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Die Entlarvung eines Mythos Otto Fürst von Bismarck (1815-1898), der "Eiserne Kanzler" und Begründer des Deutschen Reiches von 1871, gilt heute noch vielen als Deutschlands bedeutendster Staatsmann. Johannes Willms entwirft ein anderes Bild: Er zeigt Bismarck als ausgeprägten Opportunisten, als fintenreichen Machtpolitiker und Hasardeur, der ein System widersprüchlicher Allianzen und Bündnisse entwarf und die Einheit des Deutschen Reiches zwar zuwege brachte, aber dessen innere Gegensätze bestehen ließ. Für Willms ist Bismarck einer der Mitverantwortlichen für die katastrophale Entwicklung zum…mehr

Produktbeschreibung
Die Entlarvung eines Mythos
Otto Fürst von Bismarck (1815-1898), der "Eiserne Kanzler" und Begründer des Deutschen Reiches von 1871, gilt heute noch vielen als Deutschlands bedeutendster Staatsmann. Johannes Willms entwirft ein anderes Bild: Er zeigt Bismarck als ausgeprägten Opportunisten, als fintenreichen Machtpolitiker und Hasardeur, der ein System widersprüchlicher Allianzen und Bündnisse entwarf und die Einheit des Deutschen Reiches zwar zuwege brachte, aber dessen innere Gegensätze bestehen ließ. Für Willms ist Bismarck einer der Mitverantwortlichen für die katastrophale Entwicklung zum Ersten Weltkrieg und zur NS-Diktatur. Seine kritische Biografie ist eine anregende Auseinandersetzung mit dem Bismarck-Mythos, fundiert, zugespitzt, aber auch geprägt von Respekt für die intellektuellen Fähigkeiten des Reichskanzlers.
Autorenporträt
Johannes Willms, geboren 1948, war Feuilletonchef der 'Süddeutschen Zeitung', deren Kulturkorrespondent in Paris und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu Themen und Personen der deutschen und französischen Geschichte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.03.2015

NEUE TASCHENBÜCHER
Der fragwürdige
Kanzler
Es sei nicht leicht, unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein, soll Wilhelm I. über den Mann gesagt haben, den er 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten berief, der in drei Kriegen die kleindeutsche Einigung durchsetzte, einem Credo unbedingter Unabhängigkeit folgte und mit seiner Entmachtung 1890 zu einer Legende wurde,
deren sich Propagandisten im 20. Jahrhundert gerne bedienten.
Gegen den Bismarck-Mythos, gegen die Verzeichnung des Hasardeurs und Machtpolitikers ins Übermenschliche schrieb Johannes Willms, damals SZ-Feuilletonchef, in den Neunzigern eine Biografie, die durch Kürze und polemische Energie besticht. Den junkerlichen Egoismus, den Antiparlamentarismus, den Kampf gegen die Arbeiterbewegung wird heute kaum einer mehr loben, aber es werden wieder Stimmen laut, die Bismarcks Außenpolitik glorifizieren und zur Nachahmung empfehlen. Wie unter Otto von Bismarck, dessen 200. Geburtstag sich am 1. April jährt, das europäische Gleichgewicht zerschlagen wurde, welch fragwürdiges System von einander widersprechenden Verträgen und Abreden er hinterließ, kann man hier nachlesen.   JENS BISKY
    
        
Johannes Willms : Bismarck – Dämon der Deutschen. dtv, München 2015. 336 Seiten,
12,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2015

