In vier brilliant geschriebenen Essays beschäftigt sich Prisching mit zentralen politischen Themen der Gegenwart: Schwindet die Solidarität in unserer Gesellschaft? Wie wandeln sich unsere Auffassungen über das Funktionieren der Wirtschaft und die Aufgaben des Staates? Ist der Anstieg der Staatsausgaben unaufhaltsam? Erreicht der expandierende Wohlfahrtsstaat seine Ziele? Eindeutige Antworten auf diese Fragen gibt es nicht. Prisching zeigt in seinen Studien gerade auf, daß die einfachen Behauptungen und Lösungen, welche die öffentliche Diskussion beherrschen, unzulänglich sind. Dabei bleibt er nicht bei einer Analyse der objektiven Wirklichkeit stehen. Vielmehr geht es ihm um die subjektive Wirklichkeit, die Welt in den Köpfen; den sich wandelnden und widersprüchlichen Bildern, die sich die Menschen von dem machen, was um sie herum vorgeht. Diese Bilder bestimmen, was als Problem wahrgenommen wird, wie und wer es lösen soll. So entstehen gegenläufige Argumentationsketten, die Prisching geschickt verknüpft. Dadurch werden nicht nur die Ambivalenz der thematisierten Probleme und die Inkonsistenzen im Denken und Handeln der Individuen vor Augen geführt, sondern es entstehen abgerundete Darstellungen von Problemen und Entwicklungen im Verhältnis Staat und Individuum in der modernen Industriegesellschaft. "Es ist schwer vorstellbar, daß die europäischen Länder in den nächsten Jahrzehnten weitere zwanzig Prozent des Sozialprodukts in den Sektor der Sozialversorgung umdirigieren, wie dies in den letzten dreißig Jahren der Fall war. Doch weitere die öffentlichen Kassen strapazierende Belastungen lassen sich absehen: so etwa im Bereich der Pensionszahlungen, wo die demographischen Strukturen die Belastungsquote erhöhen, oder im Bereich der Gesundheitsleistungen, deren "Kostenkrankheit" bislang nicht in den Griff zu bekommen war. Aber auch sonst tun sich überall neue Anforderungen auf, berechtigte und unberechtigte, und der Wohlfahrtsstaat ist nicht in der Lage, ihnen nachzukommen. So wächst auch die Verdrossenheit der Bürger, und Rückschläge in der öffentlichen Meinung werden sichtbar: Der Staat tut immer mehr, mischt sich überall ein, kostet eine Menge Geld; und doch bleiben immer mehr Wünsche unerledigt. Allzu leicht wird die Tatsache übersehen, daß er auch immer mehr Wünsche erledigt. Denn viele der Dynamiken, die in dieser Studie beschrieben wurden, sind gerade auf den Erfolg des Wohlfahrtsstaates zurückzuführen. Sie sind nur auszuloten, wenn man den "Wohlfahrtsstaat in den Köpfen", die kulturellen Komponenten des Sozialstaates, analysiert. Wir haben versucht, diese Vielschichtigkeit des Sozialstaates, Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten, Diffuses und Unsicheres herauszuarbeiten. Der Wohlfahrtsstaat ist erfolgreich und schafft dadurch mehr Probleme. Er ist erfolgreich und schafft dadurch noch höhere Erwartungen. Er ist erfolgreich und gerät doch in die Krise. Darin besteht sein Mißerfolg." Manfred Prisching Inhalt:I. Ökonomische Weltbilder. Die Dynamik der Gesellschaft und ihrer Wirtschaftstheorien - II. Das Ende der Solidarität? Zerfall und Rekonstruktion solidarischer Bindungen in der modernen Gesellschaft - III. Die Ausweitung der Staatsausgaben. Ein modernisierungstheoretischer Rahmen - IV. Sozialstaatliche Ideale und sozioökonomische Realitäten. Über die Kultur des Wohlfahrtsstaates