Das opulente Kompendium architektonisch und architekturgeschichtlicher Begriffe ist ein Bildwörterbuch besonderer Art. Die über 5000 Begriffe aus der Architektur sind terminologisch in überschaubaren Menüs von 68 alphabetisch geordneten grundlegenden Aspekten des Architektur-Designs aufgeführt: Geschichte, Ornament, Baustoff, Konstruktion - das sind die Themenbereiche, die es leicht machen, auch schwierige Stichworte gedanklich einzuordnen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.1997Hinweis
BILDLEXIKON - Eine gutgewachsene Säule der korinthischen Ordnung setzt sich aus Plinthe, Basis, Torus, Trochilus, kanneliertem Säulenschaft und einem akanthusgeschmückten Kapitell zusammen. All das zu wissen macht vielleicht glücklich, garantiert aber längst nicht die Fähigkeit, dieses Wissen auch einem weniger Klugen vermitteln zu können, ohne zu Bleistift und Papier zu greifen. Da architektonische Fachbegriffe räumliche Erscheinungen bezeichnen, bleibt ihre verbale Definition allemal blasser als die reine Anschauung. Diese nicht ganz neue Erkenntnis hat Francis Ching dazu bewegt, ein Bildlexikon der Architektur zu schreiben und vor allem zu zeichnen, das Architekturstudenten und interessierten Laien die termini technici der Baukunst übersetzt. Erschlossen über neunundsechzig Hauptstichwörter, stellt das Nachschlagewerk fünftausend Begriffe aus Architektur und Kunstgeschichte in einen bildlichen Kontext, um sie besser verständlich zu machen. Über weite Strecken ist dies hilf- und lehrreich, wenngleich die Fülle der Information die Seiten gelegentlich unübersichtlich werden läßt.
Nicht immer nämlich kann der Autor, selbst Architekt und Professor an der Universität Washington in Seattle, den Drang zur Illustration bändigen, der in seinen früheren Werken wie etwa "Eigenheim-Renovierung und Zeichnen: Ein kreativer Prozeß" durchaus angebracht gewesen sein mag. Daß Bilder häufig mehr als tausend Worte sagen, ist schon richtig. Ausnahmslos gilt diese Weisheit aber nicht, und es besteht schon gar kein Grund, nun tatsächlich jedes Wort zu visualisieren. Das Hauptstichwort "Kirche" ("Gebäude, in dem Gottesdienste zelebriert werden") beginnt mit einem naiven, etwa briefmarkengroßen Christusbildchen ("Christentum - Religion, begründet durch die Lehren Jesu Christi; umfaßt die katholische, protestantische und orthodoxe Kirche") und versammelt auf einer Seite die Isometrien einer romanischen Basilika und eines orthodoxen Zentralbaus, dazu die Abbildung eines Sarkophages und eines Taufbeckens, sowie links unten eine schematisierte Ikone. Beim Stichwort "olfaktorisch" strichelt Ching eine Nase und eine Blüte nebeneinander. Nasen riechen, wissen wir, Blumen duften - aha! Schon erschließt sich die Bedeutung des Fremdwortes: "den Geruchssinn betreffend". (Francis D. K. Ching: "Bildlexikon der Architektur". Aus dem Englischen von Herbert Allgeier. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1996. 319 S., über 5000 Abb., 128,- DM.) wfg
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BILDLEXIKON - Eine gutgewachsene Säule der korinthischen Ordnung setzt sich aus Plinthe, Basis, Torus, Trochilus, kanneliertem Säulenschaft und einem akanthusgeschmückten Kapitell zusammen. All das zu wissen macht vielleicht glücklich, garantiert aber längst nicht die Fähigkeit, dieses Wissen auch einem weniger Klugen vermitteln zu können, ohne zu Bleistift und Papier zu greifen. Da architektonische Fachbegriffe räumliche Erscheinungen bezeichnen, bleibt ihre verbale Definition allemal blasser als die reine Anschauung. Diese nicht ganz neue Erkenntnis hat Francis Ching dazu bewegt, ein Bildlexikon der Architektur zu schreiben und vor allem zu zeichnen, das Architekturstudenten und interessierten Laien die termini technici der Baukunst übersetzt. Erschlossen über neunundsechzig Hauptstichwörter, stellt das Nachschlagewerk fünftausend Begriffe aus Architektur und Kunstgeschichte in einen bildlichen Kontext, um sie besser verständlich zu machen. Über weite Strecken ist dies hilf- und lehrreich, wenngleich die Fülle der Information die Seiten gelegentlich unübersichtlich werden läßt.
Nicht immer nämlich kann der Autor, selbst Architekt und Professor an der Universität Washington in Seattle, den Drang zur Illustration bändigen, der in seinen früheren Werken wie etwa "Eigenheim-Renovierung und Zeichnen: Ein kreativer Prozeß" durchaus angebracht gewesen sein mag. Daß Bilder häufig mehr als tausend Worte sagen, ist schon richtig. Ausnahmslos gilt diese Weisheit aber nicht, und es besteht schon gar kein Grund, nun tatsächlich jedes Wort zu visualisieren. Das Hauptstichwort "Kirche" ("Gebäude, in dem Gottesdienste zelebriert werden") beginnt mit einem naiven, etwa briefmarkengroßen Christusbildchen ("Christentum - Religion, begründet durch die Lehren Jesu Christi; umfaßt die katholische, protestantische und orthodoxe Kirche") und versammelt auf einer Seite die Isometrien einer romanischen Basilika und eines orthodoxen Zentralbaus, dazu die Abbildung eines Sarkophages und eines Taufbeckens, sowie links unten eine schematisierte Ikone. Beim Stichwort "olfaktorisch" strichelt Ching eine Nase und eine Blüte nebeneinander. Nasen riechen, wissen wir, Blumen duften - aha! Schon erschließt sich die Bedeutung des Fremdwortes: "den Geruchssinn betreffend". (Francis D. K. Ching: "Bildlexikon der Architektur". Aus dem Englischen von Herbert Allgeier. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1996. 319 S., über 5000 Abb., 128,- DM.) wfg
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