„Bild – Macht – Politik“ ist der Begleitkatalog zur gleichnamigen Ausstellung, die noch bis zum 3. März in der Österreichischen Nationalbibliothek stattfindet. Es ist die größte Einzelausstellung Okamotos, seit er 1985 mit 69 Jahren Selbstmord beging, und sie würdigt nicht nur einen bedeutenden
Reportagefotografen, sondern insbesondere den Künstler, der die Sehgewohnheiten der…mehr„Bild – Macht – Politik“ ist der Begleitkatalog zur gleichnamigen Ausstellung, die noch bis zum 3. März in der Österreichischen Nationalbibliothek stattfindet. Es ist die größte Einzelausstellung Okamotos, seit er 1985 mit 69 Jahren Selbstmord beging, und sie würdigt nicht nur einen bedeutenden Reportagefotografen, sondern insbesondere den Künstler, der die Sehgewohnheiten der Bildberichterstattung im Nachkriegsösterreich maßgeblich beeinflusst hat.
In den USA ist Yoichi Okamoto besonders durch seine Arbeit als offizieller Fotograf des Weißen Hauses in der Amtsperiode Lydon B. Johnsons bekannt. Er dokumentierte buchstäblich jeden Schritt des Präsidenten und das, obwohl er zeitweise massivem öffentlichem Druck ausgesetzt war. Johnson entließ ihn daraufhin zwar, stellte ihn aber kurz darauf wieder ein. Bis heute ist die Amtszeit Johnsons die am besten dokumentierte aller amerikanischen Präsidenten.
Okamotos Bildästhetik ist stark von Henri Cartier-Bresson beeinflusst, dessen suggestives und emotionales Konzept er perfekt beherrscht. Dynamischer Bildaufbau, eine exzellente Balance der Kontraste gepaart mit einem großen erzählerischen Talent machen seine Fotos zu Paradebeispielen für herausragende Bildreportagen in der Nachkriegszeit. Ab 1945 arbeitete Okamoto in Salzburg für die Militärverwaltung und wurde damit zum Dokumentar des kriegszerstörten Wien, eine Aufgabe, die er mit viel Empathie und Feinfühligkeit umsetzte. Auch wenn er nicht dezidiert zu den Sozialfotografen zählt, kannte er keinerlei Berührungsängste zu sozial Benachteiligten und hatte ein offenes Auge für soziale Missstände.
Der Ausstellungskatalog ist stark biografisch strukturiert, mit vielen Beispielen aus Okamotos öffentlichem und privatem Portfolio, wobei seine Wiener Zeit und die Jahre im Weißen Haus im Fokus stehen. Die Autoren der Einzelbeiträge setzen sein Werk aber immer auch in einen größeren Kontext und untersuchen den Einfluss, den Okamotos Bilder auf die öffentliche Wahrnehmung hatten. So wie man Okamotos Vorbilder auf den ersten Blick erkennt, so unzweifelhaft ist die Wirkung, die seine Bilder auf die nachfolgenden Fotografengenerationen bis in die Gegenwart hatte.
Die mit großer Kennerschaft zusammengestellte Bildauswahl konzentriert sich allerdings nur auf Okamotos Glanzzeit zwischen 1945 und ca. 1970, das spätere Werk für TIME LIFE, die amerikanische Umweltschutzbehörde oder das Smithsonian Institute werden weitgehend ausgeblendet, ebenso wie sein Selbstmord nicht erwähnt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Aspekte zum Verständnis der Person von Bedeutung wären, die im Katalog vor allem auf der Arbeitsebene sichtbar wird. Der Mensch Okamoto bleibt dagegen weitgehend im Dunkeln.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)