Die Geschichte der Wohnungsnot wird lesbar anhand von stereotypen Bildern, die in unterschiedlichen historischen Epochen über Menschen in Not vorherrschten - als »Vagabunden« oder »Taugenichtse«, »Nichtsesshafte« oder »asozial« Stigmatisierte. Die Auseinandersetzung mit diesen Bildern lenkt den Blick auf die historische Kontinuität sozialer Entkoppelung und politischer Ausgrenzung sowie auf die bis heute ungebrochene Wirkungsmacht symbolischer Spaltungen.Saskia Gränitz unternimmt nicht nur eine ideologiekritische Entzauberung dieser Bilder, sondern befragt sie auch als real wirkmächtige Phantasmen hinsichtlich ihrer Funktion, Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse in jeder Epoche aufs Neue durchzusetzen. Dabei erweist sich die 500-jährige Geschichte der Herausbildung und Transformation kapitalistischen Wohnens als ein Drama mit wiederkehrenden Krisen, immer neuen Erscheinungsformen der Not und überwiegend gewaltsamen Versuchen ihrer politischen Regulierung.
»Frau Gränitz hat eine breit angelegte und gut fundierte Rekonstruktion der Geschichte der Wohnungsnot und ihrer disziplinären und professionellen Bewältigungsversuche vorgelegt. Die jeweilige relationale Schwerpunktsetzung auf die Epochenmerkmale, die dynamischen Sozialfiguren und die Institutionen und Handlungsweisen der Fürsorge ist originell. Die Studie ist nicht nur für die[*]den in diesem Feld Tätigen zu empfehlen, sondern auch als exemplarische Analyse sozialer Probleme ein gelungener Beitrag zur Geschichte der Sozialen Arbeit in Deutschland.« Karl-Heinz Braun, socialnet am 26. Juni 2024