Kommen Sie mit auf eine spannende Entdeckungsreise durch das Ruhrgebiet! Dorthin, wo einst Zechen, Stahlwerke oder Kokereien standen. Aus den Überresten der Schwerindustrie sind aufregende Veranstaltungsorte, anregende Gastronomien, spannende Museen oder abwechslungsreiche Freizeitzentren geworden. Wohnen und Arbeiten, Hightech und Historie, Spiel und Spaß: Das neue Leben in den alten Buden ist vielfältig, bunt und einzigartig! Vorher - Nachher: Wie sah es hier eigentlich früher aus? Auch das zeigt Ihnen dieses Buch. Mit historischen Aufnahmen von Albert Renger-Patzsch, Chargesheimer und anderen namhaften Fotografen ihrer Epochen. Die Zeitreise nimmt Sie mit in das Ruhrgebiet der 1920er und 1950er Jahre.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2005Zweites Leben: Zeitbrüche im Ruhrgebiet
Lange vor den Touristen entdeckten die Fotografen das Ruhrgebiet. Albert Renger-Patzsch, der von 1929 bis 1944 in Essen lebte, August Sander, Wolf Strache, Chargesheimer, Bernd und Hilla Becher. Alle waren sie fasziniert von den gewaltigen Umbrüchen, die sich nirgends so rasant vollzogen wie in diesem Ballungsraum, dessen unvermitteltes Ineinander von Stadt und Landschaft Joseph Roth 1926 als "Stadtschaft" bezeichnete.
Die Vorgänger werden als Zeugen aufgerufen in dem "Bilderbuch Ruhrgebiet", das der Essener Fotograf Manfred Vollmer - gemeinsam mit dem Bochumer Journalisten Wolfgang Berke - vorlegt. Ebendas hebt es heraus aus dem Gros der Bildbände über das Revier, die in immer kürzeren Abständen erscheinen. Der Förderturm der Zeche Germania in Dortmund, aufgenommen von Renger-Patzsch 1935 und wieder, da er längst das Bergbau-Museum in Bochum als Wahrzeichen überragt, von Vollmer fast siebzig Jahre später: Das Vorher/Nachher pointiert den Strukturwandel und läßt ihn spannungsreich anschaulich werden. Der Versuch, dem Ruhrgebiet neue, freundliche und farbige Bilder abzugewinnen, geht einher mit Verlustanzeigen in Schwarzweiß. Unser Foto vereint Entstandenes und Abgestandenes fast emblematisch: Im Landschaftspark Duisburg-Nord, wo die Gießbühne zum Konzertpodium geworden ist, geben die Industrierelikte der Kunst eine Fassung. Das Thema Kultur ist in dem Buch nicht nach Orten und Objekten, sondern nach deren (neuen) Funktionen gegliedert: als Denkmäler, Museen, Wohnungen, Läden und Gastronomiebetriebe. Das erleichtert den Überblick, lenkt aber ab von Charakteristischem. Denn eben daß etwa Zeche und Kokerei Zollverein viele verschiedene Nutzungen in sich aufnehmen, ist Voraussetzung für ihr "zweites Leben".
Die Texte sind knapp und informativ, doch der Anredeton ("Kommen Sie mit . . .") wirkt aufgesetzt, und der etwas übertriebene Vorzeigestolz ist Ausdruck des nach wie vor schwachen Selbstbewußtseins. Auch fehlen mehr als nur Architektennamen. Denn umfassend, wie sie in den Blick genommen wird, müßte zur Industriekultur die Villa Hügel, zu den Hinterlassenschaften der (abgeräumten) Gutehoffnungshütte die (erhaltene) Siedlung "Am Grafenbusch", zu Mülheim die Lederfabrikation und zu den Reformbewegungen im "kunstverlassenen Industriebezirk" der Folkwang-Impuls von Karl Ernst Osthaus gehören, dessen Stätten - wie die Stadt Hagen insgesamt - gar nicht vorkommen. Dennoch: Als erster Blick-Kontakt mit dem Ruhrgebiet, seiner "anderen" Schönheit und bizarren Verwandlungskraft, bietet das "Bilderbuch" mehr als das Übliche.
aro.
