Mit außergewöhnlichem Weitblick und politischer Fortüne hat Otto von Bismarck die Geschicke Preußens, Deutschlands und Europas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts maßgeblich bestimmt. In seiner hochgelobten Biographie stellt der amerikanische Historiker Jonathan Steinberg die so einfache wie verblüffend ergiebige Frage: Wie hat er das gemacht? Das Ergebnis ist die beste Bismarck-Biographie seit langer Zeit, die dem großen Kanzler "mehr Leben einhaucht als jeder andere Biograph zuvor" (Wall Street Journal). Wie konnte jemand ohne jede Regierungserfahrung zum preußischen Ministerpräsidenten aufsteigen und dieses Amt ohne nennenswerte Gefolgschaft fast drei Jahrzehnte lang ausüben? Wie konnte jemand, der nie einen Soldaten befehligt hat, drei erfolgreiche Kriege führen, um sein Ziel, ein Deutsches Reich unter preußischer Führung, zu erreichen? Wie konnte jemand gegen den Widerstand von Krone und Machteliten die umfassendsten Sozialreformen der deutschen Geschichte durchsetzen? Steinberg findet die Antwort in Bismarcks einzigartiger Persönlichkeit, in seiner vielfach bezeugten geradezu magnetischen Anziehungskraft auf Freund und Feind, in der beispiellosen Souveränität, mit der er sich über alle Schranken hinwegsetzte und eigenen Gesetzen folgte. So vermag der Autor nicht nur das "politische Genie" Bismarcks zu erklären, sondern zugleich einen neuen Blick auf dessen Epoche zu werfen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2012Auf der Suche nach dem eisernen Selbst
An Biographien über Bismarck besteht kein Mangel. Der Brite Jonathan Steinberg lässt daher vornehmlich die Zeitgenossen des "Reichsgründers" zu Worte kommen, um viele Widersprüche des "Zauberlehrlings" Preußens zu erfassen.
Von Michael Epkenhans
Bereits Theodor Fontane hat Otto von Bismarck trotz aller Vorbehalte am Ende seines Lebens als die "interessanteste Figur" des 19. Jahrhunderts bezeichnet. In dieser Faszination ist der Grund dafür zu sehen, dass viele Historiker es mehr als einhundert Jahre nach dem Tod des "Reichsgründers" immer noch reizvoll finden, sich ihm biographisch zu nähern. Obwohl Angehörige der Zunft angesichts der kaum noch überschaubaren Literatur zu Bismarck und seiner Zeit beim Erscheinen einer weiteren Biographie oft kopfschüttelnd meinen, inzwischen sei doch alles über den "Eisernen Kanzler" gesagt und geschrieben worden, finden sie es am Ende der Lektüre dann doch erstaunlich, was es an Neuem zu berichten gibt, beziehungsweise aus welchem Blickwinkel man alte Fragen neu beantworten kann. Trifft dieses Urteil auch auf Jonathan Steinbergs Bismarck-Biographie zu?
Steinberg, der zu den besten englischen Kennern der deutschen Geschichte gehört, ist überzeugt, einen wichtigen Baustein zur Erklärung von Bismarcks "Macht" liefern zu können. Ihm ist bewusst, dass er einen neuen Zugriff wählen muss, um seiner Deutung die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen. So legt er anstelle einer "klassischen" Biographie eher ein "life in letters" vor. Das ist mutig, unkonventionell, gleichwohl höchst interessant. Mit großer Akribie hat Steinberg alle bekannten gedruckten Quellen - seien es amtliche Akten und Protokolle, Tagebücher oder Memoiren - gesichtet und zu einer Darstellung verwoben. Hinzu kommt eine Fülle von großenteils unbekannten Zeitungsberichten, die zu erschließen ihm erst das Internet möglich gemacht hat. Was ist dabei herausgekommen? Eine in Teilen stark psychologisch argumentierende, alles in allem aber sehr lesbare und nachdenkenswerte Biographie eines Mannes, der - daraus macht auch Steinberg keinen Hehl - wohl der bedeutendste Staatsmann der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war.
