Bevor ich mit meiner Rezi anfange: Cover und Klappentext haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es sich hier um reine Romantasy handelt. Ich habe erwartet, dass es vor Allem oder sogar ausschließlich darum gehen würde, das Vivian und Camden einen Weg finden müssen, um wieder zusammen sein zu
können, entweder in seiner oder in ihrer Welt. Dass wesentlich mehr dahinter steckt und die Geschichte…mehrBevor ich mit meiner Rezi anfange: Cover und Klappentext haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es sich hier um reine Romantasy handelt. Ich habe erwartet, dass es vor Allem oder sogar ausschließlich darum gehen würde, das Vivian und Camden einen Weg finden müssen, um wieder zusammen sein zu können, entweder in seiner oder in ihrer Welt. Dass wesentlich mehr dahinter steckt und die Geschichte echten Tiefgang hat, war für mich eine positive Überraschung.
Wer schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, weiß, wie man sich in den Tagen, Wochen und Monaten danach fühlt. Ist dieser Mensch dann auch noch eines frühen und gewaltsamen Todes gestorben, kommen zu Trauer, Verzweiflung und betäubter Fassungslosigkeit auch noch ohnmächtige Wut auf das Schicksal, Schuldgefühle, weil man selber noch lebt, und das merkwürdige Empfinden, dass die Welt aus dem Takt geraten ist und es niemand sonst merkt. Und genau das ist es, was Camden nach dem Tod seiner großen Liebe Vivian jeden Tag durchmacht. Er distanziert sich von seinen Freunden, belügt seine Therapeutin, und besucht immer und immer wieder den Ort, an dem seine Freundin den Tod fand. Die Autorin schafft es, dem Geschehen so viel Authentizität zu geben, als wäre das alles wirklich passiert, und so konnte ich Camden nur zu gut verstehen und litt richtig mit ihm mit.
Der Klappentext verrät es ja schon: eines Abends sieht er an der Unfallstelle ein geisterhaftes Mädchen, aber schon bald wird ihm klar, dass sie kein Geist ist, sondern eine Besucherin aus einer Parallelwelt. Dass Viv dort noch lebt, ist ihm zunächst nicht klar, und so begreift er nicht, was ihn mit dieser Welt verbindet, und warum dieses fremde Mädchen anscheinend so viel für ihn empfindet... Aber auch und gerade nach seiner ersten Begegnung mit der Viv dieser Welt lösen sich nicht alle Probleme in Wohlgefallen auf, und Camden muss eine schwerwiegende Entscheidung treffen und erkennen, dass seine Trauer ihn vielleicht blind gemacht hat.
Die wichtigen Charaktere fand ich alle sehr gut beschrieben, so dass man sie sich problemlos vorstellen konnte - von Mike, Camdens bestem Freund, über Logan, seinen Erzfeind, bis zu Nina, deren Verbindung zu Camden lange rätselhaft bleibt. Einzig Viv bleibt lange schwer zu erfassen, weil man sie mehr so wahrnimmt, wie Camden sie idealisiert in Erinnerung hat, als wie sie tatsächlich ist, aber das ist sicher durchaus beabsichtigt.
Es gab ein paar wirklich überraschende Wendungen in der Geschichte. Allerdings gibt es genug Hinweise im Text, dass man diese als Leser wesentlich schneller begreift, als Camden das tut. Das hat mich aber nicht gestört. Zum Einen sieht ein Außenstehender auch im realen Leben Dinge oft schneller, als man selber das tut, weil man zu sehr in seine Gefühle und Erwartungen verstrickt ist, und zum Anderen lag die Spannung für mich nicht so sehr in der Frage "Was wird passieren?" sondern in der Frage "Wie wird Camden damit umgehen?" Und das blieb spannend bis zum Schluss.
Die Geschichte stellte sich als viel origineller heraus, als ich erwartet hatte. Und ich war beeindruckt vom Schreibstil, dem es gelingt, die Gedanken eines Teenagers authentisch wiederzugeben, gleichzeitig eine dichte Atmosphäre zu erschaffen und auch das Unglaubliche glaubhaft zu machen. Die Liebesgeschichte steht einerseits im Zentrum des Geschehens, denn es vergeht kaum eine Seite, ohne dass Camden sich nach Viv sehnt... Aber andererseits ist die Romantik nicht das, was ich von dem Buch in Erinnerung behalten werde.
Bei diesem Thema erscheint es mir nicht ganz richtig zu sagen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt... Aber Tatsache ist, dass das Buch mich bewegt hat, dass ich mit Camden mitgefiebert habe, und dass das Ende mich völlig zufrieden gestellt hat, obwohl es nicht das war, was ich erwartet hatte.