Alle Angehörigen des höheren Auswärtigen Dienstes zwischen 1871 und 1945 erfasst dieses auf fünf Bände angelegte Nachschlagewerk, dessen zweiter Band jetzt vorliegt. Auf der Grundlage der erstmals vollständig ausgewerteten Personalunterlagen der Behörde und zahlreicher weiterer Quellen bietet es in standardisierter Form Informationen jeweils zu Lebensdaten, Herkunft und Familie, Konfession, Ausbildungsgang, Parteizugehörigkeit, zu den einzelnen Stationen der Laufbahn im Auswärtigen Dienst und zu Tätigkeiten außerhalb dieses Dienstes. Darüber hinaus enthalten die Artikel neben Photos bibliographische Hinweise und Angaben zum Verbleib des Nachlasses. Aufgenommen sind neben den Außenministern alle Beamten und Angestellten des höheren Dienstes - in der Berliner Zentrale vom "Wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" und Referenten bis zum Staatssekretär, in den Auslandsmissionen Diplomaten und Konsuln ebenso wie Dolmetscher und Sachverständige für Handel und Wirtschaft, Kultur und Presse. Das Lexikon bietet damit Informationen, die in keinem anderen Nachschlagewerk verfügbar sind. Gleichzeitig liefert es die kollektive Biographie einer staatlichen Funktionselite, für deren weitere Erforschung und Beurteilung hier ein sicheres Fundament gelegt wird.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungRäte und Exzellenzen
DAS DIPLOMATENLEXIKON ist etwas für Kenner, weniger etwas für Genießer, weil es trotz vieler Photos keine historischen Vorder- oder Hintergründe bietet. Daß Heinrich Goering (noch ohne Umlaut) nicht nur Ministerresident in Port-au-Prince, sondern auch Vater des "zweiten Manns" im "Dritten Reich" war, läßt sich anhand der Kinder "aus II. Ehe: Karl, Olga (1889), Hermann (12.1.1893), Paula, Albert" verständlicherweise nur erahnen. Kaum nachvollziehbar ist jedoch beispielsweise, daß Erich Kordt, der Leiter des Ministerbüros von 1938 bis 1941, nicht als Hitler-Gegner ausgewiesen wird. Der geneigte Leser erfährt gerade einmal, daß der am 1. November 1937 der NSDAP beigetretene Diplomat und "Obersturmbannführer im SS-Hauptamt" im "Jan. 1948 Zeuge der Verteidigung im Prozeß vor dem Amerikan. Militärtribunal IV in Nürnberg, Fall 11 (,Wilhelmstraßenprozeß')" gewesen sei. Obwohl jene Vernehmung erst im Juni stattfand, hätte ein kleiner Hinweis nicht geschadet, daß Kordt seine gegen das nationalsozialistische Regime gerichteten mutigen Aktivitäten von 1938/39 später vor Gericht als Initiativen des angeklagten Staatssekretärs Ernst von Weizsäcker ausgab. Demgegenüber quillt die Sekundärliteratur zu Harry Graf Kessler fast über. Vom unbekannten kaiserlichen Konsul in Fiume Georg Gabriel über den legendären wilhelminischen Geheimrat Friedrich von Holstein, den Stellvertretenden Abteilungsleiter und "Verbindungsmann zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" Kurt Georg Kiesinger (den Bundeskanzler von 1966 bis 1969) und den "Wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" Wilhelm Kopf (der bis 1936 Kalbskopf hieß) bis zu Alexander Kyd von Rebenburg, der vom Kohleimporteur in Budapest 1944 als Angestellter der Deutschen Gesandtschaft zum Zensor beim ungarischen Rundfunk aufstieg: Alle Angehörigen des höheren Auswärtigen Dienstes zwischen Reichsgründung und Reichsuntergang sind erfaßt (Lebensdaten, Konfession, Herkunft, Eheschließung, Kinder, Ausbildung, Parteizugehörigkeit, Stationen der Laufbahn, Tätigkeiten nach einem Ausscheiden, Verbleib des Nachlasses und bibliographische Angaben). Die Bearbeiter Gerhard Keiper und Martin Kröger ergänzen damit durch penible Auswertung der Personalakten und anderer Quellen vorzüglich die vierzig Dokumentenbände der in den zwanziger Jahren entstandenen Edition "Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914" und die sechzig Bände der 1995 endlich abgeschlossenen "Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945". (Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt durch den Historischen Dienst. Band 2: G-K. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2005. XIV und 715 Seiten, 158,- [Euro].)
