Annemarie Schwarzenbach, 1908 in Zürich geboren, starb 1942 mit nur 34 Jahren an den Folgen eines Unfalls. Sie war wohlhabend, freigeistig, bisexuell, intelligent und willensstark, ihr Horizont kannte keine Grenzen und die Welt war gerade groß genug - das kurze Leben der Schriftstellerin, Journalistin und Fotografin war von einer Intensität und Weitläufigkeit, wie es nicht nur für die damalige Zeit außergewöhnlich ist.Von 1933 bis zu ihrem frühen Tod war sie beinahe ständig auf Reisen, die Kamera hatte die passionierte Fotografin dabei immer zur Hand.1929 hatte der Börsencrash in New York eine Wirtschaftskrise unvorstellbaren Ausmaßes ausgelöst, die schnell über die amerikanischen Grenzen in die Welt schwappte. Der wirtschaftliche Niedergang in den USA wurde verstärkt durch Naturkatastrophen - Überschwemmungen und Verödung einst fruchtbarer Gebiete als Folge exzessiven Raubbaus. Ab Januar 1937 bereiste Annemarie Schwarzenbach Pennsylvania, Ohio, West Virginia und New York. In Pennsylvania besucht sie unter anderem die Bergbauregion Mount Pleasant, in Ohio fährt sie in die Hafenstadt Cincinnati und besucht das Umsiedlungsprojekt in Greenhills. Außerdem fotografiert sie im Kohlerevier Scotts Run, West Virginia. Im Februar 1937 kehrte sie in die Schweiz zurück, ist Anfang Oktober aber schon wieder in den USA und bricht Ende des Monats zu einer Reportagereise in die Südstaaten auf: Tennessee, Virginia, Alabama, Georgia, North- und South Carolina. Hier dokumentiert sie die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der entrechteten und gesellschaftlich benachteiligten unteren Bevölkerungsschicht: Das postsklavische System der "Sharecroppers" auf den Baumwollplantagen oder das Leben und Leiden von Fabrikarbeitern und -arbeiterinnen, die ihrem Schicksal ebenso hilflos gegenüberstanden.Festgehalten hat Schwarzenbach die Eindrücke ihrer Reisen in zahlreichen sozialdokumentarischen Fotografien, die von ihrem feinen Gespür für den Augenblick, ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer Neugier zeugen, ebenso wie von der Entschlossenheit, die Dinge zu zeigen, wie sie sind.Die Schwarzenbach-Biographin Dominique Laure Miermont schreibt über Schwarzenbachs USA-Fotos:"Sie bilden Menschen ab, die in ihrer übermächtigen ökonomischen und sozialen Realität gefangen sind. Annemarie richtet ihren Blick mit unbedingter, engagierter Humanität auf die resignierten Gesichter, die sich ihrem Objektiv ganz ungekünstelt darbieten."
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