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Die Geschichte der wissenschaftlichen Wahrnehmungen zeigt uns wie die Wissenschaften in unsere Kultur eingebunden sind. Sehen ist nicht einfach die Wahrnehmung dessen, was da ist. Die Objektivität der Naturwissenschaften gründet zwar darauf, dass es jemanden gibt, der zuschaut. Aber die Wahrheiten werden nicht einfach durch wahrnehmen gefunden. 'Bilder des Wissens' sucht den Raum abzuschreiten, den diese Fragen eröffnen. Das Buch fragt, wie wir uns dieser naturwissenschaftlichen Erfahrung sicher sein können. Dabei findet es die Antwort in der Geschichte, die zeigt, wie sich die Welt-Bilder der…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der wissenschaftlichen Wahrnehmungen zeigt uns wie die Wissenschaften in unsere Kultur eingebunden sind. Sehen ist nicht einfach die Wahrnehmung dessen, was da ist. Die Objektivität der Naturwissenschaften gründet zwar darauf, dass es jemanden gibt, der zuschaut. Aber die Wahrheiten werden nicht einfach durch wahrnehmen gefunden. 'Bilder des Wissens' sucht den Raum abzuschreiten, den diese Fragen eröffnen. Das Buch fragt, wie wir uns dieser naturwissenschaftlichen Erfahrung sicher sein können. Dabei findet es die Antwort in der Geschichte, die zeigt, wie sich die Welt-Bilder der Wissenschaften entwickelt haben. Ausgehend von der Antike werden die wesentlichen Phasen in der Entwicklung der wissenschaftlichen Beobachtungen skizziert. Breidbach diskutiert das Verhältnis von Erfahrung, Beobachtung und Experiment und erläutert die Genese der wissenschaftlichen Bildwelten. Dabei zeigt er auf, wo in den Beobachtungen der Wissenschaft neue Facetten einer Wahrnehmungskulturdieser Wissenschaften erwuchsen und wie sie zu bewerten sind. Aus dem Inhalt Erfahrung wissen Sehen - Beobachten - Experiment Zur Wissenschafts-Geschichte des Beobachtens Mittelalterliche Buchbilder und Tafelbilder Von der Standardisierung der Beobachtung Artefakte und Natur-beobachtungen I: Der freie Fall - Galileo Galilei Artefakte und Natur-beobachtungen II: Die Entdeckung des Blutkreislaufs durch William Harvey Sehen und Illustration Bilder und Beobachtungen Galileis Monde Pflanzenbilder Mikrophotographien Haeckels Embryonenbilder Zur Archäologie des Blickes Beobachtungsbestimmungen Wissenschaftstheorie und Experiment Naturwissenschaft als Geisteswissenschaft
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Autorenporträt
Dr. phil. Olaf Breidbach, Studium der Biologie, Paläontologie, Philosophie und Kunst, Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik und des Museums Ernst-Haeckel- Haus der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.04.2005

Wir schauen den Aal, doch der Aal flutscht weg
Ein Bild, eine Kurve, eine Spur: Olaf Breidbachs Studie über die Verwicklungen wissenschaftlichen Beobachtens
Wissenschaftler, so hat der französische Soziologe Bruno Latour einmal geschrieben, beginnen erst dann etwas zu sehen, wenn sie ihren Blick von der Natur abwenden und sich stattdessen in die Aufzeichnungen ihrer Instrumente vertiefen. Was sie auf dem Papier oder dem Bildschirm dann vor sich sehen, ist deshalb niemals die „Sache selbst”, sondern immer schon ihre Umwandlung in ein Bild, eine Kurve oder eine Spur. Und trotzdem behaupten die Wissenschaftler zu Recht, dass ihre ganz und gar künstlichen und selbst gemachten Bilder etwas über die tatsächliche Natur der untersuchten Phänomene aussagen. Wie soll man aber mit so viel Technik und Künstlichkeit zum natürlichen Wesen einer Sache vordringen? Und wer oder was hat die dabei entstandenen Spuren und Bilder eigentlich erzeugt? Die Wissenschaftler, die ohne ihre Instrumente kaum etwas sehen? Oder die Instrumente, die ohne die Wissenschaftler auch nicht weit gekommen wären?