"Bilderbuch Ruhrgebiet - Faszination Industriekultur. Neues Leben in alten Buden" von Manfred Vollmer und Wolfgang Berke. Klartext-Verlag, Essen 2005. 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 24,90 Euro. ISBN 3-89861-421-2.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Lange vor den Touristen entdeckten die Fotografen das Ruhrgebiet. Albert Renger-Patzsch, der von 1929 bis 1944 in Essen lebte, August Sander, Wolf Strache, Chargesheimer, Bernd und Hilla Becher. Alle waren sie fasziniert von den gewaltigen Umbrüchen, die sich nirgends so rasant vollzogen wie in diesem Ballungsraum, dessen unvermitteltes Ineinander von Stadt und Landschaft Joseph Roth 1926 als "Stadtschaft" bezeichnete.
Die Vorgänger werden als Zeugen aufgerufen in dem "Bilderbuch Ruhrgebiet", das der Essener Fotograf Manfred Vollmer - gemeinsam mit dem Bochumer Journalisten Wolfgang Berke - vorlegt. Ebendas hebt es heraus aus dem Gros der Bildbände über das Revier, die in immer kürzeren Abständen erscheinen. Der Förderturm der Zeche Germania in Dortmund, aufgenommen von Renger-Patzsch 1935 und wieder, da er längst das Bergbau-Museum in Bochum als Wahrzeichen überragt, von Vollmer fast siebzig Jahre später: Das Vorher/Nachher pointiert den Strukturwandel und läßt ihn spannungsreich anschaulich werden. Der Versuch, dem Ruhrgebiet neue, freundliche und farbige Bilder abzugewinnen, geht einher mit Verlustanzeigen in Schwarzweiß. Unser Foto vereint Entstandenes und Abgestandenes fast emblematisch: Im Landschaftspark Duisburg-Nord, wo die Gießbühne zum Konzertpodium geworden ist, geben die Industrierelikte der Kunst eine Fassung. Das Thema Kultur ist in dem Buch nicht nach Orten und Objekten, sondern nach deren (neuen) Funktionen gegliedert: als Denkmäler, Museen, Wohnungen, Läden und Gastronomiebetriebe. Das erleichtert den Überblick, lenkt aber ab von Charakteristischem. Denn eben daß etwa Zeche und Kokerei Zollverein viele verschiedene Nutzungen in sich aufnehmen, ist Voraussetzung für ihr "zweites Leben".
Die Texte sind knapp und informativ, doch der Anredeton ("Kommen Sie mit . . .") wirkt aufgesetzt, und der etwas übertriebene Vorzeigestolz ist Ausdruck des nach wie vor schwachen Selbstbewußtseins. Auch fehlen mehr als nur Architektennamen. Denn umfassend, wie sie in den Blick genommen wird, müßte zur Industriekultur die Villa Hügel, zu den Hinterlassenschaften der (abgeräumten) Gutehoffnungshütte die (erhaltene) Siedlung "Am Grafenbusch", zu Mülheim die Lederfabrikation und zu den Reformbewegungen im "kunstverlassenen Industriebezirk" der Folkwang-Impuls von Karl Ernst Osthaus gehören, dessen Stätten - wie die Stadt Hagen insgesamt - gar nicht vorkommen. Dennoch: Als erster Blick-Kontakt mit dem Ruhrgebiet, seiner "anderen" Schönheit und bizarren Verwandlungskraft, bietet das "Bilderbuch" mehr als das Übliche.
aro.
"Bilderbuch Ruhrgebiet - Faszination Industriekultur. Neues Leben in alten Buden" von Manfred Vollmer und Wolfgang Berke. Klartext-Verlag, Essen 2005. 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 24,90 Euro. ISBN 3-89861-421-2.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mehr als das Übliche hat dieser Ruhrgebiet-Bildband Rezensent Andreas Rossmann geboten, weshalb er das Buch als ersten Blickkontakt mit dem Ruhrgebiet, seiner "anderen" Schönheit und "bizarren Verwandlungskraft" sehr empfiehlt. Besonders spannend ist der Bildband aus Sicht des Rezensenten, weil er mit einem "Vorher/Nachher" den Strukturwandel der Region pointiert und anschaulich werden lässt. Den aktuellen fotografischen Versuch, dem Ruhrgebiet neue und farbige Bilder abzugewinnen, sieht Rossmann "mit Verlustanzeigen in Schwarzweiß" von älteren und alten Bildern einhergehen. Auch die Begleittexte lobt der Rezensent als knapp und informativ. Empfindlich stört ihn hier allerdings ein etwas zu demonstrativ zur Schau gestellter "Vorzeigestolz". Auf der Mängelliste steht außerdem das Fehlen vieler Architektennamen und einiger Industrieproduktionsstätten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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