aber auch dem externen Bilanzleser. Beide finden hier - nach den langen Diskussionen über die Umsetzung der europäischen Vorschriften im Bilanzrichtliniengesetz von 1985 - eine solide Basis.

Winnefeld deckt das ganze Spektrum von der Eröffnungsbilanz über die Handels- und Steuerbilanz, die Rechnungslegung in der Krise mit Überschuldungs-, Sanierungs- und Vergleichsbilanz bis zur Liquidations- und Konkursbilanz am Lebensende eines Unternehmens ab. Dazu kommen ausführliche Kapitel zum Anhang und zum Lagebericht sowie zu zahlreichen Sonderfragen wie der Behandlung von Geschäfts- oder Firmenwerten oder die Bilanzierung von Haftpflichtverbindlichkeiten. Das Handbuch ist übersichtlich, ausführlich und klar verständlich geschrieben.

Qualitative Unterschiede in einzelnen Kapiteln lassen sich bei einem so umfassenden Thema kaum vermeiden. So kann man die bilanzielle Behandlung der Geschäfts- oder Firmenwerte an anderer Stelle besser nachlesen. Hier hält sich Winnefeld lange mit der Erklärung des originären und des derivativen Goodwills auf und beklagt, daß durch die Übernahme eines Urteils des Bundesfinanzhofs in das Gesetz im Handelsrecht eher Verwirrung gestiftet worden sei. Sein Kapitel trägt leider auch nicht zur Klarheit bei. So wird die einfachste Lösung, nämlich die sofortige Verrechnung mit dem Eigenkapital, gar nicht erst erwähnt. Hier wie auch bei der Behandlung der "Wertaufholung nach außerplanmäßigen Abschreibungen", die in diesem Buch ausführlich behandelt wird, vermißt man praktische Beispiele. Jahrelang ist der Asko Deutsche Kaufhaus AG vorgeworfen worden, durch hohe aktivierte Geschäftswerte ihre Überschuldung verschleiert zu haben, und bei der Wertaufholung hat der Fall Strabag vor eineinhalb Jahren in der Öffentlichkeit zu größeren Diskussionen geführt. Damals hatte der Baukonzern die auf einen Erinnerungswert abgeschriebenen Forderungen gegenüber Irak wieder hochgeschrieben und den entsprechenden dreistelligen Millionenbetrag den Umsatzerlösen zugeschlagen.

Aus der Schilderung solcher Fälle und nicht nur der abstrakten theoretischen Möglichkeiten könnte auch der Praktiker Nutzen ziehen. Ähnlich ausgeblendet wird die aktuelle Diskussion über internationale versus nationale Bilanzierungsregeln. Zwar gibt es ein kurzes und auch informatives Kapitel zu "Bilanzierungsregeln im internationalen Vergleich", aber die aktuelle Diskussion um Jahresabschlüsse nach dem Handelsgesetzbuch einerseits und internationalen und amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften (IAS und US-Gaap) andererseits findet in dem Buch nicht statt. Dagegen könnte man einwenden, daß es nicht Aufgabe eines Handbuchs sei, den aktuellen Diskussionsstand wiederzugeben, sondern sich auf gesicherte Erkenntnisse zu beschränken. Aber auch durch diesen Einwand kann man den gravierendsten Mangel nicht ausräumen: Es fehlt ein eigenständiges Kapitel über die Konzernbilanz mit ihren Konsolidierungsregeln. Sie ist heute für das Bild der Unternehmen, für die Beurteilung ihrer Vermögens-, Kapital- und Ertragslage wichtiger als die Einzelbilanz. Dieser Mangel schmälert den Wert des Handbuchs.

Dennoch, bei aller Kritik, die bei einem so umfangreichen Werk nicht ausbleiben kann, sind der Mut und die Leistung zu loben, auf eintausendsiebenhundert Seiten eine so komplizierte Materie inhaltlich solide und sprachlich sauber aufbereitet zu haben. GEORG GIERSBERG

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