Solche Fragen sind es, denen nun auch der Wissenschafthistoriker Olaf Breidbach in seinem Buch über „Bilder des Wissens” auf der Spur ist. Und auch Breidbach beginnt mit der Einsicht, dass es ein unmittelbares Sehen in der Geschichte der Naturwissenschaften niemals gegeben hat. Selbst der scheinbar naive Blick eines Botanikers, der sich bemüht, eine Blüte so zu zeichnen, wie er sie vor Augen sieht, ist bereits durch kulturelle Voreinstellungen geprägt. Wenn in den modernen Naturwissenschaften zwischen das Untersuchungsobjekt und den Blick des Wissenschaftlers dann auch noch allerlei technische Apparate treten, lässt sich die Idee von der Unmittelbarkeit des Sehens noch viel weniger halten.
Die Paradoxien, die sich hier einstellen, zeigt Breidbach sehr eindrücklich am Beispiel der Elektronenmikroskopie. Was der Biologe auf dem mattgrün fluoreszierenden Bildschirm ins Auge fasst, ist nicht sein Präparat, sondern ein im Elektronenstrahl erzeugtes Artefakt. Nicht selten wird dieses im Verlauf seiner Aufzeichnung sogar zerstört. Für den Mikroskopiker besteht kein Widerspruch darin, dass die Sichtbarmachung seines Untersuchungsobjekts unter Umständen mit dessen Verschwinden bezahlt werden muss - das Präparat wird sichtbar, sobald es nicht mehr existiert.
Solche Einsichten in die Logik des wissenschaftlichen Beobachtens machen deutlich, dass es lohnend gewesen wäre, wenn der Verfasser seine Studie auf der Grundlage einiger weniger ausgewählter Fallstudien entwickelt hätte. Stattdessen verhandelt er Beispiele aus Physiologie, Botanik, Chemie, Astronomie, Meteorologie, Kunst und Kernphysik. Der thematischen Breite liegt die - unausgesprochene - These zugrunde, dass es jenseits der besonderen Traditionen und Praktiken dieser unterschiedlichen Disziplinen eine allgemeine Geschichte der Beobachtung gibt. Der Beweis für diese Annahme steht noch aus. Aber auch auf der Zeitachse geht es im rasanten Tempo vor und zurück. Die Studie reicht von Aristoteles’ Betrachtungen der Aale bis zur Sat1-Dokumentation über das Leben der Tiefseefische. Da kommt einiges zusammen, auf jeder Seite ein neuer Kosmos - zu viel für eine Monografie.
Der Text, so liest man zu Beginn, erschließe kein neues Material, sondern wolle bestehende Befunde interpretieren. Das klingt ein wenig so, als seien die bisherigen Forschungen zur Visualisierung in den Wissenschaften vor allem eine bloße Anhäufung von Material gewesen, dem die analytische Bearbeitung noch fehlte. Angesichts der zahlreichen Arbeiten, die in den vergangenen Jahren in den Science studies, in Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft geschrieben wurden, kann man diese Version wohl bezweifeln. Die Instrumentalisierung des Sehens wurde dort ebenso behandelt wie die historische Wandelbarkeit von Kategorien wie Objektivität, Evidenz oder Aufmerksamkeit. Zudem stellt sich bei der Lektüre die Frage ein, ob der philosophische Überbau des Textes den mitunter recht zerbrechlichen Objekten des Labors immer gut tut. Vor allem in den abschließenden Kapiteln geht der Text in ein freischwebendes Räsonieren über, in dem der Verfasser dann gerne auch ein feierliches „Wir” in Anschlag bringt: „Wir finden uns in uns selbst.” Aber wer sind „wir” eigentlich? Als Fluchtpunkt des wissenschaftlichen Beobachtens wird immer wieder „das Subjekt” genannt - ein geheimnisvolles Wesen, das hinsichtlich Alter, Herkunft und besonderer Kennzeichen eigentümlich kontur- und geschichtslos bleibt.