Überfüttertes Ottochen
Privatleben der Bismarcks

Bei genauerem Hinsehen bietet das eine oder andere Werk zum 200. Geburtstag Otto von Bismarcks nur alten Wein in neuen Schläuchen - was ein Genuss sein kann, aber nicht sein muss. Johannes Willms legt etwa seine Studie von 1997 über den "Dämon der Deutschen" nun als Paperback vor, ergänzt um ein Vorwort. Wenngleich die Wissenschaft seit den 1990er Jahren dem von Lothar Gall vorgegebenen Weg aus der Sackgasse heroisierender Verklärung und polemischer Ächtung gefolgt ist, hält Willms am Bild vom "Dämon" fest, der dem Nationalsozialismus und Hitler maßgeblich den Weg bereitet habe. Bismarcks Erbe habe einerseits der Ansicht Vorschub geleistet, dass "Antiparlamentarismus und der Glaube an eine charismatische Führergestalt" eine "Antwort auf die das Land bedrängenden Fragen" geben könnten. Andererseits habe er mit der Reichsgründung von 1871 das europäische Mächtegleichgewicht "mutwillig zerstört". Anregend, zugespitzt und sehr aufschlussreich, so rühmt der Verlag das Buch. Dem kann der Rezensent sich anschließen, auch wenn er die Kernthese dezidiert nicht teilt.

Von ganz anderem Zuschnitt, aber gleichwohl ein Wiederaufguss ist das Buch von Waltraut Engelberg über "Das private Leben der Bismarcks". Als Frucht einer jahrzehntelangen Beschäftigung an der Seite ihres Mannes, des Bismarck-Biographen Ernst Engelberg, stellt sie unter Rückgriff auf zwei frühere Bücher das Familienleben in den Mittelpunkt. Als Primärquellen dienen ihr vornehmlich die Brief- und Gesprächsbände aus den Gesammelten Werken. Die Sekundärliteratur wurde nur "nach Maßgabe der Kräfte befragt". Mit unverkennbarer Sympathie beschreibt sie Bismarck als "zielbewussten und energischen" Staatsmann, "einfühlsamen Ehemann" und "liebevollen, wenn auch nicht unkritischen Vater". Zu ertragen war sein konfliktgeladenes Leben nur, "wenn er sich mit Johanna ein familiäres Refugium schuf".

Wie gut beziehungsweise wie schlecht ihm das gelang, verdeutlicht die erstmals veröffentlichte Studie von Gabriele Hoffmann. Noch stärker als Engelberg konzentriert sie sich auf die fast fünfzig Jahre währende Ehe zwischen Otto und Johanna. Der Anspruch, die "Geschichte einer großen Liebe" zu erzählen und von Johanna das neue Bild einer "lebhaften, zunehmend urteilssicheren Frau" zu zeichnen, gelingt Hoffmann nur bedingt. Monatelange Trennungen während Bismarcks Zeit als Diplomat, Ministerpräsident und Reichskanzler, amouröse Abenteuer und die stetige Arbeitsüberlastung des Staatsmannes brachten das Gleichgewicht der Ehe ein ums andere Mal durcheinander. Krankheiten, Hypochondrien und Nervenleiden durchzogen ihrer beider Leben. "Harmonie im Haus", das war Johannas Ziel. Indem sie ihr "Ottochen" mit Dreimännerportionen überfütterte, glaubte sie, "das häusliche Leben friedlicher" zu gestalten. Dass sie damit seine Gesundheit ruinierte, nahm sie offenbar billigend in Kauf, weil - so der ungeheure Verdacht Hoffmanns - der "unbewegliche Koloss" von ihr "abhängig" war. Als ein neuer Arzt Bismarcks Leben in den 1880er Jahren mit radikalen Diätverordnungen rettete, fühlte sie sich als "Hüterin" seiner Gesundheit "entthront". Am 27. November 1894 erlosch das Licht eines schweren Lebens im Schatten eines großen Staatsmannes, der ihr am 30. Juli 1898 folgte.

ULRICH LAPPENKÜPER

Waltraut Engelberg: Das private Leben der Bismarcks. Pantheon Verlag, München 2014. 237 S., 14,99 [Euro].

Gabriele Hoffmann: Otto von Bismarck und Johanna von Puttkamer. Die Geschichte einer großen Liebe. Insel Verlag, Berlin 2014. 399 S., 24,95 [Euro].

Johannes Willms: Bismarck. Dämon der Deutschen. Anmerkungen zu einer Legende. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2015. 335 S., 12,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Willms stutzt den viel gepriesenen Staatsmann Bismarck auf sein Format als intelligenten Hasardeur und bornierten Interessenvertreter des junkerlichen Preußens zurecht. "
Alfons Huckebrink, www.autor-des-eigenen-lebens.de 3. Februar 2015