Wie sehr es Steinberg darum geht, Bismarcks Persönlichkeit mit ihren vielen, teilweise unauflösbaren Widersprüchen zu erfassen, macht bereits die Einleitung deutlich. Diese ist überschrieben mit dem Titel "Bismarcks ,souveränes Selbst'". Steinberg wählt diesen Begriff in Anlehnung an Max Webers Ausführungen über "Legitimationsgründe" von Herrschaft bewusst, um deutlich zu machen, dass Bismarck zwar über keine tatsächliche Macht verfügte, aufgrund seiner "Persönlichkeit", der "Souveränität eines außergewöhnlichen, gigantischen Selbst", aber enorme Durchsetzungs- und Gestaltungskraft besessen habe. Das klingt kompliziert, ist aber einleuchtend, da Entscheidungen des jeweiligen Souveräns - Wilhelms I., Friedrichs III. und schließlich Wilhelms II. - seine Macht nicht nur begrenzen, sondern ihn dieser sogar berauben konnten. Ausgehend von dieser Prämisse, beschreibt Steinberg, wie es Bismarck gelang, seine persönliche Macht auszuüben. Im Gegensatz zu allen bisherigen Biographen lässt er nicht Bismarck selbst sprechen, sondern jene "Freunde und Feinde", die davon in irgendeiner Form betroffen waren. In zehn Kapiteln zeichnet Steinberg Bismarcks Leben aus der Perspektive der Zeitgenossen nach - angefangen mit einem sehr lesenswerten Kapitel über einen "geborenen Preußen" über "Die Einigung Deutschlands" bis hin zu einem umfangreichen Abschnitt, der sich mit dem Dreikaiserjahr und Bismarcks Sturz auseinandersetzt.
Der "rote Faden" der Rahmenerzählung ist bekannt. Dennoch gelingt es Steinberg durch die von ihm herangezogenen, oft sehr sprechenden Zeugnisse von Zeitgenossen aus dem In- und Ausland, neues Licht auf altbekannte Probleme zu werfen. Am Ende kommt aber auch er nicht umhin, wie Ludwig Windhorst (einer von Bismarcks schärfsten Kritikern) oder die Baronin Spitzemberg (eine kluge, Bismarck wohlgesonnene Chronistin der Zeit) die Widersprüchlichkeit der Persönlichkeit des Reichskanzlers als gegeben und letztlich unauflösbar zu konstatieren. Ob man zur Erklärung dieser Widersprüche unter Rückgriff auf Sigmund Freud Bismarcks Hass auf seine Mutter in den Mittelpunkt der Darstellung stellen oder den missverständlichen Begriff des "Dämonen" einführen muss, sei dahingestellt. Bismarcks Weigerung, eigene Fehler einzugestehen, sein offenes Bekenntnis, Gegner wirklich zu hassen, seine Hypochondrie und sein regelrecht physisches Leiden an seiner Umwelt in schwierigen Situationen oder auch - so Steinberg - seine ungehemmte "Fresslust" sind einige Beispiele, die diese "Diagnose" bestätigen sollen. Dagegen stehen jedoch Bismarcks Tugenden: Seine Höflichkeit, ja, wirkliche Wärme gegenüber Besuchern, seine Liebe zu seiner Frau oder die enge Beziehung zu seiner Schwester Malwine.
Steinberg kommt zu dem Schluss, Bismarck habe Politik vor allem als "Kampf" und nur in einem sehr begrenzten Sinne als "Kunst des Möglichen" begriffen: "Ein Kompromiss war für ihn nie ein befriedigendes Ergebnis. Er musste den Gegner besiegen und vernichten oder verlieren und selbst vernichtet werden." Für die Innenpolitik trifft dies sicherlich weitgehend zu: Ähnlich wie Lothar Gall betrachtet Steinberg Bismarck als einen "Zauberlehrling", der die "Geister" nicht loszuwerden vermochte, die er gerufen hatte. Hier rächte sich bitter, dass er alle Warnungen hinsichtlich der Bedeutung von Prinzipien in der Politik, der Achtung von Werten, Überzeugungen und Glaubensbekenntnissen anderer zunehmend rücksichtsloser in den Wind schlug. Im Hinblick auf die Außenpolitik relativiert Steinberg sein harsches Urteil über Bismarcks Verständnis von Politik dann selbst ein wenig. Das "Schachbrett", an dem die fünf Großmächte der Zeit miteinander spielten, war seine Bühne, und er verstand es - von vielen dafür bewundert - meisterhaft, dort seine "Kombinationen" mit "einer gewissen Sicherheit" durchzuspielen.