RAB.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
DAS DIPLOMATENLEXIKON ist etwas für Kenner, weniger etwas für Genießer, weil es trotz vieler Photos keine historischen Vorder- oder Hintergründe bietet. Daß Heinrich Goering (noch ohne Umlaut) nicht nur Ministerresident in Port-au-Prince, sondern auch Vater des "zweiten Manns" im "Dritten Reich" war, läßt sich anhand der Kinder "aus II. Ehe: Karl, Olga (1889), Hermann (12.1.1893), Paula, Albert" verständlicherweise nur erahnen. Kaum nachvollziehbar ist jedoch beispielsweise, daß Erich Kordt, der Leiter des Ministerbüros von 1938 bis 1941, nicht als Hitler-Gegner ausgewiesen wird. Der geneigte Leser erfährt gerade einmal, daß der am 1. November 1937 der NSDAP beigetretene Diplomat und "Obersturmbannführer im SS-Hauptamt" im "Jan. 1948 Zeuge der Verteidigung im Prozeß vor dem Amerikan. Militärtribunal IV in Nürnberg, Fall 11 (,Wilhelmstraßenprozeß')" gewesen sei. Obwohl jene Vernehmung erst im Juni stattfand, hätte ein kleiner Hinweis nicht geschadet, daß Kordt seine gegen das nationalsozialistische Regime gerichteten mutigen Aktivitäten von 1938/39 später vor Gericht als Initiativen des angeklagten Staatssekretärs Ernst von Weizsäcker ausgab. Demgegenüber quillt die Sekundärliteratur zu Harry Graf Kessler fast über. Vom unbekannten kaiserlichen Konsul in Fiume Georg Gabriel über den legendären wilhelminischen Geheimrat Friedrich von Holstein, den Stellvertretenden Abteilungsleiter und "Verbindungsmann zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" Kurt Georg Kiesinger (den Bundeskanzler von 1966 bis 1969) und den "Wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" Wilhelm Kopf (der bis 1936 Kalbskopf hieß) bis zu Alexander Kyd von Rebenburg, der vom Kohleimporteur in Budapest 1944 als Angestellter der Deutschen Gesandtschaft zum Zensor beim ungarischen Rundfunk aufstieg: Alle Angehörigen des höheren Auswärtigen Dienstes zwischen Reichsgründung und Reichsuntergang sind erfaßt (Lebensdaten, Konfession, Herkunft, Eheschließung, Kinder, Ausbildung, Parteizugehörigkeit, Stationen der Laufbahn, Tätigkeiten nach einem Ausscheiden, Verbleib des Nachlasses und bibliographische Angaben). Die Bearbeiter Gerhard Keiper und Martin Kröger ergänzen damit durch penible Auswertung der Personalakten und anderer Quellen vorzüglich die vierzig Dokumentenbände der in den zwanziger Jahren entstandenen Edition "Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914" und die sechzig Bände der 1995 endlich abgeschlossenen "Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945". (Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt durch den Historischen Dienst. Band 2: G-K. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2005. XIV und 715 Seiten, 158,- [Euro].)
RAB.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zufrieden zeigt sich der "RAB." zeichnende Rezensent mit dem "Biografisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes", das alle Angehörige des höheren Auswärtigen Dienstes zwischen Reichsgründung und Reichsuntergang (1871-1945) erfasst (Lebensdaten, Konfession, Herkunft, Eheschließung, Kinder, Ausbildung, Parteizugehörigkeit, Stationen der Laufbahn, Tätigkeiten nach einem Ausscheiden, Verbleib des Nachlasses und bibliografische Angaben). Allerdings ist der Band seines Erachtens eher "etwas für Kenner" als für "Genießer", weil er trotz vieler Photos keine historischen Vorder- oder Hintergründe biete. Dass etwa Heinrich Goering (noch ohne Umlaut) nicht nur Ministerresident in Port-au-Prince, sondern auch Vater des "zweiten Manns" im "Dritten Reich" war, lasse sich anhand der Kinder "aus II. Ehe: Karl, Olga (1889), Hermann (12.1.1893), Paula, Albert" verständlicherweise nur erahnen. Auch hält er es für "kaum nachvollziehbar", dass Erich Kordt, der Leiter des Ministerbüros von 1938 bis 1941, nicht als Hitler-Gegner ausgewiesen wird. Davon abgesehen sieht der Rezensent in diesem Diplomatenlexikon eine vorzügliche Ergänzung der vierzig Dokumentenbände der Edition "Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914" und der sechzig Bände der "Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945".
© Perlentaucher Medien GmbH
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