Und wo sind unterdessen eigentlich die „Bilder des Wissens” geblieben? Also jene sichtbaren Spuren, die im Unterschied zu den flüchtigen Gesten und Beobachtungen der Wissenschaftler dauerhaft Gestalt angenommen haben. Der Verfasser behandelt sie vor allem als Protokolle von Beobachtungen - als seien Bilder nur sichtbare Ruinen vergangener Blicke. In vielen der so genannten bildgebenden Verfahren hat man es aber mit Bildern zu tun, denen gar kein Blick vorausgegangen ist: wie ihr Name schon sagt, „geben” sie Bilder und lassen dort, wo ein blinder Fleck des Beobachters war, etwas sichtbar werden. Eine Studie über wissenschaftliche Bilder müsste gerade diesen visuellen Überschuss in den Blick nehmen.
Während also Breidbachs Theorie der Beobachtung präzise zwischen Wahrnehmung, Beobachtung und Perzeption unterscheidet, nimmt sich die Kultur der Bilder vergleichsweise unscharf aus. Das zeigt auch ein Blick auf die Auswahl der Abbildungen. Bei der Mehrzahl handelt es sich um rein illustrative Bildbeispiele, denen der Verfasser keinen eigenständigen Erkenntniswert beimisst. Was unter einer Illustration zu William Harveys Darstellung zur Fließrichtung des Blutes steht, lässt sich so als Gesamtmotto für diesen Einsatz der Bilder lesen: „Siehe Text für Details”. Man profitiert deshalb, wenn man dem Buch seinen Titel nicht glaubt. Breidbach hat eine anregende Einführung in die Verwicklungen des wissenschaftlichen Beobachtens geschrieben. Über das Wissen der Bilder schweigt der Beobachter.
PETER GEIMER
OLAF BREIDBACH: Bilder des Wissens. Zur Kulturgeschichte der wissenschaftlichen Wahrnehmung. Wilhelm Fink Verlag, München 2005. 196 Seiten, 29,90 Euro.
Zwischen Wissenschaftler und Objekt tritt der Apparat der Sichtbarmachtung: Bakterien und Wachströpfchen auf einem Linoleumboden, gesehen durch ein Elektronenmikroskop
Foto: Agentur Focus
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Peter Geimer hat Olaf Breidbachs Studie über Bilder, die unter wissenschaftlicher Beobachtung entstehen, mit großem Interesse gelesen, aber ganz zufrieden ist er nicht. Der Autor vertritt darin die These, dass es einen objektiven Blick auch in der Wissenschaft nicht geben kann, vielmehr die Bilder, die aus der Beobachtung resultieren, immer schon durch kulturelle Voraussetzungen beeinflusst werden, erklärt der Rezensent. Zudem zerstören die technischen Geräte, die dem Wissenschaftler erst das Sehen ermöglichen, nicht selten das Objekt ihrer Untersuchung, wie der Autor "sehr eindrücklich" anhand des Elektronenmikroskops demonstriert. Dem Rezensent wäre es allerdings lieber gewesen, wenn Breidbach sich auf einige Beispiele beschränkt hätte, anstatt zahlreiche Abbildungen von verschiedensten Fachrichtungen unter die Lupe zu nehmen. Zudem hat der Autor auch den zeitlichen Rahmen seiner Studie weit gesteckt und untersucht Bilder von Aristoteles bis in die Gegenwart, was einfach "zu viel" ist, moniert Geimer. Auch der "philosophische Überbau", mit dem den "zerbrechlichen Objekten des Labors" zuleibe gerückt werden, scheint dem Rezensenten nicht immer dienlich und so kann er mit dem "freischwebenden Räsonieren" des letzten Kapitels nicht viel anfangen.

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