Zwar entbehrt es nicht einer gewissen "Ironie", so Steinberg, dass Bismarck fast dreißig Jahre nach Beginn seiner außergewöhnlichen Laufbahn in seiner Auseinandersetzung mit dem jungen Wilhelm II. genau an jener Macht des Souveräns scheiterte, die zu stärken er einst angetreten war. Bismarcks Entlassung bedeutete aber nicht, dass sein "Erbe" nicht fortwirkte. Seinem Ansatz folgend, bestätigt Steinberg noch einmal Max Webers Verdikt aus dem Jahre 1918, Bismarck habe eine Nation ohne jedwede politische Erziehung hinterlassen, stets darauf bedacht, dass ein Führer die notwendigen Entscheidungen schon für sie treffen würde. Dieser "Führer" sei dann Hindenburg gewesen, der allerdings die Macht an Adolf Hitler weitergegeben habe. Über letztere Deutung lässt sich streiten.
Ebenso wird man es dem Urteil des Lesers überlassen müssen, ob es Steinberg - ganz der Pflicht des Historikers zu "politischer Pädagogik" folgend - gelungen ist, am Beispiel Bismarcks "die Stärken und Schwächen des menschlichen Selbst" zu zeigen, "wenn es Macht ausübt". Er will jedenfalls deutlich machen, "wie kraftvoll ein großes Selbst sein kann, aber auch, dass die Ausübung höchster politischer Macht denjenigen, der sie besitzt, verändert". Den Wert seiner Darstellung schmälern solche Einschränkungen nicht: Sie ist in alter englischer Tradition gut geschrieben, klar in der Darstellung, selbst für den Fachmann immer wieder erkenntnisreich in der Analyse.
Jonathan Steinberg: Bismarck. Magier der Macht.
Propyläen Verlag, Berlin 2012. 752 S., 29,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
An Biographien über Bismarck besteht kein Mangel. Der Brite Jonathan Steinberg lässt daher vornehmlich die Zeitgenossen des "Reichsgründers" zu Worte kommen, um viele Widersprüche des "Zauberlehrlings" Preußens zu erfassen.
Von Michael Epkenhans
Bereits Theodor Fontane hat Otto von Bismarck trotz aller Vorbehalte am Ende seines Lebens als die "interessanteste Figur" des 19. Jahrhunderts bezeichnet. In dieser Faszination ist der Grund dafür zu sehen, dass viele Historiker es mehr als einhundert Jahre nach dem Tod des "Reichsgründers" immer noch reizvoll finden, sich ihm biographisch zu nähern. Obwohl Angehörige der Zunft angesichts der kaum noch überschaubaren Literatur zu Bismarck und seiner Zeit beim Erscheinen einer weiteren Biographie oft kopfschüttelnd meinen, inzwischen sei doch alles über den "Eisernen Kanzler" gesagt und geschrieben worden, finden sie es am Ende der Lektüre dann doch erstaunlich, was es an Neuem zu berichten gibt, beziehungsweise aus welchem Blickwinkel man alte Fragen neu beantworten kann. Trifft dieses Urteil auch auf Jonathan Steinbergs Bismarck-Biographie zu?
Steinberg, der zu den besten englischen Kennern der deutschen Geschichte gehört, ist überzeugt, einen wichtigen Baustein zur Erklärung von Bismarcks "Macht" liefern zu können. Ihm ist bewusst, dass er einen neuen Zugriff wählen muss, um seiner Deutung die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen. So legt er anstelle einer "klassischen" Biographie eher ein "life in letters" vor. Das ist mutig, unkonventionell, gleichwohl höchst interessant. Mit großer Akribie hat Steinberg alle bekannten gedruckten Quellen - seien es amtliche Akten und Protokolle, Tagebücher oder Memoiren - gesichtet und zu einer Darstellung verwoben. Hinzu kommt eine Fülle von großenteils unbekannten Zeitungsberichten, die zu erschließen ihm erst das Internet möglich gemacht hat. Was ist dabei herausgekommen? Eine in Teilen stark psychologisch argumentierende, alles in allem aber sehr lesbare und nachdenkenswerte Biographie eines Mannes, der - daraus macht auch Steinberg keinen Hehl - wohl der bedeutendste Staatsmann der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war.
