Biografiesplitter sind fremde Leben, die ins eigene Bewusstsein dringen. Splitter, weil ihnen manchmal Anfang und Ende fehlen oder weil sie oft nur aus Lebensdaten bestehen wie auf einem Friedhof oder aber nur aus einem Bild ohne Erläuterung. Lebenszeugnisse und literarische Texte folgen einander. Anfängliche Heiterkeit wechselt in Schrecken. Ein Chorlied aus einer antiken Tragödie und ein Gedicht von Hofmannsthal bilden den Anfang, Ausschnitte aus einem berühmten Manuskript Kafkas den Schluss. Dazwischen werden wir hineingezogen in den Strudel der Shoah, in Ketten, die sich wie von selbst bilden. Miteinander verknüpft sind der Philosoph Ludwig Wittgenstein und eine unbekannte Köchin, das Lebensschicksal und Werk von Cordelia Edvardson, Primo Levi , Lilli Jahn, Abraham Sutzkever, Paul Celan, Moses Mendelssohn und Lessing, Israel Schwarz, Gabriel Riesser und Paul Engel. Schuld und Verantwortung fordern mehrfachen Perspektivenwechsel. Das Bild von der Vergangenheit muss sich verändern, wenn wir sie verstehen wollen. In den Splittern sprechen verschiedene Zeitzeugen zu mir, als wäre ich ihr erster Hörer: ein Deutscher, der in den schwärzesten Stunden unserer Geschichte geboren ist. Auch und gerade in Dichtung wird über die Zeiten hinweg als Vermächtnis der Menschheit weiter bewahrt, was die Zeitzeugen nicht mehr aussprechen können. Hier zeigt sich auch jenes Licht (Celan), das uns wieder Hoffnung geben kann.