Wie sehr es Steinberg darum geht, Bismarcks Persönlichkeit mit ihren vielen, teilweise unauflösbaren Widersprüchen zu erfassen, macht bereits die Einleitung deutlich. Diese ist überschrieben mit dem Titel "Bismarcks ,souveränes Selbst'". Steinberg wählt diesen Begriff in Anlehnung an Max Webers Ausführungen über "Legitimationsgründe" von Herrschaft bewusst, um deutlich zu machen, dass Bismarck zwar über keine tatsächliche Macht verfügte, aufgrund seiner "Persönlichkeit", der "Souveränität eines außergewöhnlichen, gigantischen Selbst", aber enorme Durchsetzungs- und Gestaltungskraft besessen habe. Das klingt kompliziert, ist aber einleuchtend, da Entscheidungen des jeweiligen Souveräns - Wilhelms I., Friedrichs III. und schließlich Wilhelms II. - seine Macht nicht nur begrenzen, sondern ihn dieser sogar berauben konnten. Ausgehend von dieser Prämisse, beschreibt Steinberg, wie es Bismarck gelang, seine persönliche Macht auszuüben. Im Gegensatz zu allen bisherigen Biographen lässt er nicht Bismarck selbst sprechen, sondern jene "Freunde und Feinde", die davon in irgendeiner Form betroffen waren. In zehn Kapiteln zeichnet Steinberg Bismarcks Leben aus der Perspektive der Zeitgenossen nach - angefangen mit einem sehr lesenswerten Kapitel über einen "geborenen Preußen" über "Die Einigung Deutschlands" bis hin zu einem umfangreichen Abschnitt, der sich mit dem Dreikaiserjahr und Bismarcks Sturz auseinandersetzt.
Der "rote Faden" der Rahmenerzählung ist bekannt. Dennoch gelingt es Steinberg durch die von ihm herangezogenen, oft sehr sprechenden Zeugnisse von Zeitgenossen aus dem In- und Ausland, neues Licht auf altbekannte Probleme zu werfen. Am Ende kommt aber auch er nicht umhin, wie Ludwig Windhorst (einer von Bismarcks schärfsten Kritikern) oder die Baronin Spitzemberg (eine kluge, Bismarck wohlgesonnene Chronistin der Zeit) die Widersprüchlichkeit der Persönlichkeit des Reichskanzlers als gegeben und letztlich unauflösbar zu konstatieren. Ob man zur Erklärung dieser Widersprüche unter Rückgriff auf Sigmund Freud Bismarcks Hass auf seine Mutter in den Mittelpunkt der Darstellung stellen oder den missverständlichen Begriff des "Dämonen" einführen muss, sei dahingestellt. Bismarcks Weigerung, eigene Fehler einzugestehen, sein offenes Bekenntnis, Gegner wirklich zu hassen, seine Hypochondrie und sein regelrecht physisches Leiden an seiner Umwelt in schwierigen Situationen oder auch - so Steinberg - seine ungehemmte "Fresslust" sind einige Beispiele, die diese "Diagnose" bestätigen sollen. Dagegen stehen jedoch Bismarcks Tugenden: Seine Höflichkeit, ja, wirkliche Wärme gegenüber Besuchern, seine Liebe zu seiner Frau oder die enge Beziehung zu seiner Schwester Malwine.
Steinberg kommt zu dem Schluss, Bismarck habe Politik vor allem als "Kampf" und nur in einem sehr begrenzten Sinne als "Kunst des Möglichen" begriffen: "Ein Kompromiss war für ihn nie ein befriedigendes Ergebnis. Er musste den Gegner besiegen und vernichten oder verlieren und selbst vernichtet werden." Für die Innenpolitik trifft dies sicherlich weitgehend zu: Ähnlich wie Lothar Gall betrachtet Steinberg Bismarck als einen "Zauberlehrling", der die "Geister" nicht loszuwerden vermochte, die er gerufen hatte. Hier rächte sich bitter, dass er alle Warnungen hinsichtlich der Bedeutung von Prinzipien in der Politik, der Achtung von Werten, Überzeugungen und Glaubensbekenntnissen anderer zunehmend rücksichtsloser in den Wind schlug. Im Hinblick auf die Außenpolitik relativiert Steinberg sein harsches Urteil über Bismarcks Verständnis von Politik dann selbst ein wenig. Das "Schachbrett", an dem die fünf Großmächte der Zeit miteinander spielten, war seine Bühne, und er verstand es - von vielen dafür bewundert - meisterhaft, dort seine "Kombinationen" mit "einer gewissen Sicherheit" durchzuspielen.
Zwar entbehrt es nicht einer gewissen "Ironie", so Steinberg, dass Bismarck fast dreißig Jahre nach Beginn seiner außergewöhnlichen Laufbahn in seiner Auseinandersetzung mit dem jungen Wilhelm II. genau an jener Macht des Souveräns scheiterte, die zu stärken er einst angetreten war. Bismarcks Entlassung bedeutete aber nicht, dass sein "Erbe" nicht fortwirkte. Seinem Ansatz folgend, bestätigt Steinberg noch einmal Max Webers Verdikt aus dem Jahre 1918, Bismarck habe eine Nation ohne jedwede politische Erziehung hinterlassen, stets darauf bedacht, dass ein Führer die notwendigen Entscheidungen schon für sie treffen würde. Dieser "Führer" sei dann Hindenburg gewesen, der allerdings die Macht an Adolf Hitler weitergegeben habe. Über letztere Deutung lässt sich streiten.
Ebenso wird man es dem Urteil des Lesers überlassen müssen, ob es Steinberg - ganz der Pflicht des Historikers zu "politischer Pädagogik" folgend - gelungen ist, am Beispiel Bismarcks "die Stärken und Schwächen des menschlichen Selbst" zu zeigen, "wenn es Macht ausübt". Er will jedenfalls deutlich machen, "wie kraftvoll ein großes Selbst sein kann, aber auch, dass die Ausübung höchster politischer Macht denjenigen, der sie besitzt, verändert". Den Wert seiner Darstellung schmälern solche Einschränkungen nicht: Sie ist in alter englischer Tradition gut geschrieben, klar in der Darstellung, selbst für den Fachmann immer wieder erkenntnisreich in der Analyse.
Jonathan Steinberg: Bismarck. Magier der Macht.
Propyläen Verlag, Berlin 2012. 752 S., 29,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Johannes Willms weiß diese Bismarck-Biografie des amerikanischen Historikers Jonathan Steinberg zu schätzen. Zwar ersetzt das Werk die älteren Lebensbeschreibungen Bismarcks nicht, aber es liefert in seinen Augen eine Reihe von durchaus neuen Aspekten und Einblicken. Aufschlussreich findet er Steinbergs Ansatz einer Psychohistorie, nach der Bismarcks Macht nicht primär auf institutionellen, gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen basierte, sondern auf seiner Persönlichkeit. Dafür werden nach Angaben von Willlms ausgiebig Äußerungen von Weggefährten, Freunden und Feinden des Eisernen Kanzlers analysiert. Bisweilen fühlt sich der Rezensent hier an einen "Briefroman" erinnert, was er durchaus positiv meint, liest sich das Buch doch aufschlussreich und unterhaltsam. Er attestiert dem Autor zudem einen immer wieder reizvollen Blick für die Details. Etwas unterbelichtet bleibt für Willms am Ende allerdings die Frage nach dem Einfluss von Bismarck auf das weitere Geschick Deutschlands.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Mutig, unkonventionell, höchst interessant. Gut geschrieben, klar in der Darstellung, immer wieder erkenntnisreich.", Frankfurter Allgemeine Zeitung, Michael Epkenhans, 06.10.2012